TH-Köln-Professor Arnold: „Neue Arbeitswelten erfordern neue Kompetenzen“

Professor Dr. Rolf Arnold, Geschäftsführender Direktor vom Institut für Versicherungswesen ivwKöln. Bildquelle: TH Köln

„Wir verändern unsere Curricula systematisch immer wieder im Abgleich mit den Kompetenzanforderungen der Praxis“, erklärt Professor Dr. Rolf Arnold. Im Interview mit VWheute spricht der Geschäftsführende Direktor vom Institut für Versicherungswesen ivwKöln, über angepasste Lehrpläne an die digitale Arbeitswelt und Herausforderungen während der Pandemie.

Versicherungswirtschaft: Das Herbst-Semester hat angefangen. Sind die Studierenden und Professoren wieder froh, Präsenzunterricht zu haben?

Rolf Arnold: Studierende und Professoren haben bereits das Sommersemester 2022 wieder in Präsenz an der TH Köln erlebt. Das Wintersemester wird daher wie gewohnt mit vielen Begegnungen angeboten. Allerdings bieten wir für die ersten drei Semester alternativ auch ein Online-Angebot an. Dadurch erhöht sich die Flexibilität für die Studierenden und wir ent­wickeln unser Online-Angebot weiter.

Versicherungswirtschaft: Hatten die letzten Corona-Jahre Auswirkungen auf den Notendurchschnitt an Ihrem Institut?

Rolf Arnold: In der Gesamtheit der Prüfungen ist der Notendurchschnitt in den Corona-Jahren stabil geblieben. Die didaktische Gestaltung der Online-Veranstaltungen wie auch die Durchführung der reinen Online-Prüfungen waren für die Studierenden neue Herausforderungen, die sie aber gut bewältigt haben. Mittlerweile werden wieder reine Präsenzprüfungen durchgeführt. 

Versicherungswirtschaft: Wenn man Bilanz zieht über die vergangenen zwei Jahre: Was waren die größten Herausforderungen einer Universität bezüglich der Organisation während einer Pandemie und mehreren Lockdowns?

Rolf Arnold: Zu Beginn waren die technische Umstellung auf den Online-Betrieb und zugleich die didaktische Anpassung der Lehrveranstaltungen mit Diskursmöglichkeiten die wesentlichen Herausforderungen. Durch kontinuierliches Lernen, technisch, didaktisch und kommunikativ haben wir mittlerweile ein Bildungsprogramm, das Präsenz und Onlinegestaltung gut miteinander verbindet.

Zusätzlich stellte die Durchführung von Symposien und anderen Großveranstaltungen zum Studienbeginn und -abschluss mit Begegnungscharakter permanent eine Herausforderung dar. Die Durchführungsregelungen mussten immer wieder flexibel angepasst werden. Das 26. Kölner Versicherungssymposium wurde so im Herbst letzten Jahres drei Tage vor der Durchführung von Präsenz auf Onlinedurchführung umgestellt und konnte mit permanenten 180 Teilnehmern erfolgreich durchgeführt werden.

Versicherungswirtschaft: Wir leben in bewegten Zeiten. Auch die Versicherungswelt verändert sich. Hat sich etwas in den vergangenen Jahren bezüglich der Anforderungen an die Studierenden geändert, sodass auch die Lehrpläne verändert wurden (eventuell digitales Know-how)?

Rolf Arnold: Wir verändern unsere Curricula systematisch immer wieder im Abgleich mit den Kompetenzanforderungen der Praxis. So sind im aktuellen Bachelorstudiengang Risk & Insurance verstärkt Schnittstellenkompetenzen und digitale Kompetenzen integriert worden und die Schwerpunktbildung ist nach Risikobedarfsfeldern statt wie bisher nach klassischen Versicherungssparten durchgeführt worden.

Aktuell gibt dazu unser 27. Kölner Versicherungssymposium am 24. November 2022 unter dem Thema „Neue Arbeitswelten in der Versicherungswirtschaft – Herausforderungen für die Unternehmen, für die Hochschulbildung und durch die Nachwuchsgeneration“ dazu mehr Einblicke. Interessierte Leserinnen und Leser sind herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist über unsere Webseite bis Mitte November möglich.

Versicherungswirtschaft: Haben Sie Kenntnis und Zahlen, dass jemand nach dem Abschluss an der TH Köln im Vorstand bei einem Versicherer gelandet ist? Oder wo kommen die meisten Ihrer Studenten unter, auch außerhalb der Assekuranz?

Rolf Arnold: Die jährlich über 200 Absolventinnen und Absolventen unserer versicherungswissenschaftlichen Studiengänge entwickeln sich in den vielen nationalen und internationalen Versicherungsunternehmen, Beratungsunternehmen, Industrieunternehmen und Maklerbetrieben sehr unterschiedlich. Von der Agenturleiterin über den Underwriter, den Wirtschaftsprüfer, der Ausbildungsleiterin bis hin zu Vorstandsmitgliedern ist alles dabei. Wesentlich ist für uns, dass das Studium und der Abschluss jungen Menschen weiterhin sehr gute individuelle Entwicklungschancen ermöglicht. Und das wird uns regelmäßig durch die Unternehmen und auch unsere Alumniorganisation bestätigt.

Versicherungswirtschaft: Untersuchungen zeigen, dass etwa 20 Vorstände von Dax-Unternehmen (inklusive MDax und SDax) an der Universität Köln studiert haben. Fast ebenso viele kommen von der RWTH Aachen. Woran liegt das? 

Rolf Arnold: Eine einfache mathematische Antwort auf diese Frage ist: Die Universität zu Köln und die RWTH Aachen haben jeweils ca. 50.000 Studierende – das ivwKöln hat ca. 1.000 Studierende.

Versicherungswirtschaft: Liegt es auch daran, dass in den Chefetagen der Versicherer ehemalige Berater sitzen und deren Allround-Fähigkeiten besser für eine CEO-Stelle konzipiert sind, als wenn jemand vom Institut für Versicherungswesen kommt?

Rolf Arnold: Zum Beratungshintergrund lässt sich sagen, dass wir in den eigenen Reihen mit den Professoren Torsten Oletzky (früher McKinsey), Michaele Völler (früher BCG) und Matthias Wolf (früher Milliman und KPMG) sowie Benedikt Funke (früher Oliver Wyman) mehrere ehemalige Berater haben. Auch unsere Absolventen und Absolventinnen sind zudem bei Beratungsunternehmen sehr begehrt. Unser Beitrag für die Unternehmenswelt insgesamt ist seit nun über 50 Jahren: Wir qualifizieren jedes Jahr junge Menschen mit dem Fokus Risikomanagement und Versicherung. Diese Nachwuchspotenziale starten und entwickeln sich in den unterschiedlichen Aufgabenfeldern. Seit 1971 sind es ca. 10.000 junge Menschen. Darunter auch mehrere Mitglieder von Unternehmensvorständen.

Versicherungswirtschaft: Wegen der Energiekrise kündigten einige Unis bereits Sparmaßnahmen an. Wird an Ihrem Institut ebenfalls an Strom gespart und die Heizung runtergedreht im Winter?

Rolf Arnold: Das ivwKöln ist Teil der TH Köln. Die TH Köln hat neben den allgemeinen Regelungen zur Energieeffizienz und zum Energiesparen noch keine aktuellen Maßnahmen angekündigt.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur David Gorr