Vertriebschancen für Vermittler: Keine Angst vor Nachhaltigkeit
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Norman Wirth sieht beim Thema Nachhaltigkeit auch Vertriebschancen für Vermittler. Quelle: epo

Versicherungsvermittler nähern sich nur zögerlich dem Thema Nachhaltigkeit. Dabei sollten sie darin vor allem eine Vertriebschance sehen, ist sich Norman Wirth, Fachanwalt und Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, sicher. Auf einer Fachdiskussion am gestrigen Abend, organisiert vom Verein zur Förderung der Versicherungswissenschaft in Berlin, legte er die Pflichten dar, die sich aus der EU-Transparenzverordnung ergeben.

Seit 10. März dieses Jahres gilt die EU-Transparenzverordnung, auch Offenlegungsverordnung genannt, die zum Ziel hat, harmonisierte Transparenzvorschriften für Finanzmarktteilnehmer und -berater im Nachhaltigkeitskontext zu schaffen. Die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Offenlegungsverordnung sollte für Vermittler kein Problem darstellen, erläuterte Norman Wirth. Es seien nur wenige Pflichten, die sich daraus ergeben. So muss etwa auf der Homepage – wenn man eine hat – auf die ESG-Kriterien hingewiesen werden, wobei erläutert werden sollte, dass E für Environment (Umwelt) (Environment), S für Social (Soziales) und G für Governance (Unternehmensführung) steht.

Für diese wie für die weiteren Pflichten hat der AfW gemeinsam mit dem VOTUM-Verband unabhängiger Finanzdienstleister Formulierungshilfen erarbeitet hat, die auf beiden Webseiten abrufbar sind (www. www.bundesverband-finanzdienstleistung.de und www.votum-verband.de). Zudem muss dargestellt werden, auf welche Weise der Berater Nachhaltigkeitskriterien in die Beratung einbezieht, ob und wie die Vergütungspolitik von der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken beeinflusst wird, und schließlich, wie sich Nachhaltigkeit auf die Beratungsdokumentation auswirkt.

Auch Finanzanlagenvermittler betroffen

„Wir raten dringend jedem Vermittler sich diesen wenigen Pflichten zu unterwerfen, auch den 34f-Vermittlern, auch wenn dieses als deutsche Besonderheit von der Verordnung nicht ausdrücklich genannt werden“, ist Wirths Auffassung. Dieser „redaktionelle Fehler“, wie er es nannte, werde ganz sicher behoben, da auch die Finanzanlagenvermittler vom Sinn und Zweck her unter die Verordnung fallen. Ansonsten sind alle 34d-Vermittler betroffen, es sei denn, sie vermitteln nur Sachversicherungen. Ausgenommen sind auch Kleinstunternehmen mit weniger als drei Mitarbeitern. Auch diesen rät der Anwalt und Vertriebsexperte dazu, im eigenen Interesse die Anforderungen der Transparenzverordnung zu erfüllen. Er finde es befremdlich, wenn jetzt Unternehmen versuchen unter diese Kleinstunternehmen-Regelung zu fallen, statt sich dem Thema offensiv zu stellen.

„Nachhaltigkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der man sich als Vermittler nicht verschließen kann“, fordert er. Man sollte darin nicht nur ein ungeliebtes politisches Thema sehen, sondern eine vertriebliche Chance. Schließlich sei jeder zweite Verbraucher grundsätzlich bereit, Geld nachhaltig anzulegen, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband herausgefunden hat. Und immerhin fast 30 Prozent sind sogar bereit dafür auf Rendite zu verzichten. „Dabei ist ein Renditeverzicht gar nicht nötig“, weiß Norman Wirth, da die Rendite nachhaltiger Investments in der Regel mindestens genauso hoch sei wie bei „normaler“ Geldanlage.

Worauf Vermittler achten müssen

Welche Anforderungen an die Gestaltung von Versicherungsprodukten sind für Vermittler bedeutsam? Hier sieht er in erster Linie die Notwendigkeit, während des Produktzulassungsverfahrens Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen. Zudem müssten die Leistungsanforderungen (POG-Regeln) auch für Nachhaltigkeit gelten, und genau definiert werden, warum ein Produkt nachhaltig ist. Diese Nachhaltigkeitskriterien müssen für Kunden transparent und nachvollziehbar sind. Bei Versicherungsanlageprodukten sei wichtig, dass der Anlegerschutz immer im Vordergrund steht, also vor den Nachhaltigkeitszielen des Kunden kommt. Vermittler sollten also immer erst die Anlageziele des Kunden definieren und danach seine Nachhaltigkeitspräferenzen abfragen. Was Vermittler außerdem an ihre Kunden weitergeben können müssen, sei eine genaue Übersicht über die Nachhaltigkeitsgrade von Versicherungsanlageprodukten. Greenwashing müsse auf jeden Fall vermieden werden. Wichtig sei auch, dass Vermittler die Nachhaltigkeitsziele ihrer Kunden aufzeichnen müssen.

Branche muss zusammenwirken

Jetzt gehe es darum, dass der Gesetzgeber schnell eindeutige Vorgaben mache, damit man in der Branche zu verbindlichen Standards kommt, fordert Wirth. Sonst drohe eine unnötige Zersplitterung. Als Branche könne man selbst das Thema voranbringen und dem Gesetzgeber Vorschläge machen, wie es funktionieren kann. „Dafür ist es ganz wichtig, dass die verschiedenen Nachhaltigkeits-Initiativen eng zusammenarbeiten und nicht jede für sich das Rad neu erfindet“, mahnt er. Als AfW arbeite man mit allen maßgeblichen Initiativen wie German Sustainability Network (GSN), dem Forum nachhaltige Geldanlage (FNG) sowie der Brancheninitiative Nachhaltigkeit in der Lebensversicherung eng zusammen, um den Prozess aktiv mitgestalten zu können.

Autorin: Elke Pohl

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