Abtretung und Verfügungsbeschränkungen bei einer Direktversicherung: BGH schafft Rechtssicherheit

Bundesgerichtshof (BGH) urteil zur BU. Quelle: BGH.

Scheidet ein Arbeitnehmer mit unverfallbaren Anwartschaften im Durchführungsweg Direktversicherung aus, sind im Betriebsrentengesetz (Paragraf 2 Abs. 2 S. 4-7 BetrAVG) die sogenannten Verfügungsbeschränkungen geregelt. Es gilt vereinfacht gesagt, ein Abtretungs-, Beleihungs- und Kündigungsverbot. Diese Verbote gelten für den Teil der Versorgung, der durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers aufgebaut wurde. Gleiches gilt für Pensionskassenversorgungen.

In der langen Geschichte der Direktversicherungen wurden diese aber dennoch immer wieder abgetreten. Ist das wirksam? An wen kann der Versicherer befreiend auszahlen? Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 20. Mai 2020, Az.: IV ZR 124/19) zu befassen.

Der Fall: Die beiden Direktversicherungen wurde 1981 abgeschlossen und 1991 nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers wurde dieser auch Versicherungsnehmer. In den Jahren 1991 und nochmals 1998 wurden diese zur Sicherheit an seine Bank als Zessionar abgetreten. Die Abtretung wurde dem Versicherer ordnungsgemäß angezeigt.

2000 wollte der ehemalige Arbeitnehme einen der beiden Verträge kündigen. Das scheitert am Verfügungsverbot. Er konnte nur eine Teilkündigung und Teilauszahlung, der Vertragsteile, die nicht auf Beitragsbestandteilen des Arbeitgebers beruhten, erreichen.

2002 erwirkte ein Gläubiger gegen den ehemaligen Arbeitnehmer einen Vollstreckungsbescheid und mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts wollte er die beiden Direktversicherungen pfänden und sich zur Einziehung überweisen.

Der Versicherer gab eine Drittschuldnererklärung ab, signalisiert aber in seinem Schreiben, dass davon auszugehen sei, dass die Pfändungen wegen der früheren Abtretung unwirksam sei. 2003 kündigte der ehemalige Arbeitnehmer den zweiten Direktversicherungsvertrag mit Blick auf die nicht durch den Arbeitgeber aufgebauten Vertragsteile und erhielt eine Teilauszahlung.

Beide Verträge wurden beitragsfrei weitergeführt. 2017 mit Vertragsablauf zahlte der Versicherer beide Ablaufleistungen an die Bank aus, an die die Verträge abgetreten waren. Der Gläubiger, der einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt hatte, klagte nun gegen den Versicherer. Er war der Ansicht, dass die Abtretungen aufgund des Verfügungsverbots des BetrAVG unwirksam waren und ihm die Ablaufleistungen zuständen. Der Versicherer war der Auffassung, dass er mit befreiender Wirkung an die Bank als Zessionar ausgezahlt habe.

Das Urteil: Der BGH urteilte, dass der Versicherer befreiend an den Zessionar gezahlt hatte. Der Leitsatz des Urteils lautet: Bei einer zur betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne von § 1b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG unterliegt die Vorausabtretung des mit Eintritt des Versicherungsfalles fälligen Anspruchs auf Auszahlung der Versicherungsleistung nicht dem Verbot des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG.

Im Anschluss an seine mittlerweile gefestigte Rechtsprechung zum § 2 Abs. 2 S. 4-7 BetrAVG geht der BGH nämlich davon aus, dass diese Bestimmungen im Betriebsrentengesetz darauf ausgerichtet sind, dass die bestehende Anwartschaft für den Versorgungszweck erhalten bleibt. Es solle verhindert werden, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet.

Allerdings enthält, nach Auffassung des vierten Senats, diese Vorschrift keine gesetzgeberische Entscheidung darüber, in welchem Umfang der Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalls tatsächlich in den Genuss der Alterssicherung kommen soll: Ist der Versorgungsfall eingetreten, gilt nicht mehr der Schutz der Verfügungsbeschränkungen, sondern es kommen die allgemeinen Pfändungsschutzvorschriften zur Anwendung.

Damit ist der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer Direktversicherung vor Eintritt des Versicherungsfalles als zukünftige Forderung pfändbar und auch eine Vorausabtretung dieses Ansprüchs ist möglich. Es bestehe grundsätzlich ein Gleichlauf von Abtretungs- und Pfändungsverboten.

Fazit: Es ist gut, dass auch diese Frage nun rechtssicher geklärt ist. Das ist gut für die Versicherer, die nun wissen, an wen sie befreiend auszahlen dürfen, das ist gut für die Zessionare, die auf ihre Sicherheiten vertrauen dürfen, und letztlich ist es auch gut für die Schuldner, deren Abtretungen nun unstrittig sind.

Autor: VW-Redaktion

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