Ein Europaflop? Aktuare analysieren PEPP

Die ifa hat Pepp analysiert. Bild von Willfried Wende auf Pixabay.

Die neue Regierung plant Veränderungen in der privaten Altersvorsorge. Europa ist weiter und hat schon ein neues Produkt in petto, das Paneuropäische Private Pensionsprodukte (PEPP). Nun hat das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaft (ifa) im Auftrag des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs das PEPP analysiert.

Im Juli hat die Europäische Kommission technische Regulierungsstandards (RTS) zur Präzisierung der Anforderungen an das PEPP veröffentlicht und formuliert dabei u.a. quantitative Vorgaben an die sogenannten Risikominderungstechniken.

Worum geht es?

Produkte mit „Risikominderungstechniken“ sind hierbei nur zulässig, wenn mit stochastischen Analysen nachgewiesen werden kann, dass gewisse Anforderungen von den betrachteten Anlagestrategien bzw. Produkten erfüllt sind, beispielsweise hohe Wahrscheinlichkeit für Inflationsausgleich oder Mindestleistungen in gewissen „schlechten Szenarien“. Insbesondere die Risikominderungstechnik soll die Produkte bei Fehlen einer Garantie „sicherer“ machen. Dazu gehören zentral folgende Anforderungen:

  • Erwarteter Verlust im Stress nicht mehr als 20%
  • Wahrscheinlichkeit für Inflationsausgleich mind. 80%
  • Wahrscheinlichkeit für Kapitalerhalt mind. 92,5% (wenn keine Kapitalgarantie im Basis-PEPP gewährt wird)

Das ifa hat eine Analyse für eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte durchgeführt. Dabei zeigt sich, dass das Zusammenspiel aus absoluten Vorgaben in den neuen RTS und einer Kalibrierung der verwendeten Modelle an das jeweils aktuelle Kapitalmarktumfeld zu einer vorhersehbar hohen Schwankung der Ergebnisse im Zeitverlauf führt.

Ein Flop?

Im aktuellen Kapitalmarktumfeld erfüllt keines der untersuchten Produkte die Anforderungen an eine Risikominderungstechnik oder das Basis-PEPP. Insbesondere die Wahrscheinlichkeit für Inflationsausgleich ist für kein Produkt ausreichend. Das gilt auch bei wohlwollender Interpretation der RTS und für Produkte ohne Kosten. Alle Produkte weisen den höchsten Risikoindikator und den geringsten Renditeindikator auf.

Je nach Kalibrierung kann es aber auch beispielsweise in einem deutlich „besseren“ Kapitalmarktumfeld zu Situationen kommen, in denen alle Produkte die formulierten Anforderungen der RST erfüllen. Doch bis dahin ist es ein beschwerlicher Weg aus dem bisherigen Umfeld. Denn selbst bei einem um 200 Basispunkte höheren Zinsniveau erfüllen nur wenige Produkte knapp die Anforderungen an eine Risikominderungstechnik. Im Falle  einer um 200 Basispunkte erhöhten Risikoprämie für Aktien erfüllt kein Produkt alle Anforderungen. Allerdings,  bei einem um 200 Basispunkte höheren Zinsniveau und gleichzeitig einer um 200 Basispunkte erhöhten Risikoprämie für Aktien erfüllen nahezu alle Produkte die Anforderungen.

Unmögliche Mathematik?

 „Verlangt die EU beim PEPP die Quadratur des Kreises?“, fragt Jochen Ruß (ifa) vor dem Hintergrund der Ergebnisse. Die Antwort lautet wohl, dass das Kapitalmarktumfeld die entscheidende Größe sein wird. Dieses ist aktuell nicht günstig für PEPP. Theoretisch sind PEPP-Angebot ab März 2022 möglich; es wird spannend zu sehen sein, wer die „Quadratur des Kreises“ angehen wird.

Die Analyse zeigt auch, dass das Thema einer hundertprozentigen Beitragsgarantie auch im PEPP zugunsten von stochastischen Wahrscheinlichkeiten aufgegeben wurde. Inflationsausgleich und höchstmögliche Sicherheit sind zurzeit nur schwer vereinbar. Ob das auch in Deutschland anerkannt wird, ist noch offen. Ein erster Schimmer ist im Koalitionsvertrag zu sehen, wenn von Produkten mit „höheren Renditen“ gesprochen wird.

Autor: VW-Redaktion