Industrieversicherung: Mehr Klarheit gefordert

Quelle: Bild von Marc B auf Pixabay

Die Covid-19-Pandemie wirkt auf die Industrieversicherung in vielerlei Hinsicht wie ein Katalysator. Das wurde am zweiten Tag des virtuell abgehaltenen Symposiums des GVNW Gesamtverbandes der versicherungsnehmenden Wirtschaft e.V. deutlich. „Die Pandemie hat zwangsweise die Digitalisierung angeschoben“, sagte Henning Haagen, Chief Regions & Markets Officer, Regional Group 1 and Chief Underwriting Officer Specialty der AGCS Allianz Global Corporate & Specialty SE.

Er wie auch die übrigen Teilnehmer einer Diskussionsrunde berichteten über positive Erfahrungen und das Funktionieren von Homeoffice oder auch Remote Work. „Die letzten sechs Monate haben gezeigt, dass wir uns alle mehr zutrauen können, das heißt aber auch bei den Investitionen sehr bereit in diese Richtung zu gehen.“ Von mehr Digitalisierung verspricht er sich mehr Effizienz und eine transparentere Darstellung von Kosten. Dies könne sich dann letztlich auch im Preis bemerkbar machen.

Die drastisch gestiegenen Preise in der Industrieversicherung aufgrund der Marktverhärtung, Ausschlüsse und eine aus Sicht von Versicherungsnehmern und Maklern nicht ausreichende Kommunikation nahmen auch am zweiten Tag in der Diskussion breiten Raum ein. Die Krise habe zwar die Digitalisierung vorangebracht, „aber jetzt herrscht ein enormer Kostendruck. Wer getroffen ist, ist gezwungen noch effizienter zu sein“, sagte Martin Gary, Geschäftsführer der zur Lufthansa gehörenden Albatros Versicherungsdienste GmbH.

Digitalisierungsfortschritte bezögen sich nur auf Kooperations- und Arbeitsformen, nicht aber auf die Kernsysteme und die Bestandsverwaltung. Die Krise habe die Branche nicht vorangebracht, wenn parallel eine Betriebsschließungsversicherung zwei Jahre abgewickelt werden müsse. „Das muss in Zukunft andere Produkte geben“, so Gary. „Hier findet ein Umdenken auch hinsichtlich Captives, Eigentragung und Selbstbehalten statt.“ Andreas Berger, CEO Corporate Solutions und Member of Group EC der Swiss Re Corporate Solutions Ltd, sagte mit Blick auf eigene Innovationen beim Underwriting, dass sich die Digitalisierung „jetzt beschleunigt, weil die Kunden offener werden, das zu diskutieren.“

Bei der versicherungsnehmenden Industrie habe die Krise auf jeden Fall das Bewußtsein für wirklich elementare Risiken geschärft. Zum Streit um die Betriebsschließungsversicherung (BVS) und den Bayerische Kompromiss meinte Jochen Körner, Geschäftsführer der Ecclesia Holding GmbH: „Die Versicherer haben uns damit keinen Gefallen getan. Wir stehen wieder in der Ecke, nicht relevant zu sein.“ Gerade in der Krisenzeit würde er sich wünschen, dass es Versicherer und Kapazität gebe, die zusammen den Kunden helfe und mit Maklern neue Produkte entwickelten.

Er erinnerte daran, dass in der Vergangenheit als Reaktion auf die Verknappung von Versicherungsschutz mit Maklern Gesellschaften wie ACE, XL Capital und Mid Ocean gegründet wurden. „Wir stehen bereit.“ Alexandra Ganz-Cosby, Chefin der Artus AG, nannte den 15-Prozent-Vergleich in der Betriebsschließungsversicherung „lächerlich“. Sie rate ihren Kunden davon ab, ihn anzunehmen, weil sie dann keine weiteren Ansprüche gegen Versicherer und Makler stellen könnten und die Gerichtsurteile abzuwarten. Sie gehe davon aus, dass es im Markt auch Klagen gegen Makler geben werde.

GVNW-Vorstandsvorsitzender Alexander Mahnke berichtete, dass das BVS-Desaster nicht nur einige Verbandsmitgliedern beträfe, sondern ganz allgemein Unruhe ausgelöst habe. Es gehe wieder um die Reputation von Versicherung in Unternehmen. „Welchen Wert hat Versicherung, wenn diskutiert werden muss, wenn sie eingelöst werden soll?“ Solches Verhalten habe man bislang eher US-Versicherer zugeschrieben. Zudem fragt er, weshalb die Schäden aus der Pandemie zum großen Teil unversichert seien. „Wenn wir wissen, dass diese Pandemie kein schwarzer Schwan ist, warum haben wir uns nicht anders vorbereitet und wurden wir nicht anders vorbereitet?“

Alle Beteiligten gehen es auch um die Versicherbarkeit von Pandemie-Risiken, die in der letzten Zeit aber aus vielen Deckungen herausgestrichen wurde. Auch „Lehrbuchereignisse“ müssten so gestaltet werden, dass sie versicherbar seien, so Haagen. Mit den Kunden müsse über die Deckung offen gesprochen und gegebenenfalls ihre Erwartungen korrigiert werden. „Das Thema ist so groß, das wir es uns mit Abstand anschauen sollen und idealerweise in Harmonie.“

Autorin: Monika Lier

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