BU-Risiken brauchen eine staatliche Rückversicherungslinie

Coronavirus. Quelle: Bild von Pete Linforth auf Pixabay

Die Assekuranz soll nach den Worten von Carsten Zielke die Pandemie und den Klimawandel als Chance begreifen. Als größte Investorengruppe könnte sie mehr Einfluss auf Eindämmung des Klimawandels nehmen und über ihre Investments die „Re-Regionalisierung“ der Wirtschaft beeinflussen.

Somit werde diese weniger abhängig von ausländischen Lieferketten. Nach der Pandemie solle sie aber auch Industriekunden in der Betriebsunterbrechungsabdeckung beraten. Zielke fordert eine staatliche Rückversicherungslinie –  ähnlich der Extremus AG für Terrorrisiken. Andernfalls ließen sich nach der Pandemie keine Kapazitäten im ausreichenden Maße anbieten. 

Pensionskassen und Lebensversicherer werden die aktuelle Corona-Krise seiner Einschätzung nach „aussitzen“. Da der Staat Verbrauchern wie Unternehmen Einkommen bzw. Liquidität zur Verfügung stelle, würden die Verträge nicht realisiert. Die Versicherer hätten zuletzt ihre Engagements in Unternehmensanleihen erhöht, deren Spreads sich jetzt ausgeweitet hätten. Problematisch werde dies bei Unternehmenskonkursen.

Die Zielke Research Consult GmbH hat zum zweiten Mal in Folge die Corporate Social Responsibilty-(CSR-)Berichte von 41 Erst- und Rückversichern auf die Kriterien „Soziales“ und „Environment“ und Governance untersucht. „Das Thema Nachhaltigkeit fängt an, ernst genommen zu werden“, so Zielke bei der Vorstellung dieses Berichts. „Die Versicherer erkennen den Handlungsbedarf, tun sich aber leider noch schwer entsprechende Maßnahmen einzuleiten und umzusetzen.“ Daher gebe es noch „viel unausgeschöpftes Potenzial“ bei einigen Gesellschaften. Und: „Die Berichte bleiben unkonkret.“

Das Ergebnis: Die CSR-Berichte 2018 fielen in der Summe besser als 2017 aus. Die Gesamtpunktzahl der Untersuchung erhöhte um 13 Prozent. 18 (7) der Gesellschaften kommen jetzt immerhin auf eine positive Punktzahl. Im Durchschnitt werden 0,03 (- 1,08) Punkte erreicht, dabei geht die mögliche Spanne von 4 bis minus 4,3 Punkten. Die besten Werte erreichten Allianz und Debeka. Weitere Ergebnisse zu den einzelnen Gesellschaften finden sich unter www.check-deine-versicherung.de

Quelle: Zielke

Die Kriterien Soziales, Enviroment und Governance gingen jeweils zu einem Drittel in die Bewertung ein. Faktoren für die Bewertung von „Enviroment“ waren beispielsweise die Höhe des Ökostromanteils, der CO2 Ausstoß pro Mitarbeiter, konkrete Maßnahmen zur CO2 Reduzierung und natürlich die Anwendung und Organisation von ESG-Kritierien in der Kapitalanlage. Beim „Sozialen“ wurde der Frauenanteil in Führungspositionen (bis zur Abteilungsleiterin), die Kinderbetreuung, die sportliche Förderung von Mitarbeitern und die Inklusion von gehandicapten Beschäftigten gewertet.

Das Problem der CSR-Berichte ist, dass sie für börsennotierte Gesellschaften und Finanzinstitute mit mehr als 500 Mitarbeitern zwar seit 2018 Pflicht sind, es aber keine Standards für die Umsetzung gibt. Das fängt schon mit der Veröffentlichung an. Für die Untersuchung habe man auf den Webseiten der Unternehmen teilweise arg suchen müssen, so Zielke.

Für die Berechnung des CO2-Ausstoßes gebe es keine einheitliche Methodik. Viele Gesellschaften veröffentlichten nur Einzelwerte, die wenig aussagten. Und diese seien dann oft auch noch falsch berechnet oder ließen sich nicht nachvollziehen.

Der Talanx-Konzern wende im CSR-Bericht beispielsweise nicht die gleichen Konsolidierungsregeln wie im Jahresabschluss an und die Öffentliche Braunschweig habe 2017 nur den Wert der Sachversicherung angegeben. Die Zurich nenne im Bericht 2018 keinen CO2 Ausstoß mit Verweis darauf, dass dieser erst im zweiten Quartal 2019 zur Verfügung stünde. „Leider ist dieser Wert bis heute nicht verfügbar“, kritisiert Zielke.

Inklusion ein Fremdwort

Auch beim Sozialen fehlt noch einiges: „Inklusion scheint für die Versicherer noch immer ein Fremdwort zu sein“, so Zielke. Nur acht Versicherer würden überhaupt einen Anteil von Behinderten an der Gesamtbelegschaft ausweisen. Und von diesen schafften es nur drei über den gesetzlichen Anteil von fünf Prozent.

Laut Analyse haben nur Condor, Barmenia, Helvetia und die Stuttgarter auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Lebensversicherungspolicen. Die Qualität ihrer CSR-Berichte stehe dabei nicht immer im Einklang mit den angebotenen Produkten. Zielke stellt hier die Frage nach der Glaubwürdigkeit.

„Wir sehen die Gefahr, dass die Produkte und die Karrierechancen in dieser Branche für junge Leute unattraktiv werden“, sagte der Analyst. Aus dem Umfeld junger Leute und Personalverantwortlicher bei Versicherern sei immer öfter zu hören, welch wichtige Rolle der CSR-Auftritt von Unternehmen beim Recruiting habe.

Autorin: Monika Lier

Ein Kommentar

  • Die letzte Aussage ist falsch: Wenn ein Kunde möchte, kann er selbstverständlich bei vielen weiteren Versicherern im Rahmen der Fondsgebundenen Lebens-/Rentenversicherung eine durchgehend nachhaltige Kapitalanlage erwerben!

    Ansonsten ist vieles an dem Thema jedoch Makulatur und Vergeudung von Ressourcen, da nicht eine Investition von Finanzinvestoren CO2 oder neukleare Abfälle erzeugt, sondern das wirken in der Realwirtschaft. Nur dort sind reale Effekte erzielbar, alles andere ist nur Crowding Out und Verschiebung der „schmutzigen“ Wertpapier-Anlagen in andere Hände!

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