Bancassurance wird Realität

Quelle: Bild von David Mark auf Pixabay

Neue Ideen präsentierten viele Versicherer auf der 7. InnoVario – dem Ideen- und Innovationsmarktplatz für die Versicherungswirtschaft. Unter dem Eindruck der Coronapandemie spielte vor allem die Digitalisierung eine große Rolle. Die Messe wurde hybrid veranstaltet.

Mit dem Joint Venture von Jung, DMS & Cie. AG und Provinzial Holding AG soll die immer wieder totgesagte Bancassurance nun Fahrt aufnehmen. Katalysator sei die Plattformtechnologie von Jung DMS, über die der neue Sparkassen-Versicherungsmanager bedient wird. Das digitale Tool ermöglicht unter anderem auch Versicherungsvergleiche. „Der Versicherungsmanager ist von allen Sparkassenverantwortlichen gesetzt und wird in allen Regionen eingesetzt werden“, sagte Jung DMS-Vorstand Stefan Bachmann.

Geordnete Ventillösung

Die Öffentlichen Versicherer würden mit dem Tool ihren Bestand sichern. Die Banker könnten aktiv Gegenangebote machen und würden an den Provisionen der Fremdverträge verdienen. „Damit ist garantiert, dass der Kunde nicht irgendwohin abhaut“, so Bachmann. Gleichzeitig könnten eigene Produkte, etwa in der Lebensversicherung promotet werden. Laut Jung DMS sollen über das Joint Venture rund 100 Sparkassen binnen fünf Jahren eine Million neue Privatkunden über den S-Versicherungsmanager und die JDC-Plattform betreuen. Damit würde sich die Ausschließlichkeit der Sparkassen zu einer „geordneten Ventillösung“ öffnen und der Verkauf am Point of Sale künftig eine echte Bedarfserfüllung darstellen. Eine besondere Rolle spielt laut Bachmann PSD2 (Payment Services Directive2), die eine Auswertung der Kontoinformationen ermöglicht.

MLP: Schlüssel ist Online-Terminvereinbarung

Große Erfolge hat die MLP Finanzberatung SE mit der Online-Terminvereinbarung erzielt. 2021 hatten insgesamt 45.000 Kunden selbstständig einen Online-Beratungstermin beim Allfinanzvertrieb vereinbart. „Alle diese Kunden mussten vom Berater nicht mehr angerufen werden“, sagte Alexander Hofmann, Abteilungsleiter Beraterarbeitsplatz bei MLP. Das ist eine Verdopplung der Terminanfragen. Auch die Online-Sessions verdoppelten sich von rund 120.000 auf 240.000 in 2021. Das Tool wird von der Flexperto GmbH integriert. Das Unternehmen ist bei der Video-Beratung führend und arbeitet auch für etliche Versicherer. „Die Kunden haben das System sehr gut angenommen“, so Hofmann. Der Online-Terminservice wird Ende 2021 voll in das MLP-Kundenportal integriert. „Die Online-Terminvereinbarung ist für mich der Schlüssel zum Kunden“, so Hofmann. Künftig könnte sie auch so gehandhabt werden, dass der Berater drei Tage nur noch online arbeitet. „Von Deutschland oder von irgendwo in der Welt“, so Hofmann.

Mit Flexperto hat MLP auch eine Video-Finanzanlageberatungsstrecke verwirklicht, bei der schon die Einwilligung der gesetzlich notwendigen Aufzeichnung des Gesprächs dokumentiert wird. Zwei bis dreimal am Tag werden die Dokumentationen von Flexperto in die MLP-Cloud überspielt und dann beim Softwareanbieter gelöscht. Eine Gesprächs-ID macht es möglich, die Dokumentation schnell zu finden und auch den Prüfern der Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu stellen. Laut Hofmann könnte 2022 die Zahl der selbstständigen Terminvereinbarungen noch deutlich auf 100.000 bis 200.000 steigen. Zudem will der Allfinanzdienstleister eine datenkonforme WhatsApp-Lösung entwickeln und die den Sprachassistenten Alexa künftig für Terminvereinbarung konzipieren.

Laut Thorsten Paech vom Client Solutions Insurance DACH Facebook hat die Corona-Pandemie die digitale Entwicklung um den Faktor zehn beschleunigt. „Es ist heute ganz normal, die Oma per Video anzurufen oder Alltagsgegenstände online zu bestellen“, so Paech. Versicherungsvermittler hätten in der Pandemie deutlich schneller als Assekuranzen ihre Kunden über soziale Medien kontaktiert. „Unsere Plattform wurde massiv genutzt“, sagte der Facebook-Manager, der gleichzeitig darauf verwies, dass sein Unternehmen keine Zahlen veröffentlicht.

Marketing immer erst „mobil“ denken

Digitales Marketing müsse heute immer zuerst für das Smartphone entwickelt werden. Paech: „Über das klassische TV sind viele Endkunden längst nicht mehr erreichbar.“ Sinnvoll sei es zudem, Werbebotschaften sowohl über Video als auch über statische Bilder ohne Ton zu verbreiten. „Nicht jeder will sich gerade ein Video anschauen“, so der Werbeexperte. Zudem müsste beachtet werden, dass Werbung auf dem Smartphone immer in Story-Format vertikal konzipiert werden sollte. „Niemand dreht heute noch sein Mobiltelefon“, erläuterte Paech. Reels, kurze Multi-Clip-Videos mit Ton und Effekten, würden bei Facebook und Instagram künftig die Kommunikation bestimmen. Zudem würden Videos mit Augmented Reality künftig als neuer Werbetrend entstehen. Die Frage, wie Werbetreibende mit den oft kritischen Kommentaren auf Facebook umgehen sollten, wurde hingegen vom Social-Media-Experten mehr oder weniger ignoriert. „Ich spreche das Thema Negativkommentare bei meinen Kunden an“, so die etwas lapidare Aussage von Paech.

Autor: Uwe Schmidt-Kasparek

Ein Kommentar

  • Sascha Clifford Borchert

    Wer meint, dass man mit einem Tool allein, wie dem Versicherungsmanager Bancassurance macht, hat Bancassurance nicht verstanden.
    Bancassurance erfordert eine konsequente Omnikanalstrategie und eine Tiefenintegration in das menschliche und auch technologische System Bank.

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