Generali: Die größten Streithähne wohnen im Norden und Westen

Quelle: Bild von Ryan McGuire auf Pixabay

„Coram iudice et in alto mari sumus in manu Dei“: Auf hoher See und vor Gericht ist bekanntlich jeder in Gottes Hand, heißt es im Volksmund. Dennoch scheuen die Bundesbürger den Gang vor den Kadi nur wenig. Vielmehr beweisen sie enorme Leidenschaft und extreme Ausdauer, wenn es um das eigene Recht geht. Zu diesem Ergebnis kommt der Streitatlas 2019 der Generali Deutschland.

Demnach dauert fast die Hälfte aller Streitfälle (48 Prozent) mindestens zwölf Monate und länger. Im Vergleich Vorjahreszeitraum ist demnach bei den langwierigen Auseinandersetzungen eine Zunahme um 4,5 Prozent zu verzeichnen. Dies hängt verstärkt mit der Langwierigkeit von Gerichtsprozessen zusammen, die aufgrund vieler beteiligter Akteure und rechtlicher Handlungsoptionen, wie dem Gang durch mehrere Instanzen, länger dauern können. Von diesen Möglichkeiten wird auch immer mehr Gebrauch gemacht, konstatiert die Generali.

Immerhin liegt der Streitwert bei jedem zehnten Streit bei mehr als 10.000 Euro. Gegenüber 2017 entspricht dies einem Anstieg um 2,8 Prozent, wohingegen Auseinandersetzungen mit niedrigen Streitwerten (bis 2.000 Euro) am stärksten abgenommen haben (minus 3,1 Prozent).

Die größten Streithähne wohnen laut aktueller Studie im Norden und Westen der Republik und tragen dazu bei, dass das Streitaufkommen im Durchschnitt bei 24,7 Streitfällen pro 100 Einwohnern liegt. Besonders streitlustig: die Stadtstaaten Berlin (29,2) und Hamburg (28,8), die seit Beginn der Erhebung die ersten beiden Plätze belegen.

Berliner sind besonders streitlustig

Im Vergleich zu 2016 (31,2) sind die Berliner zwar etwas ruhiger geworden, aber nach wie vor Spitzenreiter. Peter Stahl,Vorstandssprecher der Advocard, findet hierfür eine Erklärung: „Viele Menschen auf vergleichsweise engem Raum steigern die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Konflikte entstehen.“

Dies mag laut Versicherer wohl auch der Grund dafür sein, dass im bevölkerungsreichsten Flächenland Nordrhein-Westfalen eine aufgeheiztere Stimmung herrscht (28,2). In Mecklenburg-Vorpommern, dem Bundesland mit der geringsten Bevölkerungsdichte, ist die Streitintensität um einiges geringer (23,8).

Dabei liegen allein sieben Städte in der Liste der Top-Ten-Streitstädte (über 300.000 Einwohner) in NRW. Die Jecken im Rheinland verstehen dabei überraschenderweise am wenigsten Spaß: Köln als Karnevalshochburg ist erstmalig Krawallhauptstadt (32,2). Am stärksten zugelegt in Sachen Streit hat seit 2016 die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn (+0,8 Prozent).

Häufigste Ursachen für einen Rechtsstreit sind laut Studie das Thema Straßenverkehr und Mobilität statt. Das Leben am Speed-Limit sorgt dabei für hohen Blutdruck – mehr als jeder Vierte (26,0 Prozent) streitet wegen vermeintlich ungerechtfertigtem Blitzen oder zu hohem Tempo. Weitere konkrete Streitgründe sind Verkehrsunfälle (23 Prozent) oder Auseinandersetzungen wegen Mängeln beim neuen Fahrzeug (10 Prozent), die zu großen Teilen im Zeichen des Dieselskandals stehen.

Noch mehr fechten die Menschen in Deutschland Konflikte im Privat- und Strafrecht aus – auf diese Kategorie entfallen rund 38 Prozent aller Streitfälle: Von Familienangelegenheiten bis hin zu Reisemängeln sind die Gründe sehr unterschiedlich. Das Arbeitsumfeld (13,1 Prozent) belegt den dritten Platz, auf Platz vier landet der Bereich Wohnen und Miete (11,3 Prozent) und auf Platz fünf Behörden und Finanzen (7,3 Prozent).

Im Arbeitsumfeld hängen die Gründe für Dispute häufig mit der Vergütung, Arbeitszeugnissen oder der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zusammen. Die Vergütung ist dabei der Hauptgrund (30,9 Prozent). Allerdings ist der Anteil an Streitfällen zu Arbeitsthemen in diesem Jahr leicht rückläufig (minus 0,3 Prozent).

Angespannte Wohnungsmärkte sorgen für zusätzlichen Zündstoff

Beim Thema Wohnen und Miete ist laut Generali gerade auf den heiß umkämpften Wohnungsmärkten der Großstädte ein deutlicher Anstieg der Streitfälle in diesem Bereich zu verzeichnen. Berlin liegt dabei sogar 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Gründe für den Anstieg bei Wohnungsangelegenheiten können Eigenbedarfskündigungen, die von Mietern und Mietvereinen angefochten werden, oder auch die Mietpreisbremse sein, die bei Vermietern für Unmut sorgt.

Doch auch Nebenkostenabrechnungen erzürnen Mieter und lassen es zu Disputen mit dem Vermieter kommen. Ein weiterer Klassiker der Streitgründe: Streit unter Nachbarn. Ob zu laute Musik, falsch abgestellte Kinderwagen oder die über den Zaun ragenden Äste von Nachbars Apfelbaum – die Gründe dafür sind vielfältig.

Immerhin: Männer (66,5 Prozent) sind dabei wesentlich streitlustiger als Frauen (33,5 Prozent). Die Auslöser des Streits sind jedoch unterschiedlich: Bei Männern kocht der Zorn schneller hoch, wenn es um Verkehr und Mobilität geht. Hier streitet sich jeder Dritte (32,8 Prozent). Frauen hingegen liegen bei Disputen im Bereich Privat- und Strafrecht vorn (40,0 Prozent vs. 37,6 Prozent der Männer).

„Möglicherweise zeigt sich hier auch das Klischee, dass Frauen bei persönlichen Angelegenheiten das Zepter in der Hand halten und Männer sich eher ums Auto kümmern“, so Peter Stahl. Beim weiblichen Geschlecht verraucht die Wut allerdings schneller wieder: Mehr als jeder fünfte Streit (21,5 Prozent) wird innerhalb von drei Monaten geklärt, Männer benötigen hier ein wenig mehr Zeit.

„Seit unserem ersten Streitatlas haben wir gut zwei Millionen Streitfälle in Deutschland ausgewertet. Diese einzigartige Datenbasis erlaubt uns wertvolle Einsichten: Dabei beobachten wir, dass die Menschen immer häufiger und heftiger miteinander streiten – insbesondere das private Umfeld bietet hierzu viele Anlässe“, ergänzt der Vorstandssprecher der Advocard.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Evtl. sollte die Aktivität der Generali einmal sein, das eigene Verhalten zu analysieren. Wie oft hat man Schäden abgelehnt, die vor Gericht dann gegen Generali also zu gunsten der Kunden, die so Streitsüchtig sind, entschieden wurden?
    Da würde man auf ein Ergebnis kommen, was solche Analysen – wie verhalten sich die Kunden – in eine Analyse münden – was hat die Generali falsch gemacht und könnte kostengünstiger besser machen.

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