DVAG-Gründungsmitglied genießt Luxusleben ohne Vermögensberater angeworben und ausgebildet zu haben

Die Kritik vieler Aussteiger an der DVAG hat dem Unternehmen wirtschaftlich bislang nicht geschadet, stets vermeldet der Finanzvertrieb neue Rekordzahlen. (Quelle: DVAG)

Eine Gruppe von 35 Vermögensberatern hat 1975 unter Reinfried Pohls Regie die DVAG aus der Taufe gehoben. Um es nach oben zu schaffen, mussten auch sie weitere Vermögensberater rekrutieren und entsprechenden Umsatz abliefern. Doch Fonds Professionell berichtet von zwei Fällen, in denen Direktionsleitern Anspruch auf zusätzliche Provisionen und Vergünstigungen für Leistungen zugesprochen wurden, die sie nicht erbracht haben. Ist das DVAG-Karrieresystem doch nicht so fair, transparent und leistungsorientiert wie das Unternehmen behauptet?

Mit Persönlichkeit, Glaubwürdigkeit und Authentizität verkaufen – so in etwa heißt das Erfolgsrezept der Top-Seller. In einem Strukturvertrieb reicht es, sich schlicht an den Leitfaden zu halten. Das gilt für jede Branche, ob es um Tupperware oder Finanzleistungen geht. Die aus den USA gekommene Grundidee des Verkaufs in Netzwerken und ohne Zwischenhandel war revolutionär und wurde wohl deshalb auch anfangs hierzulande belächelt. In den 50er-Jahren verkaufte der Amerikaner Bernard Cornfeld mit seinem Unternehmen International Overseas Services (IOS) von Tür-zu-Tür amerikanische Aktienfonds. Er expandierte nach Europa.

Weil er bei Gerling als Außendienstmitarbeiter nicht höher aufstieg, ging Reinfried Pohl 1967 zum IOS und wechselte nach kurzer Zeit 1969 zum Deutschen Herold. Er baute die IOS-Ideen in ein bis dahin in Deutschland völlig unbekanntes Konzept ein: Policen, Kredite und andere Finanzangebote vertrieblich zusammenführen – ein Allfinanzangebot. Man ist nicht an bestimmte Partner, also Versicherer oder Bausparkassen, gebunden. Dieser Gedanke war 1970 mit der Gründung der Bonnfinanz unter dem Dach der Deutschen Herold bislang einzigartig. Nicht der Verkauf einzelner Finanz- und Versicherungsprodukte steht im Fokus, sondern die „ganzheitliche Qualitätsberatung und langfristige Kundenbeziehungen“.
Einer der Gründer war Reinfried Pohl, er führte in Deutschland den Begriff „Vermögensberater“ ein und baute ab 1975 die Deutschen Vermögensberatung (DVAG) auf. Auch HMI (Werner Kunkler), OVB (Otto Wittschier) oder Tecis (Udo Keller) gehen auf frühere IOS-Mitarbeiter zurück. AWD-Gründer Carsten Maschmeyer fing bei der OVB an und ist damit quasi ein Enkel aus dem IOS-Imperium von Cornfeld.

Incentiv: Lebenslanges Wohnrecht in einer Villa auf Portugal

Wie der Name „Strukturvertrieb“ schon besagt, alle diese Manager haben klein angefangen und bauten sich eine „Struktur“ auf, indem sie neue „Verkäufer“ anwarben. Und wenn diese ihr Produkt verkauften, dann landete stets immer ein Teil der Provision auf jeder Ebene der Stufenpyramide.

Wer bei der DVAG hauptberuflich einsteigt, beginnt als Agenturleiter. Wer immer mehr Vermögensberater zu sich holt und entsprechenden Umsatz erwirtschaftet, steigt dann auf: Leiter der Regionalgeschäftsstelle, Leiter einer Geschäftsstelle und Leiter einer Hauptgeschäftsstelle. Irgendwann erhält man die eigene Direktion und wenn dann die einstigen rekrutierten Vermögensberater ebenfalls aufsteigen, dann darf sich der einstige Förderer mit dem Kürzel „ED1“: Die Ziffer 1 besagt, dass aus seiner Struktur eine weitere Direktion „nachgewachsen“ ist.

Diese Manager honoriert man entsprechend: Einem ED6-Direktionsleiter (Vermögensberater mit sechs nachgewachsenen Direktionen), steht laut Fonds Professionell ein „Ferienobjekt in Portugal“ zur Verfügung. Es sei „ein lebenslanges Wohnrecht in einer Villa in der ‚Vila Vita‘-Anlage, einem konzerneigenen Luxusressort an der Algarve“, schreibt das Magazin. Es hat jedoch herausgefunden, dass es mindestens zwei Fälle gibt, in denen Direktionsleitern Anspruch auf zusätzliche Provisionen und Vergünstigungen für Leistungen zugesprochen wurden, die sie nicht erbracht haben.

Ausführlich geht das Blatt auf einen ED7-Direktionsleiter ein, den man „L. aus Hessen“ nennt. Er wird als einer der 35 Gründer der DVAG bezeichnet. Doch Fonds Professionell liegt ein Dokument vor, aus dem hervorgeht, dass dieser Direktionsleiter bei seinem Aufstieg gar nicht so viele Vermögensberater gefördert haben soll. „Die meisten dieser Vermögensberater wurden Informationen der Redaktion zufolge von anderen Direktionsleitern angeworben und ausgebildet, nicht von L. selbst. Einer der Genannten ist sogar selbst Gründungsmitglied und kann schon deshalb nicht von L. rekrutiert worden sein“, heißt es in dem Bericht. Trotzdem erhielt er üppige Provisionen und ein Ferienhaus auf Portugal. Die DVAG hat den Fall bislang nicht kommentiert, „L. aus Hessen“ schweigt dazu ebenfalls.

All die negativen Geschichten über Aussteiger aus der DVAG haben dem Unternehmen bislang nicht geschadet. 2022 war das zweitbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte. Die Zahlen für 2023 erscheinen Ende März. Allerdings könnte die Enthüllung, dass die DVAG einzelne Vermittler am Karrieresystem vorbei belohnte, durchaus für internen Zwist sorgen, weil damit offenbar das zentrale Versprechen gebrochen wurde: allein die Leistung bestimmt über Aufstieg und Einkommen.

Autor: David Gorr

3 Kommentare

  • Jetzt mal ehrlich, was interessiert es zum Bsp. mich als Außenstehenden ob da einer mehr bekommt als der Andere? Ist doch ne interne Sache der DVAG die sie unter sich ausmachen sollen. China, Sack Reis usw… es gibt so viele wissenswerte Themen die für die breite Masse von Interesse sind…

  • Heinrich Wessel

    Die viel spannendere Frage ist, wohin sind eigentlich die von der DVAG über Jahrzehnte einbehaltenen Kick Backs geflossen?
    Hier wurde ausführlich über das Thema geschrieben allerdings nie diese einfache Frage beantwortet. Der Kunde hat offenbar keine Kick Backs erhalten genauso wenig wie die Breite der Vermögensberater. Da wir hier vermutlich über einen stattlichen Milliardenbetrag sprechen können selbst Aida Reisen, Robby Williams und ein Alterssitz in Portugal nicht ansatzweise diesen Betrag aufzehren…

  • Peter Plümacher

    Ja ,das bei der DVAG nicht alles mit rechten Dingen zu geht,kann ich bestätigen.Ich bin nach20 Jahren DVAG ohne einen Grund,so steht’s im Vermögensberater Vertrag das man ohne Grund kündigen kann oder auch gekündigt werden kann, gekündigt worden.Wenn ich in Kürze Zeit habe ,berichte ich ausführlich über die Machenschaften der DVAG

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

fünfzehn + neun =