Urteil: Sperrminorität in Mutter-GmbH führt nicht zur Versicherungsfreiheit des Geschäftsführers in Tochter-GmbH

Bundessozialgericht. Quelle: Bundessozialgericht / Dirk Felmeden

Die Statusfeststellung von GmbH-Geschäftsführern ist immer wieder Streitgegenstand vor den Sozialgerichten. Das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 23.02.2021, Az.: B 12 R 18/18 R, Terminbericht) hatte nun zu entscheiden, ob die Sperrminorität eines Gesellschafters in der herrschenden „Mutter“-GmbH zur Versicherungsfreiheit des Gesellschafters als GmbH-Geschäftsführer der Tochter-GmbH, an der er keine Anteile hält, führt.

Das Bundessozialgericht hat das im entschiedenen Fall verneint. Der Geschäftsführer sei ein sogenannter Fremdgeschäftsführer, die Ausgestaltung der Satzungen sei nicht hinreichend und damit bleibe er versicherungspflichtig.

Der Fall: Der Kläger ist Geschäftsführer der beigeladenen GmbH, deren Stammkapital vollständig von einer weiteren GmbH (herrschende GmbH, „Mutter“-GmbH) gehalten wird. Mit dieser hatte die beigeladene GmbH („Tochter“-GmbH) einen Beherrschungsvertrag geschlossen. Am Stammkapital der herrschenden GmbH ist der Kläger mit einem Anteil von 10 vH beteiligt, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einer Mehrheit von 91 vH der Stimmen gefasst. Der Kläger hatte damit in der Mutter-GmbH eine Sperrminorität. Er war im streitigen Zeitraum nicht zum Geschäftsführer der herrschenden GmbH bestellt.

Nach einem Gesellschafterbeschluss der herrschenden GmbH von Oktober 2014 sollte die Sperrminorität auch auf alle Entscheidungen der beigeladenen GmbH (Tochter-GmbH) Anwendung finden und der Kläger nicht durch die Gesellschafterversammlung oder einzelne Gesellschafter weisungsgebunden sein. Ihm wurde gestattet, in der beigeladenen GmbH als Hauptgeschäftsführer tätig zu sein.

Auf den Statusfeststellungsantrag des Klägers stellte die beklagte DRV Bund die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung fest.

Das Sozialgericht gab allerdings dem Geschäftsführer Recht. Es hat die Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Feststellung verurteilt, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der beigeladenen GmbH nicht der Versicherungspflicht unterliege. Das Landessozialgericht hat das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe an der beigeladenen GmbH („Tochter“-GmbH) keine Anteile gehabt. Seine Sperrminorität in der herrschenden GmbH habe ihm nicht die maßgebliche Einflussnahme auf die Geschicke der beigeladenen GmbH ermöglicht, weil er nicht Geschäftsführer der herrschenden GmbH gewesen sei. Der Beherrschungsvertrag ändere daran nichts.

Mit seiner Revision rügt der Kläger, das Landessozialgericht habe seine Sperrminorität in der herrschenden GmbH und die Bindung deren Geschäftsführer an den Beschluss von Oktober 2014 nicht hinreichend beachtet. Er habe die Geschäftsführer abberufen können.

Das Urteil des Bundessozialgerichts

Der Senat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen und seine Versicherungspflicht festgestellt. Der Kläger war im streitigen Zeitraum als Geschäftsführer der beigeladenen GmbH aufgrund Beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Er war an der beigeladenen GmbH nicht als Gesellschafter beteiligt und damit als sogenannter Fremdgeschäftsführer den Weisungen deren Gesellschafterversammlung unterworfen.

Die Rechtsmacht, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung der beigeladenen Tochter-GmbH zu verhindern, ergab sich nicht aus seiner Stellung als Gesellschafter mit Sperrminorität der herrschenden Muttergesellschaft, weil er dort nicht zum Geschäftsführer bestellt war. Die Ausübung von Gesellschafterrechten in der beigeladenen GmbH war als Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ebenso wie die Ausübung der Rechte aus dem Beherrschungsvertrag Aufgabe der Geschäftsführer der herrschenden Gesellschaft. Die Gesellschafterversammlung der herrschenden GmbH konnte die Geschäftsführer zwar durch eigene Weisungen beeinflussen. Für eine solche Weisung fehlte dem Kläger aber die erforderliche Mehrheit von 91 vH der Stimmen.

Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der herrschenden GmbH von Oktober 2014 hat daran nichts geändert. Aus ihm wird schon nicht deutlich, ob die festgestellte Weisungsfreiheit gegenüber einzelnen Gesellschaftern die beigeladene oder die herrschende GmbH betraf. Als allgemeine Weisung der Gesellschafter der herrschenden GmbH an ihre Geschäftsführer fehlte es dem Beschluss an der nach der Rechtsprechung des Senats erforderlichen Verankerung in der Satzung zumindest einer der beiden GmbH. Allein die Möglichkeit einer außerordentlichen Abberufung anderer Geschäftsführer vermag die erforderliche Rechtsmacht nicht zu begründen.

Fazit: Wieder einmal kommt es letztlich auf die erforderliche, klare Ausgestaltung der Satzung an. Das Urteil fügt der Rechtsprechung zur Statusfeststellung von Fremdgeschäftsführern eine weitere Facette hinzu.

Autor: VW-Redaktion

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