„Nicht nachvollziehbar, warum Versicherungsmakler gegenüber den gebundenen Versicherungsvermittlern benachteiligt werden sollen“

Kommentar von Dirk Czaya, Rechtsanwalt und Mitglied des Vorstandes bei der Schutzvereinigung deutscher Vermittler von Versicherungen und anderen Finanzdienstleistungen e.V. (SdV)

Der Provisionsrichtwert und was noch davon übrig ist, löst bei den Versicherungsmaklern nach wie vor großes Unbehagen aus. Dirk Czaya, Rechtsanwalt und Mitglied des Vorstandes bei der Schutzvereinigung deutscher Vermittler von Versicherungen und anderen Finanzdienstleistungen e.V. (SdV), nennt das Vorgehen der Bafin „bizarr“ und klärt im Exklusiv-Beitrag für VWheute auf, warum jegliche Deckelung der Provisionen auch für die Verbraucher Unfug wäre.

Die Debatte um einen Eingriff in die Provisionsgestaltung begann 2013 mit der Forderung der Grünen nach einem Provisionsdeckel. Fortgeführt wurde sie im selben Jahr vom GDV mit einem internen Vorschlag zur gesetzlichen Begrenzung der Provisionen bei Renten- und Lebensversicherungen. Als dieser öffentlich wurde, wehrten sich Maklerpools und Vermittlerverbände mit Erfolg. Nachdem die Bafin im Jahr 2018 einen ähnlichen Vorstoß mit Blick auf die Umsetzung der IDD machte, nahm sich das Bundesfinanzministerium der Sache an. Es erarbeitete 2019 unter dem damaligen Bundesminister Olaf Scholz einen Referentenentwurf zu einem Provisionsdeckel für den Vertrieb von Lebens- und Restschuld-Versicherungen. Der wurde jedoch für die Lebensversicherungen von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion abgelehnt.

Nach dem in der früheren Legislaturperiode des Bundestags erarbeiteten und nicht umgesetzten Gesetzesvorschlag zum Provisionsdeckel, ist das Thema im aktuellen Koalitionsvertrag gar nicht enthalten. Daraus ließe sich schlussfolgern, die Politik habe kein Interesse daran.

Keine Entwarnung für Versicherungsmakler

Diese Entwicklung konnte von Versicherungsvermittlern zunächst als beruhigend angesehen werden. Seit Juni 2022 allerdings denkt die Bafin öffentlich über einen sogenannten Provisionsrichtwert nach. Auch wenn der Provisionsdeckel mit diesem Begriff in ein neues Gewand gekleidet wurde, schwingen Provisionskürzungen wieder als Damoklesschwert über dem Vertrieb von Lebensversicherungen.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklung ist das Vorgehen der Bafin besonders bizarr. Nachdem die Politik zu Provisionskürzungen keine gesetzlichen Vorgaben machen möchte, überrascht die zuständige Aufsichtsbehörde von sich aus mit einer „Reanimation“ des Themas. Der SdV ist entschieden gegen einen derartigen Eingriff in die Vermittlung von Lebensversicherungen. Dieser würde nicht nur den Versicherungsmaklern schaden. Auch die erhoffte Wirkung wird nicht erzielt.

Neue Regelung ist überflüssig

Das eigentliche Ziel der IDD ist ganz allgemein die Stärkung der Verbraucher-Rechte. Die Kunden-Beratung soll transparent und qualitativ hochwertig sein. Eine klare Trennung von Provisions- und Honorarberatung sowie die Weiterbildungspflicht sollen dazu beitragen. Damit Vermittler die Beratungsqualität und die Berücksichtigung des Kundenbedarfs im Fokus haben, sollen Provisionsexzesse vermieden werden.

Nach geltendem Recht sind Provisionsexzesse auch schon jetzt nicht erlaubt. Im Paragraf 48a Abs.6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) heißt es: „Versicherungsunternehmen … müssen dafür Sorge tragen, dass die Gebühr oder Provision … sich nicht nachteilig auf die Qualität der entsprechenden Dienstleistung für den Kunden auswirkt und nicht die Verpflichtung des Versicherungsunternehmens beeinträchtigt, im besten Interesse seiner Kunden ehrlich, redlich und professionell zu handeln.“
Verstöße gegen das Gesetz dürfen und müssen von der Bafin geahndet werden. Dass die Behörde mit dem neuerlichen Vorstoß zu einer Vereinheitlichung bei allen Vermittlern eine Provisionskürzung anstrebt, anstatt etwaigen rechtswidrigen Einzelfällen nachzugehen, ist ganz und gar unverständlich.

Nachteile für Makler sind nicht zielführend

Ein Provisionsrichtwert würde in der deutschen Vermittlerstruktur eine klare Benachteiligung der Versicherungsmakler bewirken. Deshalb ist der SdV als Interessenvertretung dieses Berufsstandes absolut gegen eine Vereinheitlichung der Provisionen/Courtagen. Ein Blick auf die verschiedenen Versicherungsvermittler-Gruppen in Deutschland zeigt zudem, dass ein Provisionsrichtwert das angestrebte Ziel nicht erreichen kann. Laut Statistik des DIHK (1.1.2022) sind von über 190.000 registrierten Versicherungsvermittlern/-beratern lediglich 325 als Versicherungsberater eingetragen. Mehr als 46.000 sind Versicherungsmakler, etwa 112.000 sind gebundene Versicherungsvertreter. Weitere Gruppen sind Versicherungsvertreter mit Erlaubnis und produktakzessorische Vertreter/Makler. Das heißt, über 99 Prozent der Versicherungsvermittlung und damit der Kundenberatung wird durch Provisionen und Courtagen finanziert. Der Anteil an provisionsunabhängig tätigen Versicherungsberatern ist verschwindend gering.

Unter den provisionsfinanzierten Vermittlern sind es insbesondere die Versicherungsmakler, die einen umfassenden Marktüberblick haben und nach dem Best-Advice-Prinzip agieren. Eine umfangreiche und ideale Beratung ist ausschließlich über freie Vertriebswege, also Versicherungsmakler möglich, als treuhänderische Sachwalter der Kunden. Nur wer auch tatsächlich im Auftrag des Kunden tätig ist und nicht im Auftrag einer Versicherungsgesellschaft, kann auch einen neutralen, bedarfsgerechten Beratungsprozess liefern, so wie es politisch gewollt ist.

Gerade diese Versicherungsmakler würden aber von Provisionskürzungen besonders hart getroffen. Bei unternehmensgebundenen Vermittlern werden Büro- und Geschäftsausstattungen sowie Personalkosten ganz oder teilweise von den Versicherern (mit)finanziert. Dort vereinnahmte Provisionen sind nicht so existenziell wie bei Versicherungsmaklern, die alle Kosten allein aus den Courtage-Einnahmen decken müssen. So formuliert es auch Martin Klein, Vorstand des VOTUMverbands: „Wir erinnern die BaFin nahezu täglich daran, dass bei einem so heterogenen Markt wie dem deutschen Finanzvertrieb eine Vereinheitlichung massive Diskriminierung bestimmter Vertriebskanäle zur Folge hätte – eine Diskriminierung, die auch berufliche Existenzen leichtsinnig aufs Spiel setzen würde.“

SdV gegen jegliche Provisionsdeckelung

Der SdV positioniert sich ganz klar gegen jegliche Kürzung der Provision – egal, ob sie als Provisionsdeckel oder Provisionsrichtwert bezeichnet wird. Ein solcher Eingriff in die Provisionsvereinbarungen würde sowohl dem Berufsstand der Versicherungsmakler als auch den Verbrauchern schaden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Versicherungsmakler gegenüber den gebundenen Versicherungsvermittlern in ihrer Geschäftstätigkeit benachteiligt werden sollen. Dass dies letztlich zu einer Stärkung der Rechte von Verbrauchern führen soll, ist unverständlich.
Das Gegenteil wäre zutreffend. Letztlich ist die allgemeine wirtschaftliche Lage in diesen Zeiten steigender Inflation angespannt, sodass auch deshalb eine Deckelung oder Kürzung von Provisionen nicht hinnehmbar ist.

Weniger Kosten heißt nicht automatisch bessere Rendite

Zum angestrebten Ziel der Verbraucherrechte-Stärkung gehört auch der Blick auf den Ertrag für die Kunden. Es wird häufig ein direkter Zusammenhang zwischen der Höhe der Abschlusskosten und der Rendite der Kapitalanlage angenommen. Allerdings ist es eben kein Automatismus, dass eine Abschlusskosten-Deckelung mit einer höheren Rendite einhergeht. Dafür ist vielmehr die Ausgestaltung des Produkts vonseiten des Versicherers ausschlaggebend. Deshalb ist auch das Gegenteil denkbar. Denn ein aufwendiges Policen-Management kann zu höheren Kosten und damit eben gerade zu besserer Rendite führen. Auch die Beratung ist hierbei mit höherem Aufwand verbunden, wenn der Anspruch besteht, dass der Kunde das Produkt versteht. Auch hierfür sind dann höhere Kosten gerechtfertigt. Ob also mit einer Kostenreduzierung ertragreichere Verträge entstehen, darf mindestens infrage gestellt, wenn nicht sogar bezweifelt werden.

Dies wünscht sich der SdV: Die unabhängige Versicherungsvermittlung sollte generell als Unterstützer beim Thema Altersvorsorge gesehen werden. Diskussionen, wie die hier geschilderte, führen eher zu Verunsicherung und Zögerlichkeit. Das hilft letztlich niemandem, weder der Versicherungsbranche noch den Verbrauchern. Wünschenswert wäre eine Politik, die Menschen zur persönlichen Vorsorge motiviert und eine zielführende Versicherungsvermittlung ermöglicht.

Autor: Dirk Czaya, Schutzvereinigung deutscher Vermittler von Versicherungen und anderen Finanzdienstleistungen e.V. (SdV) www.sdv-online.de

2 Kommentare

  • Andreas Kerkhoff

    Grundsätzlicher Reformbedarf steht an. Makler als Sachwalter des Kunden, vom Kunden als Dienstleister per Mandat gehört auch vom Kunden honoriert und nicht vom Versicherer in Form von Provisionen. Im HGB § 84 -Verhältnis mag das anders gelöst werden.

  • Es steht außer Zweifel, daß alle Vermittler eine angemessene und dem Aufwand entsprechende Vergütung erhalten müssen, ungeachtet unsachgemäßer Forderungen ausschließlich einen einheitlichen Vergütungsansatz zu bestimmen.

    Wenn wir – Politik, Verbraucher, Vermittler aller Art und Versicherer – Transparenz für richtig und sinnvoll erachten, dann gibt es nur eine sachgerechte Lösung: der Provisions-/Courtagesatz bzw. Geldbetrag wird auf der Police, dem Versicherungsvertrag, ausgewiesen.

    Alle Einwände, dass dies nicht möglich sei, sind Selbstinteresse geleitet. Auch technisch ist dies mit etwas Aufwand möglich. Auch Beratergebühren/Fees sind auszuweisen (die unterschiedliche steuerliche Behandlung -VersSt/MwSt- ist kein Hemmnis). Der Vollständigkeit halber sollte auch generell in einem Satz bestätigt werden, daß es keine weiteren mit diesem Vertrag verbundenen/auf ihm beruhende zusätzliche Zahlungen an den Vermittler/Makler gibt.

    Solange eine solche Regelung nicht verbindlich für alle eingeführt ist, gibt es keine Transparenz.

    Alle bisherigen Anwendungen dienen der Intransparenz und teilweise (schlimmer noch!) der Verschleierung.

    Offensichtlich will keine der beteiligten Parteien dieses Thema zur allgemeinen Zufriedenheit diskutieren und einer sinnvollen, sachgerechten Lösung zuführen.

    Bei meinen nächsten Gesprächen mit EIOPA werde ich diesen Punkt gerne erneut erörtern.

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