DVAG, Ergo Pro, Swiss Life Select: Strukturvertriebe in der Kritik

mohamed Hassan auf Pixabay

Gelockt wird mit üppigen Gehältern und Erfolgsgeschichten schillernder Strukturvertriebler wie Carsten Maschmeyer. Finanzstrukturvertriebe buhlen mit großen Versprechen um neue Mitarbeiter. Aussteiger zeichnen ein anderes Bild der Branche, das nicht mehr so glänzend ist. Die Wirtschaftswoche legt in einem aktuellen Bericht den Finger in die Wunde.

Strukturvertriebe sind streng hierarchisch organisiert. Wer neu dazu kommt, fängt auf der untersten Stufe an. Er muss seine Provisionen mit allen über ihm stehenden Vertrieblern teilen. Außerdem geht ein Teil an die Dachorganisation des Vertriebs. 

Die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) ist der mit Abstand größte Player. Zu den anderen großen Vertrieben zählen Ergo Pro, ehemals HMI sowie die Swiss Life Select, in der der ehemalige Strukturvertrieb von Carsten Maschmeyer, AWD, aufgegangen ist. Auch die Vertriebe Tecis, Proventus und Horbach gehören wie Swiss Life Select zum Swiss-Life-Konzern.

„Viele dieser Vertriebe sind gerade auf Personalsuche, trotz Corona. Sie wollen die Krise nutzen, um neue Berater zu gewinnen – zum Beispiel ehemalige Banker, die nach der Schließung der Filiale dringend neue Jobs brauchen. Aber auch Quereinsteiger und Studenten sind gefragt. Gerade an Unis sind die Strukturvertriebe schon lange umtriebig“, berichtet die WiWo.

Geworben werde mit dicken Gehältern, aber auch mit einer familiären Arbeitsatmosphäre oder Weiterbildung.  Ehemalige Strukturvertriebler sprechen jedoch von einer anderen Realität.

„Von der Aussicht aufs schnelle Geld ließ sich Joschka Birgkit locken. Der ehemalige Elektriker war, wie viele andere, zuerst Kunde bei einem Strukturvertrieb und kam so ins System. In seinem alten Job sei das Geld am Monatsende stets knapp gewesen. Auf Kennenlerntreffen hätten ihm Vertreter des Vertriebs dann von den unbegrenzten Verdienstmöglichkeiten vorgeschwärmt. Tatsächlich aber blieb das Geld auch dann knapp, als Joschka dort anfing“, heißt es im WiWo-Bericht.

„Im Vertrieb kümmert sich keine Sau um dich“

Die Provisionen, die Einsteiger verdienen, seien im Strukturvertrieb gering. Der Löwenanteil der Courtage, die Kunden beim Abschluss zum Beispiel einer Lebensversicherung zahlen, lande beim Vertrieb selbst und den oberen Hierarchieebenen. Für den Vermittler auf der untersten Stufe falle wenig ab.

„Joschka sagt, obwohl er gut verkauft habe, seien ihm anfangs nie mehr als 2.000 Euro brutto geblieben. Weil die Vertriebler von Anfang an selbstständig sind, müssen sie davon noch alle Kosten tragen – Spesen, Steuern, Versicherungen. Für Joschka ist es zu viel, er muss sich verschulden.“

Ein anderer sprach von 1.400 Euro netto im Monat, wenn es gut läuft. Hinzu kam laut Wiwo, dass sein Vertrieb ein Viertel seiner verdienten Provision einbehalten habe – als Vorsorge, falls Kunden ihre abgeschlossenen Verträge doch noch stornieren. Sein Fazit: „Im Vertrieb kümmert sich keine Sau um dich.“

Autor: VW-Redaktion