Pflegezusatz: Versicherern droht Kündigungswelle wegen Beitragsanpassungen

Beitragserhöhungen in der Pflegezusatzversicherung verunsichern Kunden und Vermittler. Bild von Schäferle auf Pixabay.

2020 und vor allem 2021 haben zahlreiche Anbieter die Beiträge in der Pflegezusatzversicherung erhöhen müssen – sowohl im Bestand als auch im Neugeschäft. In einer Analyse zeigt Assekurata die Gründe und erklärt, was Vermittler ihren Kunden raten sollten.

Betroffen von den Erhöhungen auch vermeintliche Top-Produkte, die in gängigen Vergleichstests auf den obersten Plätzen rangieren. Dies sorgt für Unmut und Unsicherheit aufseiten von Verbrauchern und Vermittlern hinsichtlich der Bezahlbarkeit der Prämien (im Alter) und der getroffenen Anbieterauswahl. Die Gründe sind vielfältig.

Mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II), wodurch nicht nur die Leistungen durchgehend angehoben wurden, sondern auch mehr Menschen als zuvor anspruchsberechtigt sind, erhöhten sich 2017 nicht nur die Beiträge in der gesetzlichen Pflege-, sondern auch in der Pflegezusatzversicherung. In den Schadenstatistiken, die als Kalkulationsgrundlage dienen, zeigt sich in den Jahren nach der Reform eine deutliche Zunahme der Pflegedauer und Leistungen über alle Pflegegrade. So stieg die Zahl der Leistungsempfänger von 2016 bis 2019 um knapp 45 Prozent auf 4,25 Millionen und die Leistungsausgaben nahmen um rund 41 Prozent auf 42,27 Mio. Euro zu.

PSG II und Rechnungszinsabsenkung

Diese Entwicklung ist ganz wesentlich auf das PSG II und den neuen Pflegebegriff zurückzuführen und hat zur Folge, dass viele Anbieter seit 2017 die Beiträge weiter erhöhen mussten – zum Teil auch mehrfach. In Verbindung mit einer Absenkung des Rechnungszinses kam es hier in den vergangenen Jahren mitunter zu hohen prozentualen Beitragssteigerungen, erklärt Assekurata. Dies gilt vor allem für bereits bestehende Bisex-Verträge, die noch vor 2013 mit einem Rechnungszins von 3,5 Prozent abgeschlossen wurden – aber auch Unisextarife im Neugeschäft waren betroffen.

Der unternehmensindividuelle Rechnungszins stellt einen wesentlichen Einflussfaktor auf die Höhe des Beitrags dar. In den Beiträgen der Pflegetagegeldversicherung ist nämlich ein hoher Sparanteil enthalten, der kalkulatorisch über die gesamte Laufzeit mit dem angesetzten Satz verzinst wird. Je höher der Zins, desto geringer der erforderliche Beitrag. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase mussten einige Versicherer ihren Rechnungszins aber bereits auf unter 2 Prozent senken und die Beiträge in der Pflegezusatzversicherung daher deutlich anpassen. Bereits um einen halben Prozentpunkt abweichende Rechnungszinssätze haben in der Regel Beitragsunterschiede von weit mehr als zehn Prozent zur Folge. Mit der Anpassung des Beitrags an ein neues Zinsniveau ist dieses dann aber auch lebenslänglich eingepreist.

Beitragserhöhend wirkt grundsätzlich die Beitragsbefreiung im Pflegefall. Darüber hinaus birgt sie ein gewisses Anpassungsrisiko, insbesondere wenn die Beitragsbefreiung bereits sehr früh in den häufig vorkommenden Pflegegraden 1, 2 oder 3 definiert ist. Der neue Pflegebegriff und die in der Folge gestiegene Zahl an Pflegebedürftigen dürften hier „beim ein oder anderen Unternehmen“ zur Nachkalkulation geführt haben.

Die von vielen Vergleichstests „uneingeschränkt positive Sichtweise“ und Bewertung von Beitragsbefreiungen ist aus Assekuratas Sicht „eher kritisch“ zu hinterfragen. Kommt es nämlich zu Beitragsanpassungen, sind diejenigen, die dazu beitragen (die Pflegebedürftigen), davon ausgenommen, weil sie bereits beitragsbefreit sind. Dies „erscheint wenig sozial und widerspricht zudem den Grundsätzen des Versicherungsgedankens“. Die überwiegende Zahl der Anbieter gewährt im Neugeschäft allerdings erst ab Pflegegrad 4 oder 5 eine Beitragsfreistellung, was eine vertretbare Regelung darstellt.

Kündigen oder reduzieren?

Vermittler und Verbraucher sollten sich laut Assekurata von Beitragsanpassungen „nicht verunsichern lassen“ und die bestehende Pflegetagegeldversicherung nicht vorschnell kündigen oder den Anbieter wechseln. Zum einen gehen durch einen Unternehmenswechsel sämtliche bereits angesparten Alterungsrückstellungen verloren. Des Weiteren ist der Kunde auch bei einem neuen, vermeintlich günstigeren Anbieter nicht vor einer Beitragsanpassung gefeit.

Autor: VW-Redaktion