Jenssen: Makler „sollen nur Produkte angeboten werden, die den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden passen“

Arias-Tagung in Hamburg. Quelle: Thomas Soltau

Wenn die ARIAS Deutschland e.V. ihre Mitglieder zur Jahrestagung ruft, dann stehen interessante Themen auf der Tagesordnung. Der Verein wurde von führenden Vertretern des deutschen Erst- und Rückversicherungsmarktes gegründet. In einem Umfeld des Run-offs ehemals bedeutender Rückversicherer sollte die Möglichkeit zur alternativen Streitbeilegung durch hinreichend qualifizierte Schiedsrichter geschaffen werden. Bei strahlendem Sonnenschein am Hamburger Hafen konnten sich die Besucher am zweiten Tag auf sieben Referenten aus den unterschiedlichsten Feldern freuen.

Den Anfang machte Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführender Vorstand des BDVM. In seinem Vortrag behandelt Jenssen das moderne Anforderungsprofil für Versicherungsmakler. Wo stehen Vermittler heute und wie geht mit dem Maklerberuf in Zeiten von Digitalisierung, steigendem Wettbewerbsdruck und zunehmenden Regularien weiter? Dazu zählt etwa die umfassende Beratungspflicht im Internet.

„So muss der Makler dem Kunden gleich beim Kontakt ausreichende Erstinformationen geben. Zudem sollen nur Produkte angeboten werden, die den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden passen“, sagt Jenssen. Eine rechtssichere Dokumentation ist dabei genauso Pflicht wie eine regelmäßige Weiterbildung von 15 Stunden im Jahr. Eine weitere wichtige Frage war: Wann ist der Makler Hersteller eines Produktes? Denn wer das Produkt ausgestaltet, ist auch Risikoträger.

Nach einem hochkomplexen Vortrag über „Attachment Point, Drop Down und vertikaler Beteiligung der Layer in der Mitversicherung“ von Robert Koch übernahm Ulrich Stahl von Lebhun & Puchta das Mikro. Sein Thema beleuchtet die „Funktionalität und Wirksamkeit von Führungsklauseln in der Mitversicherung.“ Das Interesse des Versicherungsnehmers ist bei allen Konstellationen identisch: Bei Eintritt des Versicherungsfalls mochte er sich nicht mit sämtlichen Versicherern auseinandersetzen müssen, sondern seine Ansprüche nur an einen Ansprechpartner richten. Kommt es nach einem Rechtsstreit zu einer Regulierungsentscheidung, soll diese nach Möglichkeit alle anderen beteiligten Versicherer binden.

Diese Zielvorstellungen lassen sich durch die Vereinbarung einer Führungsklausel erreichen. „Liegt eine Vereinbarung mit Führungsklausel vor, also ein Vertrag zwischen Versicherungsnehmer und führender Versicherung, dann ist das keine Mitversicherung, sondern rechtlich gesehen eine Rückversicherung. Das hat durchgreifende Konsequenzen, denn der Versicherer hat dadurch eine stärkere Führungskraft als in der Mitversicherung“, betont Stahl. Im konkreten Fall bedeutet das, wenn ich als führende Versicherung eine unpopuläre Entscheidung treffe, müssen die Mitversicherer mitziehen. Im Falle der Fußball-WM 2002 hatte das für eine Versicherung samt Mitversicherten zu finanziellen Einbußen gesorgt.

Zum Abschluss der Tagung ging es noch einem über den Atlantischen Ozean, genauer gesagt in die USA. „Die Opiodkrise – Massenklagen in den USA“, dieses brisante Thema behandelten Katrin Müller und David Teran, Legal Counsels der E+S Rück. In den USA ist ein Grundsatzurteil zu den Folgen der Opioid-Krise, also der Schmerztabletten-Abhängigkeit vieler US-Bürger, gefallen. Ein Gericht in Oklahoma verurteilte den Pharmahersteller Johnson & Johnson jüngst zu einer Geldstrafe von 572 Millionen Dollar.

Der Konzern habe die Gesundheit und Sicherheit tausender Bürger in Oklahoma durch irreführendes Marketing und aggressiven Vertrieb der opioid-haltigen Schmerzmittel gefährdet. In den USA laufen tausende Verfahren betroffener Bundesstaaten und Kommunen. Weitere Verfahren mit hohen Milliardenforderungen werden erwartet. „In welche Richtung es für die Versicherungen geht, es noch nicht klar. Ich kann Versicherungen nur dringend raten, Rücklagen für Regressansprüche zu bilden. Denn ohne Zahlungen werden die Versicherungen vermutlich nicht aus der Sache herauskommen“, sagt Katrin Müller.

Autor: Thomas Soltau