Versicherer und Social Media: Das sind die größten Fehler der Branche

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US-Präsident Donald Trump macht es vor: Sein Gezwitscher in den sozialen Medien sorgt weltweit für Aufmerksamkeit. In den Chefetagen der Versicherer geht es indes deutlich ruhiger zu. Denn „Versicherungsvorstände müssen nur erkennen, welche Möglichkeiten ihnen die aktive Kommunikation mit Hilfe der sozialen Medien bietet“, glaubt Social-Media-Experte MarKo Petersohn von Ass im Ärmel im Exklusivinterview mit VWheute.

Viele Versicherer sind mittlerweile in verschiedenen Social-Media-Kanälen vertreten. Mehr schlecht als recht oder mehr recht als schlecht: Wie ist Ihre Ansicht?

Seit 2012 beobachte ich mit As im Ärmel die Versicherungsbranche. Und wenn ich den gesamten Zeitraum betrachte, dann kann ich eine enorme positive Entwicklung in Sachen Social Media erkennen. Egal ob es die Anzahl der Kanäle, ihre Integration in die gesamte Kundenkommunikation oder auch nur das CI-konforme Design, überall ist ein hoher Professionalitätsgrad sichtbar.

Ebenso hat man verstanden, dass Social Media Kanäle keine Werbekanäle sein sollten und den inhaltlichen Fokus weg von den Versicherungen und hin auf die Nutzer gelegt. Allerdings und hier kommt das große ABER fokussiert man sich hierbei primär darauf, mit den eigenen Inhalten die Nutzer zu unterhalten. Und das ohne, dass die eigene Marke letztendlich davon profitiert und man somit das rare Gut der Aufmerksamkeit verschwendet.

Alles in allem würde ich konstatieren, dass sich die Versicherungsbranche zunehmend professionell mit ihren Social Media Kanälen präsentiert, nur auf der inhaltlichen Ebene noch viel Luft nach oben ist.

Erst vor wenigen Tagen hatte die Hannoversche als Social-Media-Neuling kokettiert: Damit habe man zeigen wollen, dass man lieber solide versichern wolle, statt Trends hinterherzurennen. Wie bewerten Sie solche Aussagen und Aktionen? Und wo liegen die Fallstricke für Versicherer?

Hätte man den Fokus tatsächlich auf solides versichern gelegt, dann wäre ich begeistert. Nur seh ich bei der Hannoverschen genau das, was ich schon eben erklärte und bei vielen Versicherern beobachte. Alle sind zutiefst darauf bedacht bloß nicht langweilig, dröge und wie eine typische Versicherung zu wirken und wollen stattdessen lieber unterhaltsam, lustig oder manchmal sogar sexy sein. Und das halte ich für einen der größten Fehler der Branche.

Im Bestreben möglichst amüsant zu sein, amüsieren Versicherer im schlimmsten Fall ihre Marke zu tote. Wer möchte schon eine Versicherung bei einem Clown abschließen? Würden Sie einem Clown vertrauen? Würden Sie Ihre Sicherheit oder gar die Sicherheit ihrer Kinder jemandem anvertrauen, der alles nur ironisch und mit einem Augenzwinkern meint? Und so nehme ich auch die Werbeaktivitäten der Hannoverschen wahr. Ich weiß, dass wir (noch) in einem ironischen Zeitgeist leben, aber zum einen endet er gerade und zum anderen bezweifle ich vehement, dass man mit Ironie das Vertrauen in eine Versicherung stärkt, sondern befürchte vielmehr das Gegenteil.

Bislang sind Versicherungsmanager nur selten auf sozialen Netzwerken vertreten. Fremdeln Versicherungsmanager mit sozialen Netzwerken oder braucht es erst noch einen Generationenwechsel?

Ich glaube der Generationenfaktor ist nur bedingt relevant. Denn schaut man sich die heute 20jährigen etwas genauer an, dann stellt man fest, dass dort bei weitem nicht alle Social Media süchtig sind und beständig posten. Ganz im Gegenteil, die meisten konsumieren eher, als dass sie produzieren. Auf der anderen Seite haben wir einen Donald Trump. Er ist über 70 und hat Social Media nicht nur für sich entdeckt, sondern Twitter zu seinem wichtigsten Kommunikationskanal gemacht. Was man davon hält, steht auf einem anderen Blatt. Es zeigt nur, dass die Social Media Nutzung keine Frage des Alters ist, sondern eine des Mindsets. Und ich glaube, Versicherungsvorstände müssen nur erkennen, welche Möglichkeiten ihnen die aktive Kommunikation mit Hilfe der sozialen Medien bietet.

Warum wäre Social Media wichtig für Versicherungsvorstände und was kann gewonnen werden?

Enorm viel! Denn man kann Agenda Setting ohne den Umweg über Medienvertreter betreiben. Man kann den Weg über Pressevertreter nutzen, muss aber nicht mehr alles über sie kommunizieren. Man hat viel mehr Macht darüber die Wahrnehmung der eigenen Person zu steuern. Mit Hilfe von Social Media können sich Vorstände viel mehr als Gesichter des Unternehmens positionieren und profilieren. Und gerade in einer Zeit in der Köpfe wichtiger als Marken werden, kann ich es nur jedem Vorstand empfehlen. Allerdings auch nur, wenn sie die Social Media Kommunikation tatsächlich zum Großteil selbst übernehmen oder zumindest aktiv steuern. Sie müssen nicht wissen wie man eine Instagram-Story erstellt, aber sie müssen wissen was sie darin sagen und wie sie darin wirken. Wenn das der Fall ist, dann sollten sie besser heute als morgen starten. Wenn es nicht der Fall ist, dann Finger weg von Social Media!