Datenbasierte Risikoberechnung: Wie Künstliche Intelligenz Versicherern einen kräftigen Schub verleiht

Wie können Versicherer von künstlicher Intelligenz profitieren?. Quelle: Bild von Comfreak auf Pixabay.

Versicherer, die sich zu einem datengetriebenen Unternehmen entwickeln wollen, setzen idealerweise bei Projekten an, deren Nutzen schnell deutlich wird. Dazu zählt die datenbasierte Risikoberechnung, die gerade herausfordernde Sparten wieder in die Profitabilität führen kann. Eine Expertenanalyse.

In vielen Versicherungsunternehmen wächst der Handlungsdruck. In einigen Bereichen zumindest geben sie mehr Geld aus als sie einnehmen – ein großes Sorgenkind ist zum Beispiel die private Wohngebäudeversicherung, noch höhere Risiken bestehen bei der Absicherung von Gewerbekunden. Ein wichtiger Ansatz, um in diesen Bereichen in Zukunft profitabler zu werden, ist die datenbasierte Risikoberechnung. Durch die gezielte Auswertung großer Datenmengen sowie den Einsatz von KI-Methoden wie etwa Machine Learning ermöglicht sie es, das Risiko eines Schadens besser einzuschätzen und Prämien passgenauer auf den Kunden zuzuschneiden.

Interne und externe Daten nutzen

Im Firmenkundengeschäft ist das Betriebsunterbrechungsrisiko – in Verbindung mit weltweiten Lieferketten und komplexen Haftungsszenarien – eine große Herausforderung. Um diese Art von Risiken besser abbilden und erfassen zu können, ist ein intelligenter Umgang mit den Daten notwendig, die die Versicherung selbst gesammelt hat, die jedoch oftmals in Datensilos lagern und nicht entsprechend genutzt werden. Dazu zählen die bei einem Schadenfall aufgenommen Daten – etwa welche Sicherheitsvorkehrungen es in den Betrieben gab oder welche Maschinen betroffen waren. Mit Daten aus weiteren Quellen, die oftmals sogar frei verfügbar sind, lassen sich zum Beispiel die Risiken komplexer globaler Lieferketten wie etwa drohende Zollbeschränkungen besser vorhersehen.

Werden Schritt für Schritt weitere Daten hinzugezogen und mittels Künstlicher Intelligenz Muster erkannt, können Prämien genauer berechnet oder auch Limitierungen und Ausschlüsse vorgenommen werden. Weitere Vorteile der datengetriebenen im Vergleich zur klassischen Risikoberechnung: Die Berechnung kann künftige Ereignisse einpreisen und zudem laufend angepasst werden. Versicherungen hingegen, die nur zurückschauen und alle fünf Jahre ihre Risikomodelle überprüfen, laufen Gefahr, unprofitabel zu arbeiten.

Ein Beispiel für schlagkräftige Digitalisierungsschritte bei der Wohngebäudeversicherung: Leitungswasserschäden können durch die gezielte Auswertung von Daten besser vorhergesehen werden. Unter anderem hier zeigt sich auch die Bedeutung des Einsatzes von IoT-Technik wie smarten Ventilen oder Feuchtigkeitssensoren und die Auswertung der mit ihrer Hilfe gesammelten Daten. Ähnliche Modelle sind auch für betriebliche Versicherungen möglich.

Die genauere Risikoberechnung bringt dabei auch Vorteile für die Kunden. So wird für ihn die Tarifgestaltung transparenter und fairer, zudem nimmt ihm die Versicherung einen Teil des Risikomanagements ab. Das wiederum ermöglicht der Versicherung, in engeren Kontakt mit dem Kunden zu treten. Sie kann eine aktive Rolle als Risikoberater einnehmen und helfen, Schadenfälle von vornherein zu vermeiden. Dies bietet insbesondere für mittelständische Unternehmen Vorteile, deren eigene Kapazitäten auf diesem Gebiet in der Regel begrenzt sind.

Fundament für ein datengetriebenes Unternehmen legen

Um eine Versicherung in ein datengetriebenes Unternehmen zu transformieren, ist es wichtig, eine fundierte Digitalstrategie zu haben. Um diese umzusetzen, braucht es jedoch vor allem auch ein Portfolio an konkreten Projekten und Initiativen. Für das erste Umsetzungsprojekt bietet sich gerade ein Anwendungsfall wie etwa die datenbasierte Risikoberechnung an, da er große Chancen auf Erfolg hat und einen nachweisbaren Mehrwert bringt.

Bei einem solchen Pilotprojekt sammelt das Unternehmen erste Erfahrungen und es wird deutlich, welche Strukturen, welches Know-how und welche Fähigkeiten gebraucht werden, um entsprechende Projekte umzusetzen. In einigen Unternehmen stellt sich heraus, dass Qualifizierungslücken bestehen oder die Zusammenarbeit über die Abteilungsgrenzen hinaus stärker gefördert werden muss. Zudem haben solche Leuchtturmprojekte eine positive Strahlkraft ins Unternehmen hinein und stärken die Nachfrage nach weiteren Initiativen. Im Idealfall kann sich das Unternehmen so iterativ und Schritt für Schritt transformieren.

Das Fundament für ein datengetriebenes Unternehmen kann auf diese Weise – je nach Umfang des ersten Umsetzungsprojekts – in nur vier bis sechs Monaten gelegt werden.

Autor: Stefan Mühlenbruch, Business Solution Manager im Bereich Versicherung bei der Innovationsberatung Zühlke

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