KPMG-Experten: „Es ist und wird schwierig bleiben, Vertrauen vollständig künstlich zu erzeugen“

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Die Pandemie hat auch die Arbeitsstruktur der Vermittler kräftig durcheinander gerüttelt. Die KPMG-Experten Christian Schareck und Oliver Riedel sprechen im Interview über Vertrieb in Coronazeiten und die wichtige Rolle des Vermittlers.

VWheute: Die Coronakrise wird zum Katalysator der digitalen Transformation. Wie kommt der Vertrieb mit seinen technischen Möglichkeiten bislang durch den Lockdown?

Christian Schareck: Grundsätzlich muss man konstatieren, dass die Versicherer und deren Vertriebe die Coronakrise bisher sehr gut gemeistert haben. Die Ergebnisse für das Jahr 2020 sowie der ersten Monate 2021 zeigen trotz Lockdown eine außerordentlich stabile Entwicklung. Natürlich waren damit zahlreiche, zum Teil sehr ernste Herausforderungen verbunden. Der Umstieg von bekannten Gewohnheiten und Arbeitsweisen, wie der Fahrt zum Kunden, der Beratung und dem Verkauf über den persönlichen Kontakt, hin zu einer kompletten digitalen Interaktion im Vertrieb musste sehr rasch erfolgen. Selbstverständlich konnten in dieser Zeit zahlreiche Aspekte der „digitalen Transformation“ eingeleitet und verprobt werden – insofern ist das Stichwort „Katalysator“ sicher zutreffend.

VWheute: Was haben Vermittler heute für eine Auswahl an digitalen Tools im Rahmen der Beratung und was wird tatsächlich eingesetzt und wo gibt es noch Nachholbedarf?

Christian Schareck: Der Fokus der Versicherer zu Beginn der Krise bzw. des „Lockdowns“ lag zunächst in der Aufrechterhaltung der vertrieblichen Schlagkraft und adäquaten Betreuung der Kunden. Hierfür wurden primär
Tools zu Online- und Videoberatung sowie zur Einholung von elektronischen Unterschriften eingeführt. Darüber hinaus wurden digitale Tools zur Ermittlung von bspw. Renten- und BU-Lücken vermehrt von Vermittlern eingesetzt. Die nächsten – hoffentlich nicht mehr rein pandemieverursachten – Weiterentwicklungen werden die noch stärkere Integration der technischen Vertriebsinstrumente in bestehende Prozesse sowie stetig verbesserte Ansätze der Analyse und Nutzung von Kundendaten im Rahmen von Predictive und Advanced Analytics sein.

In der umfassenden und stark bedarfsorientierten Betreuung der Bestandskunden liegt aus KPMG-Sicht das größte Potenzial der Versicherer. Der Vertrieb wird hierdurch in die Lage versetzt Versicherungslücken und CrossSelling-Möglichkeiten noch besser zu identifizieren und zu bedienen. Der Arbeitsalltag der Vermittler wird hierdurch erleichtert und effektiver, die Orchestrierung aller Online- und Offline-Kanäle wettbewerbsfähig gestärkt.

VWheute: Werden Roboadviser die menschlichen Vermittler irgendwann gänzlich ersetzen?

Oliver Riedel: Die Antwort auf die Frage baut auf dem soeben skizzierten Gedanken auf. Mehrere Aspekte sind hierfür entscheidend: Einerseits existieren in der Finanzbranche bereits Produkte, z.B. in der Vermögensanlage, in welchen sich der Roboadviser immer größerer Beliebtheit erfreut und die Kunden diesen als kostengünstige zusätzliche Alternative zum menschlichen Vermittler sehen.

Andererseits werden in der Versicherungsbranche insbesondere bei beratungsintensiven Produkten, wie in der Altersvorsorge, bei denen eine menschliche Interaktion über einen Vermittler heute präferiert wird, auch in Zukunft der präferierte Kommunikationskanal zum Abschluss bleiben. Dabei können seitens des Kunden in der Informationsbeschaffung Roboadviser in Zukunft sicher Anklang finden.

Bedarfe können aber über dieses technische Vehikel nur schwer geweckt und gleichzeitig das angesprochene notwendige Vertrauen vermittelt werden. Bei anderen, stärker standardisierten, weniger komplexen Produkten wie bspw. der Kfz-Versicherung, wird der Roboadviser in Zukunft ein stärkerer Wettbewerber für den menschlichen Vermittler sein. Letztlich wird der hybride Kunde gemäß seiner Präferenzen die Entscheidung treffen, welche Kommunikationsform und -wege er präferiert.

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des E-Vertriebsmagazins Der Vermittler.

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