Betriebsschließungsversicherungen: Verspielt die Branche das Vertrauen der Kunden?

Jörg Falckenberg. Quelle: Privat

Ein VWheute-Artikel zur Betriebsunterbrechungsversicherung gehe „vollkommen am Marktgeschehen vorbei“, kritisierte Leser Jörg Falckenberg. Nun schildert der Vorstand FFS AG, in einen Gastbeitrag zum Thema „Betriebsschließungsversicherungen“ seine Sicht der Dinge.

So oder so ähnlich haben die Versicherer die Bedingungen zur Betriebsschließungsversicherung definiert: „Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass von der zuständigen Behörde …der versicherte Betrieb zur Verhinderung von meldepflichtigen Krankheiten oder Nachweisen von Krankheitserregern im Sinne des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG in der Fassung vom 20.07.2000) geschlossen wird. Als Schließung ist es auch anzusehen, wenn sämtliche Betriebsangehörigen Tätigkeitsverbote erhalten.

Ein weiterer Grund: …in diesem Betrieb beschäftigten Personen ihre berufliche Tätigkeit auf Grund des IfSG oder auf Grund von Rechtsverordnungen, die auf der Rechtsgrundlage des IfSG erlassen worden sind, untersagt wird. Letztlich wird dann noch eine abschließende Aufzählung von möglichen Krankheiten ergänzt. Das liest sich auszugsweise so: „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger sind die im Folgenden aufgeführten – nach dem IfSG in der Fassung vom 20.07.2000 meldepflichtigen – namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

Botulismus, Cholera, Diphtherie, humaner spongiformer Enzephalopathie (außer familiär-hereditärer Formen), akuter Virushepatitis, enteropathischem hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS), virusbedingtem hämorrhagischen Fieber, Masern, Meningokokken-Meningitis oder –Sepsis, Milzbrand, Poliomyelitis (als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung, außer wenn traumatisch bedingt), Pest, Tollwut, Typhus abdominalis/Paratyphus, Tuberkulose, mikrobiell bedingte Lebensmittelvergiftung, akute infektiöse Gastroenteritis, Adenoviren (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konjunktivalabstrich) Bacillus anthracis, Borrelia recurrentis, Brucella sp., Campylobacter sp. (darmpathogen), Chlamydia psittaci, Clostridium botulinum oder Toxinnachweis, Coryne-bacterium diphtheriae (Toxin bildend), Coxiella burnetii, Cryptosporidium parvum, Ebolavirus, Escherichia coli (enterohämorrhagische Stämme – EHEC – und sonstige darm-pathogene Stämme), Francisella tularensis, FSME-Virus usw“

Bei den jetzt von unten genannten Versicherern abgelehnten Schadenfällen aufgrund der von den Landesregierungen veranlassten Schließungen wird lapidar darauf hingewiesen, dass „die meldepflichtige Krankheit sich im versicherten Betrieb realisiert haben muss und es muss die konkrete behördliche Anordnung für den Einzelfall vorliegen“. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass das Corona Virus (Sars CoV2) auch nicht versichert sei, da es ja nicht in der o.g. Fassung des IfSG vom 20.07.2000 genannt wäre.

Da fragt man sich als Versicherungskunde natürlich schon, ob man hier nicht jahrelang Beiträge umsonst gezahlt hat. Denn jetzt gibt es seit langer, langer Zeit das erste pandemische Großereignis, und der Versicherer verweist auf eine Ablehnung wegen einer „Präventivmaßnahme der Landesbehörden“ und die abschließende Krankheiten – Aufzählung aus dem Jahr 2000.

Ob dies der normale Gastronom oder auch Hotelier versteht, bleibt offen. Auch für mich als Versicherungsfachwirt (IHK) kommt diese strenge Auslegung der Klausel eher überraschend. Und auch die Auslegung der konkreten Schließungsverfügung kann ich nicht eindeutig aus den Bedingungen herauslesen. Es wird aber sicherlich in kommenden Gerichtsverfahren, und da wird es viele geben, eine Klärung geben.

Die Versicherungsbranche hat m.E. eine Chance vertan, den versicherten Kunden zur Seite zu stehen.
Und die Versicherer hätten dabei sogar gute Chancen gehabt, einen Großteil der Schadensummen wieder einzufordern. Denn eine Bereicherung, eben aufgrund von Entschädigungen von Landes- oder Staatsseite, darf es bedingungsgemäß, und das ist ja auch insofern vollkommen richtig, nicht geben.

Folgende Versicherer haben nach meiner Kenntnis in etwa gleichlautende Ablehnungen versandt: Allianz, Alte Leipziger, Axa, Condor (Pascon), Ergo, Die Haftpflichtkasse, Gothaer, Helvetia, Mannheimer, Württembergische und Zurich.

Autor: Jörg Falckenberg, Vorstand FFS AG

Ein Kommentar

  • Hallo Herr Putzbach
    Ja mir ist es gleich ergangen habe heute meinen Bescheid bekommen von der ERGO Versicherung mit der gleichen Begründung und ich bin stinke sauer
    Die wollen mir eine Einzahlung anbieten von 1590€ als abspeisung das ist eine Freiheit
    Hätte man eine Chance vor Gericht zu gehen? Das nicht mal der Jahresbeitrag für diese Police
    Oder wie kann man am besten vorgehen.
    Mit freundlichem Gruss Thomas Schnetz

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