Verweigern Versicherer die BU-Leistung für Corona-Folgeschäden?
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Wer durch eine Corona-Erkrankung berufsunfähig wird, könnte womöglich von seinem BU-Versicherer keine Leistungen bekommen. Dies geht aus einer Analyse der Beratungsfirma PremiumCircle hervor, die der Welt am Sonntag (WamS) vorliegt. Von 59 angefragten Versicherern hatten allerdings nur sieben geantwortet.

Bislang seien laut Bericht erst wenige Antragsfälle bei den Versicherern eingegangen, doch der zu erwartende Umfang ist enorm. Carmen Scheibenbogen, Professorin an der Berliner, Charité und Expertin für Long-Covid, geht demnach auf Anfrage des Blattes davon aus, dass etwa jeder hundertste Erkrankte dieses Symptom entwickele. Dabei seien die meisten Betroffenen nicht mehr in der Lage seien, in Vollzeit zu arbeiten. Patienten mit seelischen oder anderen körperlichen Schäden würden dann noch hinzukommen.

Mit der Zahl der Antragsteller dürften allerdings auch die Ablehnungen der Berufsunfähigkeitsversicherer ein signifikant neues Niveau in Deutschland erreichen: „Ob eine Berufsunfähigkeit anerkannt wird, war schon immer ein Glücksspiel – und mit der Corona-Pandemie wird sich das noch einmal deutlich verschärfen“, wird Claus-Dieter Gorr, Geschäftsführer von PremiumCircle, zitiert.

So hätten die Versicherer laut Bericht noch das ein oder andere Schlupfloch. Ein Beispiel: Sei ein Kunde in ein Corona-Risikogebiet gereist, gelte dies als ein mögliches Ausschlusskriterium für Zahlungen. Denn dies könne als „absichtliche Herbeiführung der Berufsunfähigkeit“ gewertet werden, berichtet die WamS weiter.

Auch das Homeoffice könnte dabei zu einem Problem für die Beschäftigten werden: So gaben sechs der sieben Versicherer an, dass sie Zahlungen für Haltungsschäden durch die Heimarbeit ablehnen würden. Denn die Arbeit im Homeoffice sei nicht die „übliche Tätigkeit“, für welche die Versicherten ihre Verträge ursprünglich abgeschlossen hätten, heißt es weiter.

Die offizielle Linie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) war zumindest bislang eine andere: „Sowohl beim Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen als auch bei der Leistungsprüfung unterliegt Covid-19 den üblichen Vorgaben des jeweiligen Versicherers. Diese werden von jedem Versicherer individuell festgelegt“, betonte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen Anfang April 2021.

Dabei sei es unerheblich, welche Ursache eine gesundheitliche Einschränkung habe, erklärt der GDV. Eine Covid-19-Erkrankung nehme diesbezüglich keine Sonderrolle ein. In der Regel spiele auch der Impfstatus, z. B. in Bezug auf Grippeimpfungen oder die Grundimmunisierung, in der Gesundheitsprüfung keine Rolle. Dies trifft „auch auf Impfungen gegen Covid-19 zu“.

Eine Covid-19-Erkrankung führt auch nicht zur Leistungsfreiheit. „Liegt eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor, leistet die Versicherung. Die Gründe der Berufsunfähigkeit spielen dabei keine Rolle. Sollte jemand aufgrund der Folgen einer Covid-19-Erkrankung oder der Folgen einer Impfung gegen Covid-19 berufsunfähig werden, leistet die Versicherung“, erklärte Asmussen.

Autor: VW-Redaktion

7 Kommentare

  • Lutz-Martin Pepping

    Herr Gorr erscheint mir wenig kompetent mit seiner Aussage, dass die Anerkennung einer BU
    einem Glücksspiel gleicht. In über 35 Jahren vertrieblicher Tätigkeit mit Schwerpunkt Altersvorsorge und Arbeitskraftabsicherung habe ich 3 Ablehnungen bei weit über 100 Leistungsfällen in der BU zu verzeichnen gehabt, und dies bei verschiedenen Gesellschaften.
    Solche unqualifizierten Aussagen zur Leistungsbereitschaft der VU schürt nur die Verunsicherung in der Bevölkerung zu einem der wichtigsten Versorgungsthemen der heutigen
    Zeit.

  • Peter Müller

    „“Ob eine Berufsunfähigkeit anerkannt wird, war schon immer ein Glücksspiel – und mit der Corona-Pandemie wird sich das noch einmal deutlich verschärfen”, wird Claus-Dieter Gorr“.
    Für diese Aussage gibt es exakt zwei Möglichkeiten: Entweder er hat einfach keine Ahnung vom Thema oder – schlimmer noch – er lügt, weil er selbst seine Leistungen verkaufen will.

  • Thomas Rehfeld

    Neben PKV (für Selbstständige) wohl der „gefährlichste“ Vertrag, welcher wohl immer zu heißen Diskussionen führen wird. Durch Corvid wohl noch mehr in Zukunft. Die hauptsächlichen Gründe sind allen bekannt: extrem viele (Gummi)Paragraphen und die meist schwierige Beweispflicht im Schadenfall durch den (ja meist ohnehin schon kranken / geschwächten) Kunden.
    Die allgemeine Aufregung scheint mir schon deshalb übertrieben, da es die Möglichkeit der BU- Versicherung ja überhaupt nur in Deutschland (mein Wissensstand). „Vereintes Europa“ läßt grüßen…

  • „So gaben sechs der sieben Versicherer an, dass sie Zahlungen für Haltungsschäden durch die Heimarbeit ablehnen würden. Denn die Arbeit im Homeoffice sei nicht die “übliche Tätigkeit”, für welche die Versicherten ihre Verträge ursprünglich abgeschlossen hätten, heißt es weiter.“

    Ein abenteuerliches Argument und erschreckend, wenn es stimmen sollte, dass sechs von sieben Versicherer mit dieser Begründung ablehnen. Einer gerichtlichen Überprüfung würde das wohl kaum Stand halten. Schon nach der gesetzlichen Regelung im VVG ist immer der zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, maßgeblich. Weder kommt es auf irgendeine „übliche Tätigkeit“ an, noch auf die bei Vertragsabschluss ausgeübte Tätigkeit. Hier hätte PremiumCircle nachhaken sollen, denn das kann doch seitens der Versicherer nicht ernsthaft so behauptet worden sein.

  • Sehr geehrter Herr Pepping,

    es ist ein Glücksspiel. Herr Gorr hat mittlerweile über 40 Jahre Erfahrung. Ich selber kann aus der Erfahrung berichten, Dass man, weil man die Möglichkeiten hat bestreitet, dass ICD Codes eine Gültigkeit auf Beschwerdebilder haben. Man bestreitet die Befundtiefe und will nicht erklären was das ist. Aus dem Grunde ist es notwendig, sich ein Vertrag herauszusuchen, der möglichst wenig dieser Regulative hat. Ohne diese Absicherung, haben Sie bereits verloren, wenn sie erkranken. Blockt der VU, so will er einen Vergleich erzwingen. Nicht umsonst waren wir so auf dem TV. Ihre Erfolgsquote habe auch ich, sie es trotzdem realistisch und empfehle auch trotzdem dieser Absicherung.

  • Herrn Gorr zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er als „Funkenmariechen“ für verschiedene
    Risikoträger auftritt. War es vor einigen Jahren die Mannheimer, danach die Hallesche für die Kranken-
    versicherung. Immer reklamierte er für sich und sein Unternehmen, den Status des Allwissenden.
    Nun hat er sich auf die BU gestürzt. Aus meiner Erfahrung unterstütze ich die Ausführungen des Kollegen Pepping. Einen Rat möchte ich denjenigen Kollegen geben, die anderslautende Erfahrungen
    gemacht haben: Fragen Sie die Risikoträger, ob sie bei der Leistungsprüfung mit Dienstleistern arbeiten, oder eine eigene Leistungsabteilung haben. Meine Erfahrung mit Dienstleistern sind in der Summe sehr negativ. Es besteht zwangsläufig ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Dienstleister und VR. Das kann für den Versicherten nicht positiv sein.

  • Interessanterweise liefert Premium Circle mit der „QTI 2021 – Zusatzinformationen Presse – 23.04.2021“ auf Seite 13 unter „Kernaussagen BU-Leistungsstatistik“ die folgende Erkenntnis mit: „Bisher wurde kein Leistungsfall, der im Zusammenhang mit COVID-19 steht, abgelehnt.“

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