Euler Hermes fürchtet mehr Insolvenzen in Europa durch Ukraine-Konflikt

Der weltweite Handel leidet unter dem Ukraine-Konflikt. Quelle: Bild von Jarosław Bialik auf Pixabay

Unterbrochene Lieferketten, fehlende Teile: Der Ukraine-Konflikt zeigt spürbare Auswirkungen auf den Welthandel. Durch die ausgebremste Weltwirtschaft steigt vielerorts das Risiko von Zahlungsausfällen und auch Insolvenzen dürften wieder merklich ansteigen, insbesondere in Europa. Dies geht aus einer aktuellen Analyse von Euler Hermes hervor.

So rechnet der Kreditversicherer in seiner aktuellen Studie nur noch mit einem Wachstum des Welthandelsvolumens um plus vier Prozent für 2022 und damit mit konfliktbedingten Einbußen um mindestens zwei Prozentpunkte (pp). Beim globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) gehen die Volkswirte von einem Zuwachs um plus 3,3 Prozent für 2022 aus (minus 0,8 Prozentpunkte weniger als vor Beginn des Konflikts) und um plus 2,8 Prozent für 2023.

Für Deutschland hat der Kreditversicherer seine Prognose beim BIP-Wachstum ebenfalls um minus 1,4 Prozentpunkte auf ein Plus von 1,8 Prozent gesenkt. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen könnten die Insolvenzen in Europa mit plus 23 Prozent im Jahr 2022 deutlich stärker steigen als ursprünglich erwartet. Auch in Deutschland erwartet der Kreditversicherer mit einem Anstieg von vier Prozent eine Trendwende bei den Pleiten.

Besonders hart dürfte es laut Euler Hermes die russische Wirtschaft treffen, die besonders stark unter den Sanktionen leidet. So rutsche das Land mit einem Minus von acht Prozent des BIP in eine Rezession. Bei einer weiteren Eskalation dürfte die Wirtschaftsleistung sogar um minus 16 Prozent schrumpfen. Für den Welthandel insgesamt ist Russland zwar nicht systemrelevant, in einigen Bereichen dürften die jüngsten Entwicklungen dennoch spürbare Schockwellen auslösen.

„Insbesondere die stark abhängigen Exporteure in Zentral- und Osteuropa könnten herbe Einbußen erleiden. Zudem geraten Lieferketten in einigen Branchen erneut unter großen Druck, insbesondere in der Halbleiter- und Automobilindustrie. Benötigte Metalle, spezielle Gase und Kabel sind knapp und könnten zu unterbrochenen Lieferketten führen“, kommentiert Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz und von Euler Hermes.

„Bei einer weiteren Eskalation des Konflikts droht 2023 eine Rezession für die gesamte Weltwirtschaft, für die Eurozone und auch für Deutschland.“

Ludovic Subran, Chefvolkswirt von Allianz und Euler Hermes

Durch die ausgebremste Weltwirtschaft steigt vielerorts das Risiko von Zahlungsausfällen und auch Insolvenzen dürften wieder merklich ansteigen, insbesondere in Europa, heißt es weiter. „Der potenzielle Anstieg der Insolvenzen in Europa hat sich durch den Konflikt in diesem Jahr um sieben Prozentpunkte auf plus 23 Prozent erhöht und im kommenden Jahr um vier Prozentpunkte auf plus 17 Prozent, sofern keine entsprechenden Gegenmaßnahmen implementiert werden“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

„In Deutschland sind die Insolvenzen immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau – aber die verlangsamte Konjunktur dürfte 2022 wahrscheinlich eine Trendwende auslösen, mit höheren Risiken in den sensibelsten Sektoren wie Energie, Transport und Automobilzulieferer. Wir gehen derzeit von etwa vier Prozent mehr Insolvenzen aus als im Jahr 2021“, ergänzt der Deutschlandchef des Kreditversicherers.

Zudem vermeiden Containerschiffe konfliktbedingt aktuell das Schwarze Meer und nehmen weniger direkte und deutlich zeitaufwendigere und kostspieligere Routen in Kauf. „Die Umleitung von Frachtschiffen hat zusammen mit den hohen Energiepreisen Auswirkungen auf Frachtraten und Lieferzeiten – und damit auch auf die Lieferketten aus Fernost. Hinzu kommen die strikten Covid-Maßnahmen in China, die zu Produktionsunterbrechungen und teilweise zu vorübergehenden Schließungen von einzelnen Häfen führen. Eine Stabilisierung der angespannten Situation in der Logistik liegt dadurch aktuell auf Eis und bringt viele Unsicherheiten mit sich“, ergänzt Bogaerts.

Autor: VW-Redaktion

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