Digitalisierung konkret: Welche IT-Optionen haben die Versicherer?

Zur Frage "Versicherungs-IT - Quo vadis!?" diskutierten (vlnr): Dr. Gerrit Böhm, Mitglied der Vorstände Volkswohl Bund Versicherungen, Olaf Frank, Global Application Development Officer Munich Re, Jürgen Weiss, Practice Vice President Gartner und Rainer Sommer, COO Generali Deutschland AG unter der Moderation von Jörg Puchan, Professor für Angewandte Informatik an der Hochschule München. (Quelle: Alexander Kaspar)

KI, Robotik, Cloud und IoT, das Wörterbuch der Versicherungswirtschaft ist unter dem Stichwort Digitales in den letzten Jahren um einige neue Begriffe erweitert worden. Auch was sie bedeuten und was sie funktional liefern ist den meisten Beteiligten der Branche geläufig. Doch wie konkret haben die Finanz- und Versicherungsindustrie diese Themen bislang mit Leben erfüllt und in die Praxis transferieren können? Auf dem MCC-Seminar IT-Optionen für Versicherungen in Köln war es Zeit für eine erste Bilanz. Was ist hype und was ist real?

Einen geringen „digitalen Reifegrad“ attestiert Jürgen Weiss, Practice Vice President und Global Financiel Service Industry Research and Advisory bei Gartner der Versicherungswirtschaft am Standort Deutschland. Niemand betrachtet sich, gemäß Umfragen und Untersuchungen, hierzulande als „digital leader“. Vielmehr richtet sich der Blick der Branche auf die großen Tech-Giganten in den USA und China mit dem Ergebnis, dass jeder heute „agile“ oder „disruptive“ sein will.

Dabei besteht jedoch das Risiko, so Jürgen Weiss in seinem Vortrag mit der Überschrift „Top Ten IT Trends für die Versicherungsbranche“, im digitalen Buzzword-Gewitter dass Kind gleich mit dem ganzen Bade auszuschütten. Konkret die Rolle der CIOs hat sich nach der Einschätzung von Weiss in den letzten Jahren deutlich verändert. Heute stehen Fragen und Themen im Raum, wie NPS, wie kann ich kundenorientierte Lösungen implementieren, wie lassen sich Produkte und Services generieren, die sogar über das eigene Unternehmen hinausreichen? Antworten darauf gibt der IT-Spezialist hier im Video-Interview:

Keinen Stein auf dem anderen beläßt derzeit z.B. die Generali Deutschland AG bei ihrem digitalen Umbau. Deren Vertreter, COO Rainer Sommer, berichtet, dass die Generali erst am vergangenen Montag rund 4000 Mitarbeiter „bewegt“ hat, das neue Gruppen gegründet und neue Cluster gebildet wurden. „Innovatioin muss“, so Sommer in seinem leidenschaftlich vorgetragenen Beitrag, „von allen Seiten befeuert werden, von innnen und von außen“, dabei muss die IT Treiber sein, ist sich der Manager sicher. In diesem Zusammenhang fordert Sommer nicht ganz unberechtigterweise, auf den Kunden zu hören. In den Mittelpunkt wollen ihn ja seit ein paar Jahren alle Anbieter stellen, aber man muss auch auf ihn hören, so Sommer hier in seinem Vortrag. 


Die Kundenbedürfnisse stehen auf der einen Seite der Digitalisierung, die eigenen Mitarbeiter jedoch auf der anderen. Und auch hier hat eine verantwortungsvolle Unternehmensführung große Herausforderungen zu meistern. Das gilt ganz besonders, bei der Einführung neuer Systeme. Wie nimmt man sie also mit, die Mitarbeiter und vor allem die IT-ler um die sich das Management angesichts des drohenden Fachkräftemangels in eben diesem Bereich ganz speziell kümmern sollte?

Antworten aus diesem Maschinenraum der Branche gaben im Rahmen einer Podiumsdiskussion Andreas Nolte, Geschäftsführer der Allianz-Ausgründung Syncier GmbH, einer neuen Plattform die auch den Mitbewerbern zur Verfügung gestellt wird, Michael Konrad, Leiter der IT bei der Stuttgarter Lebensversicherung a.G., welcher die Meinung vertritt „Digitalisiert ist man, wenn analog als Special Service angeboten wird“, und Martin Setzer, CIO der Viridium Gruppe, die soeben die Leben-Bestände der Generali übernommen und in einem für deutsche Verhältnisse einzigartigen Migrationsvorgang völlig neu konfektioniert hat.  

Ein weiteres Problem, welches sich bereits am Horizont abzeichnet aber mit seiner Dringlichkeit noch für erhebliche Unruhe, nicht nur in der Versicherungswelt, sorgen dürfte, ist der Umstand, dass in den nächsten zehn Jahren rund die Hälfte aller IT-Fachkräfte in den Ruhestand abwandern werden, bei gleichzeitig ausbleibendem Nachwuchs, der, wenn er sich schon für das anspruchsvolle Terrain IT entschieden hat, dann doch lieber zu den smarten Big Techs wie Googel, Amazon, SApple und Co. orientiert. Droht in Deutschland mittelfristig also die „digitale Steinzeit“? Nein, sie droht nicht, sie ist schon da, wenn man den Blick über den Tellerand lenkt, wie dies die zweite Podiumsdiskussion mehr als deutlich macht:

Heute geht es beim MCC-Seminar „IT-Optionen für Versicherungen“ um die Themen Next Level, Blockchain, KI, Robotic und Process Mining“. VWheute berichtet weiter.

Autor: Alexander Kaspar