Zweibrücker Symposium und Tag der saarländischen Versicherungswirtschaft: „Aktuelle Umstände erfordern ein Umdenken“

Shafin Al Asad Protic auf Pixabay

Regionaler Austausch zu Versicherungsthemen von (inter-)nationaler Tragweite? Diesen Spagat leisten im äußersten Südwesten Deutschlands gleich zwei Formate seit geraumer Zeit mit Erfolg. Bildet das Symposium die regionale Institution für den Diskurs zu aktuellen Versicherungsthemen in Rheinland-Pfalz, verkörpert der Tag der saarländischen Versicherungswirtschaft das saarländische Pendant.

Vieles ist den Formaten gemein und in diesem besonderen Jahr sogar eine Sache mehr: erstmalig finden die Veranstaltungen am 3. Dezember gemeinsam statt. Die Schirmherren der Veranstaltungen berichten aus diesem Anlass von den Herausforderungen und Chancen des diesjährigen digitalen Formats. Zusätzlich geben sie bereits erste Einblicke in die Referententhemen, u.a. von Jörg Asmussen, dem Hauptgeschäftsführer des GDV.

Ein Gespräch mit Dirk Christian Hermann, Vorsitzender des FFZ e.V. und Vorstandsvorsitzender Saarland Versicherungen, Gunter Kürble, Dekan des Fachbereichs „Betriebswirtschaft“, Hochschule Kaiserslautern und Bernd Krüger, Vorsitzender des Vereins für Versicherungs-Wissenschaft und Praxis im Saarland.

VWheute: 2020 ist ein besonderes Jahr. Wie sehr veränderte Corona das Zweibrücker Symposium für Finanzdienstleistungen und den Tag der saarländischen Versicherungswirtschaft, mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Veranstaltungen?

Gunter Kürble: Zu Beginn des Jahres war noch nicht abzusehen, wie rasant und geradezu brachial sich die zwischenzeitlich zur Pandemie ausgerufene Corona-Krise entwickeln würde. Uns kam zugute, dass wir bereits kurz nach den letztjährigen Veranstaltungen mit den Vorbereitungen für 2020 gestartet sind. Früh standen Referenten und Themen fest. Mit der Idee einer Kombination von Symposium und Tag der saarländischen Versicherungswirtschaft stand daher schnell das Grundgerüst der diesjährigen Veranstaltung.

Bernd Krüger: Nichtsdestotrotz erforderten die aktuellen Umstände ein Umdenken. Planten wir zu Beginn ein klassisches Format mit Vorträgen und Diskussionen vor Ort, rückten wir hiervon schnell ab und bewegten uns hin zu einem komplett digitalen Ansatz. Denn beide Veranstaltungen zeichnet eines aus: Wir sind Spiegelbild der Branche und damit des aktuellen Geschehens. In Zeiten, in denen Kontaktbeschränkungen das Gebot der Stunde sind, ist eine digitale Veranstaltung daher der richtige Weg. Wir begehen am 3. Dezember zwar ein Stück weit Neuland, aber wir freuen uns darauf. Ferner sprechen wir mit dem Leitthema „Die Versicherungsbranche mit und nach Corona“ nicht nur Saarländer und Rheinland-Pfälzer an. Das Thema ist von (inter-)nationaler Tragweite. Da liegt es auf der Hand, möglichst vielen Interessierten die (digitale und kostenlose) Teilnahme zu ermöglichen.

VWheute: Sie haben mit Corona das Thema der Stunde angesprochen. Welche Auswirkungen der Krise erwarten Sie a) gesellschaftlich und b) für die Wirtschaft?

Bernd Krüger: Wir wollen hier der Veranstaltung natürlich nicht zu sehr vorgreifen. Insbesondere Prof. Henn wird Implikationen für die Gesellschaft im Angesicht von Corona ausführlich diskutieren. Ich persönlich sehe in dieser Zeit des Social Distancing aber auch eine Zeit der „neuen Nähe“. Durch das stärkere mobile Arbeiten bleibt vielen mehr Zeit für das Wesentliche, sich selbst und die eigene Familie. Das könnte langfristig in ein Umdenken münden. Es wird spannend sein, zu beobachten, was dies mit unserer Gesellschaft bewirkt.

Dirk Hermann: Gleichzeitig stehen auch Teile unserer Volkswirtschaft vor einschneidenden Veränderungen. Uns ist – teilweise schmerzlich – bewusst geworden, wie fragil Wertschöpfungs- und Lieferketten heutzutage sind. In einer globalisierten Welt greifen die Prozesse wie Zahnräder ineinander. Kommt es an einer Stelle zu Problemen, gerät schnell der gesamte Prozess ins Stocken. Die Frage, die sich daher stellt: Wie können wir unsere globalisierte Volkswirtschaft stabilisieren? Eine Lösung könnte in einer partiellen Deglobalisierung liegen. Aktuell scheint sich eine solche Erfordernis insbesondere im Bereich des Gesundheitswesens zu manifestieren.

VWheute: Muss die Gesundheitsvorsorge denn nun neu und (inter-) national gedacht werden?

Dirk Hermann: Dieser spannenden und gleichzeitig hochaktuellen Frage wird sich Prof. Wolfram Henn widmen, seinerseits Humangenetiker und Mitglied des Deutschen Ethikrats. Er verbindet dabei auf einzigartige Weise medizinische und ethische Perspektiven. Insbesondere die auf Hochtouren laufende Impfstoffentwicklung für COVID-19 zeigt das klassische Dilemma beider Disziplinen auf: Was darf Gesundheit als wichtigstes Gut kosten und wie stellen wir allen eine ausreichende medizinische Versorgung bereit? Seien sie gespannt, welche Antworten Prof. Henn hierzu liefern wird.

VWheute: Herr Asmussen wird ergänzend hierzu die Versicherungsbranche im Spannungsfeld von Corona, Digitalisierung und Green Finance betrachten. Was erwartet uns?

Gunter Kürble: Es ist nicht neu, dass die Branche vor einem großen Umbruch steht. Digitalisierung und Nachhaltigkeit werden seit geraumer Zeit als Zukunftstrends gehandelt. Spannend wird sein, ob Corona in diesem Zuge als Katalysator oder vielmehr als Bremse fungiert. Zudem geben immer stärker Branchenfremde den Takt für die Assekuranz vor.

VWheute: Können Sie einen Einblick in die Arbeit und Ergebnisse der Workshops geben?

Gunter Kürble: Uns ist es wichtig, dass die Referentenbeiträge aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert werden. Der digitale Kontext kommt uns hier zugute. Wir werden pro Vortrag zwei Workshops parallel streamen, die jeweils gegensätzliche Thesen vertreten. Ein Beispiel: In Anlehnung an den Vortrag von Herrn Asmussen gilt es zu erörtern, wie die Zukunft für den Versicherungsvertrieb aussehen könnte. Analog, hybrid oder vollkommen digital? So viel kann ich schon verraten: Ein Patent-Rezept auf diese Frage gibt es nicht, sicherlich aber die eine oder andere Strategie zur richtigen Positionierung am Markt.

VWheute: Welchen Wert haben Veranstaltungen wie das Zweibrücker Symposium oder der Tag der saarländischen Versicherungswirtschaft in der heutigen Zeit? Welche Impulse können davon ausgehen?

Dirk Hermann: Zahlreiche Unternehmen – innerhalb oder außerhalb unserer Branche – sehen sich ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Künstliche Intelligenz, digitale Ökosysteme sowie Omnikanal-Vertrieb sind nur ein paar Schlagworte, die uns alle aktuell umtreiben. Da liegt es auf der Hand, den Austausch untereinander zu fördern. Branchentreffs – ob analog oder digital – sind hier das probate Mittel, bringen sie doch Personen mit unterschiedlichsten Hintergründen zusammen. Das ist die ideale Basis für Schwarmintelligenz und liefert wertvolle Denkanstöße für die gesamte Assekuranz. Wir verstehen unsere Veranstaltungen daher nicht nur als Fachtagung, sondern explizit auch als Networking-Event.

VWheute: Was wünschen Sie sich für das Jahr 2021 für a) die Wirtschaft und b) das Zweibrücker Symposium bzw. den Tag der saarländischen Versicherungswirtschaft?

Dirk Hermann: COVID-19 hat viele Bereiche der Wirtschaft hart getroffen und damit unsere Partner. Ich wünsche mir, dass alle Branchen – Industrie ebenso wie Handel und Gastronomie – schnell wieder zu alter Stärke zurückfinden. Und das nicht nur, weil mir persönlich das Essen im Restaurant in geselliger Runde mehr zusagt als es nach Hause geliefert zu bekommen (schmunzelt).

Gunter Kürble: Ähnliches gilt für das Zweibrücker Symposium in 2021. Es ist leider noch nicht abzusehen, ob eine Veranstaltung in Präsenz möglich sein wird. Im Sinne des Networking wäre es mir in jedem Fall ein großes Anliegen. Zudem konnten wir für 2021 bereits einen absoluten Hochkaräter als Referenten gewinnen: Prof. Lars Feld, Inhaber der Professur für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Rat der Wirtschaftsweisen“).

Bernd Krüger: Ähnliches gilt für den Tag der saarländischen Versicherungswirtschaft. In diesem Jahr war ursprünglich vorgesehen, dass sich der Veranstaltung die große 30-Jahres-Feier des organisierenden Vereins VVWUP e.V. anschließt. Indes: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Denn viele unserer Mitglieder wünschen sich den persönlichen Austausch. Zunächst aber freuen wir uns auf die kommende Veranstaltung am 03. Dezember 2020 und laden jede/n herzlich zur Teilnahme ein. Es ist sicherlich für jede/n etwas dabei.

Zur Veranstaltung anmelden können Sie sich kostenlos.

Das gesamte Programm der Veranstaltung.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

vierzehn − dreizehn =