Gewitter verursachen Großteil der Naturkatastrophenschäden

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Die Unwägbarkeiten des Wetters sind weiterhin ein großes Problem für die Versicherungsbranche, wie die jüngsten Beispiele in Österreich und Slowenien zeigen. Nach Angaben der Swiss Re belaufen sich die versicherten Schäden aus Naturkatastrophen im ersten Halbjahr 2023 gemäß Schätzungen auf rund 50 Mrd. US-Dollar.

Damit handele es sich um den zweithöchsten Wert seit 2011, konstatiert das Swiss Re-Institut. Demnach verursachten Unwetter mit Donner, Blitz, Sturm, Starkregen, Hagel und plötzlichen Temperaturveränderungen weltweit versicherte Schäden in Höhe von 35 Mrd. US-Dollar (knapp 70 Prozent). Dieser Wert in nur sechs Monaten sei demnach fast doppelt so hoch wie im Jahresdurchschnitt der vergangenen zehn Jahre (18,4 Mrd. US-Dollar).

„Hauptursache der überdurchschnittlich hohen Versicherungsschäden im ersten Halbjahr 2023 waren schwere Gewitter. Damit wird diese sekundäre Naturgefahr zu einem der wichtigsten globalen Treiber für Versicherungsschäden. Die Schadenshöhe bestätigt zudem den Trend, dass die versicherten Schäden pro Jahr um durchschnittlich fünf bis sieben Prozent steigen, bedingt durch die Erwärmung des Klimas, aber mehr noch durch die rasante Zunahme der wirtschaftlichen Werteakkumulation in städtischen Gebieten weltweit. Der Zyklon und die Überschwemmungen in Neuseeland im ersten Quartal 2023 zeigen, welches Risiko für große städtische Zentren heute besteht, und schreiben die Muster fort, die 2021 bei dem Hochwasser in Deutschland und 2022 in Australien und Südafrika zu beobachten waren.“

Martin Bertogg, Head of Catastrophe Perils bei Swiss Re

Allein in den USA verursachte eine Serie schwerer Gewitter in der ersten Jahreshälfte 2023 versicherte Schäden in Höhe von 34 Mrd. US-Dollar. Dies seien die höchsten versicherten Schäden, die jemals innerhalb von sechs Monaten aufgetreten sind, so der Rückversicherer. Bei zehn Ereignissen erreichten die Schäden je mindestens eine Mrd. US-Dollar, verglichen mit durchschnittlich sechs Ereignissen gleicher Größenordnung pro Jahr in den vergangenen zehn Jahren. Am stärksten betroffen war der Bundesstaat Texas.

In Neuseeland kam es Anfang 2023 im Abstand von nur zwei Wochen zu zwei schweren Wetterereignissen. Insbesondere die Nordinsel Neuseelands wurde im ersten Quartal zunächst von schweren Überschwemmungen in Auckland, der größten Stadt des Landes, und kurz darauf von den Ausläufern des Zyklons „Gabrielle“ heimgesucht. Mit versicherten Schäden von insgesamt 2,3 Mrd. US-Dollar waren dies laut Swiss Re die beiden Ereignisse mit den höchsten wetterbedingten Versicherungsschäden in Neuseeland seit 1970.

Schwere Regenfälle haben laut Swiss Re auch in der norditalienischen Region Emilia-Romagna Mitte Mai zu großflächigen Überschwemmungen mit versicherten Schäden von voraussichtlich mehr als 0,6 Mrd. US-Dollar geführt. Dabei handele es sich um das teuerste Wetterereignis in Italien seit 1970. Die wirtschaftlichen Schäden werden auf zehn Mrd. US-Dollar geschätzt. Da in Italien aber 94 Prozent der Schäden nicht versichert sind, komme den Versicherern eine wichtige Rolle dabei zu, diese Deckungslücke zu schließen und Haushalten zu helfen, ihre finanzielle Widerstandsfähigkeit gegen Naturkatastrophen zu stärken, heißt es weiter. In Norditalien herrschte in den vergangenen beiden Jahren Trockenheit. Durch die starken Niederschläge wurde der Boden schnell gesättigt, was zu Überschwemmungen führte.

„Die Auswirkungen des Klimawandels sind bei bestimmten Naturgefahren wie Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Extremniederschlägen bereits zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Verplanung von stärker gefährdeten Flächen an Küsten und Flüssen und die Zersiedelung der Natur zu einer Werteakkumulation in risikoreicheren Lagen führt, die kaum umkehrbar ist. Damit Versicherungsprodukte für solche stark gefährdeten Objekte wirtschaftlich bleiben, müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Es ist höchste Zeit, verstärkt in die Klimaanpassung zu investieren.“

Jérôme Jean Haegeli, Group Chief Economist von Swiss Re

Erdbeben gehören nach Angaben der Swiss Re weiterhin zu den Ereignissen mit den gravierendsten humanitären und finanziellen Folgen. Die schlimmste Katastrophe gemessen an den wirtschaftlichen und den versicherten Schäden war laut Rückversicherer das Erdbeben in der Türkei und in Syrien. Die versicherten Schäden werden laut Swiss Re auf 5,3 Mrd. US-Dollar geschätzt, während die wirtschaftlichen Schäden nach vorläufigen Schätzungen der Weltbank bei 34 Mrd. US-Dollar liegen.

Quelle: Swiss Re

Insgesamt beliefen sich die wirtschaftlichen Schäden aus Naturkatastrophen im ersten Halbjahr 2023 auf 120 Mrd. US-Dollar, verglichen mit 123 Mrd. US-Dollar im Vorjahreszeitraum, und lagen damit um 46 Prozent über dem zehnjährigen Durchschnitt.

Auch nach Berechnungen der Munich Re lagen sowohl die Gesamt- als auch die Versicherungsschäden durch Naturkatastrophen im ersten Halbjahr über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt. Wie die Münchener mitteilen, reiht sich das erste Halbjahr 2023 ein in sehr schadenintensive vorhergehende Jahre: Der Gesamtschaden fiel mit 110 Mrd. US-Dollar zwar geringer aus als in der ersten Hälfte 2022 (120 Mrd. US-Dollar), lag aber deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (98 Mrd. US-Dollar, inflationsbereinigt). Ähnliches gilt für die versicherten Schäden von 43 Mrd. US-Dollar (Vorjahr 47 Mrd. US-Dollar, Zehn-Jahres-Durchschnitt der Halbjahre: 34 Mrd. US-Dollar).

Dass die Wetterextreme auch in Deutschland weiter zunehmen, zeigt die aktuelle Starkregen-Bilanz des Branchenverbandes GDV. So haben entsprechende Unwetterereignisse in den vergangenen 20 Jahren bundesweit für Schäden von 12,6 Mrd. Euro an Wohngebäuden gesorgt. Von den Stadt- bzw. Landkreisen war Euskirchen in Nordrhein-Westfalen mit 590 Schäden je 1.000 Wohngebäuden am stärksten von Starkregenschäden betroffen. Die Beseitigung eines Schadens kostete dort im Schnitt über 45.000 Euro.

Autor: VW-Redaktion

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