„Gerade jetzt ist die Zeit, um in Venture-Capital zu investieren“
PropTech1 Ventures investiert in europäische Start-ups, darunter auch in Insurtechs wie FloodFlash. Was hinter dem Konzept und dem Portfolio steckt, welche Performance im schwierigen Börsenjahr zu erwarten ist und warum auch Versicherer wie die Baloise zu den Investoren gehören, erklärt Nikolas Samios, Managin-Partner bei PT1 – PropTech1 Ventures, im Exklusiv-Interview.
VWheute: Das laufende Börsenjahr ist mit Verlusten gepflastert. Ihr Fonds investiert in Start-ups. Wie sieht da bislang die Performance aus und wo wird sie am Ende des Jahres stehen?
Nikolas Samios: Gut, und zwar absolut, aber natürlich insbesondere auch relativ zu den Public Markets. Das hängt zum einen damit zusammen, dass frühphasiges Venture-Capital bei Weitem nicht so bewertungsempfindlich auf z.B. einen NASDAQ-Rückgang reagiert, wie die Spätphase, zum anderen aber sicher auch, dass wir eher „schwäbisch“ investieren. Wir rennen also nicht den großen Hypes hinterher, sondern suchen sinnvoll bewertete Start-ups mit einer „jetztfähigen“ Lösung. Last but not least haben viele unserer Start-ups auch die nächsten Jahre Sonderkonjunktur, da sie thematisch von der sich laufend beschleunigenden, nachhaltigen, wenn sie so wollen „grünen“ Transformation des Immobiliensektors profitieren.
VWheute: Würden Sie sagen, dass angesichts der Krise, das Geld bei Investoren nicht mehr so locker sitzt und viele sich das zweimal überlegen? Oder ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um günstige Anteile zu erwerben?
Nikolas Samios: Beides. Es gibt natürlich potenzielle Anleger für uns, insbesondere große Immobilienentwickler, bei denen jetzt erstmal durch Zinswende und gestiegene Baukosten die Stimmung etwas gedämpft ist, bis sich diese Märkte wieder etwas stabilisieren. Zugleich sind aber z.B. Assetmanager, Versicherungen, Family-Offices und andere große Vermögen, die viele Immobilien-Assets halten, bereits sehr gut im Thema, müssen von uns also im Jahr 2022/2023 nicht mehr „überzeugt“ werden, dass Investments in transformative Immobilien-Technologien Sinn ergeben. Und historisch war es in oder kurz nach einer Finanzkrise immer die beste Zeit, um in Venture-Capital zu investieren, dazu liegen bereits Dekaden an Daten vor. Entsprechend konnten wir auch bereits kurze Zeit nach Sondierungsstart die Absicherung der First-Closing-Schwelle unseres neuen zweiten Fonds-Jahrgangs auf der EXPO Real im Oktober bekannt geben.
VWheute: Wie läuft so eine Finanzierungsrunde in der Frühphase ab? Macht das Start-up einen Pitch vor Investoren und manche sind dabei und andere sind dann weniger überzeugt und springen ab?
Nikolas Samios: Unter anderem. Start-ups finden ihre Investoren vereinfacht entweder so, wie von Ihnen skizziert, oder Investoren finden Start-ups andersrum durch aktive Recherchen im Markt. Wir machen statistisch beides etwa zu einem Drittel und der Rest kommt durch unser Netzwerk zu uns, also z.B. Co-Investoren, Business Angel, Family-Offices, Seriengründer, aber auch unsere Fondsgesellschafter, die ein interessantes Thema auf dem Tisch haben, uns dann aber als Experte um eine zweite Meinung bitten.
VWheute: Ihr erster Venture Fund war mit 50 Mio. Euro überzeichnet und gewann über 40 Investoren. Wie unterscheidet sich Ihr Anlagekonzept von anderen Fonds, die in Start-ups investieren?
Nikolas Samios: Das wichtigste Unterscheidungskriterium ist sicherlich, dass wir einer der wenigen thematisch fokussierten VC-Investoren sind. Wir beschäftigen uns also, mit einem vergleichsweise großen Team, mit nichts anderem und haben so die aus unserer Sicht bereits größte Datenbank in Europa zum Thema Real Estate Innovation geschaffen. Zugleich profitieren die Gründerteams eben von diesem Themenfokus, in aller Regel können wir also schneller mit Gründern auf Augenhöhe über ihre Märkte und Strategien sprechen und dann auch post-Investment mehr Türen öffnen und besseres Sparring bieten. Für unsere Fonds-Gesellschafter realisieren wir so neben einer hoffentlich attraktiven Finanzrendite auch einen strategischen Mehrwert: Jeder hat selber eine Immobilien-Allokation, viele sind auch an operativen Immobilienentwicklern oder -verwaltern beteiligt. Über unsere Daten und Einblicke können wir unseren Fonds-Gesellschaftern exklusiv Eindrücke, Wissen, Zugang und Co-Investmentmöglichkeiten bieten.
VWheute: PropTech1 investierte in das britische Insurtech FloodFlash, das mithilfe parametrischer Versicherungstechnologie, Hochwasserkatastrophenschäden innerhalb von 48 Stunden auszahlt. Auch Munich Re war einer der Geldgeber. Haben Sie bei sich im Team Versicherungsexperten, die das Potenzial von solchen Firmen erkennen oder wäre es nicht klüger, in diejenigen Insurtechs zu investieren, an denen bereits Versicherer beteiligt sind?
Nikolas Samios: Gemäß Ihrer Frage wäre es schlau, die Expertise des Versicherungsbereichs einfließen zu lassen. Beim Thema Flutschäden – bzw. auch allgemein dem leider zunehmend relevanten Thema der Risiken aus Klimawandelfolgen – gibt es vermutlich nicht viel bessere Experten als die der Munich Re. FloodFlash, gegründet übrigens von langjährigen Versicherungsprofis, hatte bereits operativ mit der Munich Re, aber auch anderen großen Namen der Industrie zusammengearbeitet. Dass die Munich Re also als Insider dann Co-investiert hat, ist natürlich eine weitere Validierung für unsere Investmentthese. Wir stützen uns aber nie exklusiv in der Bewertung auf Co-Investoren. So haben wir beispielsweise zahlreiche Reference Calls mit dem involvierten Versicherungsvertrieb, den Kunden sowie eine eigene Due Diligence durchgeführt.
VWheute: Einer Ihrer Investoren beim „Fund I“ ist die Baloise. Versicherer gehen aber ungern hohe Risiken bei ihren Investments ein. Ist die Rendite so sicher, dass der Fonds auch für institutionelle Anleger attraktiv ist?
Nikolas Samios: Natürlich ist ein einzelnes „Venture“ ein Risikoinvestment, das steckt ja schon im Gattungsbegriff. Jedoch investieren wir ja nicht 100 Prozent eines Fonds in ein Start-up, sondern haben pro Jahrgang ca. 20 Start-ups im Portfolio, auch wiederum in sich diversifiziert aus verschiedenen Subbereichen des Themas PropTech/ConstructionTech. Auch würde ich persönlich unser Teilsegment des VC-Kosmos als eher greifbar bezeichnen: Wir investieren eben nicht in theoretisch tolle Blockchains oder AdTech-Unternehmen, sondern in konkret greifbare Technologien für die größte physische Assetklasse der Welt, entlang naheliegenden Megatrends wie z.B. der Welle neuer grüner Regulatorik. Auch investieren wir als Team einen siebenstelligen Betrag, haben also „Skin in the Game“, verfügen über ein sicher erstklassiges Investment Committee Panel, eine State-of-the-Art-Governance und bereits zum zweiten Mal VAG-Konformität und auch SFDR-Artikel-8-Klassifizierung. Sehr viel mehr Absicherung ist handwerklich, denke ich, kaum möglich. Mindestens als Beimischung scheint unser Fonds also zugänglich und attraktiv zu sein.
VWheute: Nach dem Erfolg von Fund I arbeiten Sie daran, Investoren für den Fund II zu gewinnen. Wie unterscheidet sich dieser vom ersten Fonds, aus welchen Branchen stammen vielversprechende Start-ups und was können Anleger hierbei erwarten?
Nikolas Samios: Fonds II ist erstmal recht unspektakulär die Fortführung der erprobten Fonds-I-Methodik. Der Fonds ist lediglich mit 100M EUR Zielvolumen doppelt so groß angelegt wie Fonds I, hat also etwas mehr „Firepower“ je Portfolioposition und ggf. auch ein paar mehr Investments in Summe. Zusätzlich profitieren wir bei Fonds II von derzeit günstigen Einstiegsbewertungen, unserer deutlich gewachsenen Pipeline von derzeit typisch über 150 Investmentoptionen, die wir aus unserem Universum in Europa zwischenzeitlich monatlich(!) generieren und unserer gewachsenen Bekanntheit im Markt. So wurden wir z.B. vom führenden Immobilienverband ZIA gebeten, die Co-Leitung der sog. PropTech-Plattform zu übernehmen oder sind zwischenzeitlich auch als Digitalbeirat im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aktiv – alles Themen, die uns Grund zur Annahme geben, dass ein Fonds II ggf. sogar mit noch besseren Voraussetzungen startet als unser First-Time-Fonds.
Die Fragen stellte VWheute-Redakteur David Gorr.