Jörg Kukies: „Versicherer haben in der Coronakrise ihre Widerstandsfähigkeit bewiesen“

Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Quelle: Florian Gaertner / photothek.net

Die Gesamtverschuldung Deutschlands ist durch die Corona-Pandemie mittlerweile auf rund 2,2 Billionen Euro gestiegen. „Auf Basis der aktuellen Wachstumserwartungen der Bundesregierung ist davon auszugehen, dass sie bis zum Jahr 2032 wieder auf das Niveau sinkt, das wir vor der Pandemie hatten“, sagt Jörg Kukies. Im Interview spricht der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen mit der Versicherungswirtschaft über den Kampf gegen die Pandemie und die Rolle der Branche.

VWheute: Wie steht Deutschland finanziell da? Oder anders gefragt: Wie schmerzhaft war Corona für den deutschen Haushalt?

Jörg Kukies: Die Pandemie stellt uns alle vor große Herausforderungen. Wichtig ist aber: Wir haben die wirtschaftliche Kraft, alle gesundheitspolitischen und sozialen Folgen der Krise abzufedern. Dabei bleibt die Verschuldung vergleichsweise niedrig. Der Anstieg der Staatsverschuldung ist in dieser Krise deutlich geringer als nach dem Ende der Wirtschafts- und Finanzkrise, wo wir Schuldenquoten von über 80 Prozent gesehen haben. Auch im internationalen Vergleich ist unsere Schuldenquote weiter niedrig – die niedrigste aller G7-Staaten. Auf Basis der aktuellen Wachstumserwartungen der Bundesregierung ist davon auszugehen, dass die Staatsverschuldung bis zum Jahr 2032 wieder auf das Niveau sinkt, das wir vor der Pandemie hatten.

VWheute: Halten Sie den Weg zurück zu einer „schwarzen Null“ in naher Zukunft für realistisch?

Jörg Kukies: Klar ist: Wir werden noch einige Zeit mit den Folgen der Pandemie zu tun haben. Die Steuereinnahmen werden auch in den folgenden Jahren hinter dem zurückbleiben, was wir vor der Pandemie erwartet haben. Gleichzeitig bleiben die Aufwendungen zum Schutz unserer Gesundheit und zur Abfederung der Folgen der Pandemie weiter hoch.

VWheute: Sollte eine „schwarze Null“ überhaupt ein Ziel sein in
der Post-Angela-Merkel-Ära?

Jörg Kukies: Wir stehen vor großen gesellschaftlichen Transformationen, die wir gestalten wollen. Dafür brauchen wir ein anhaltend hohes Niveau an Investitionen. All das werden wir im Haushalt 2022 und der Finanzplanung bis 2025 abbilden. Wie Finanzminister Scholz kürzlich betonte: Die Koalition muss sich darüber eine Meinung bilden – vor dieser Entscheidung kann sich niemand drücken.

VWheute: Allianz-Chef Oliver Bäte oder Axa-CEO Thomas Buberl forderten u. a. in der Frage um die Betriebsschließungen mehr Unterstützung von staatlicher Seite. Ein berechtigtes Anliegen?

Jörg Kukies: Mit Stand heute haben wir etwa 83 Mrd. Euro an Unternehmenshilfen geleistet. Hinzu kommen über 27 Mrd. Euro Kurzarbeitergeld und steuerliche Maßnahmen mit einem Volumen von insgesamt rund 120 Mrd. Euro. Das sind gewaltige Summen, die wir mobilisiert haben, um dafür zu sorgen, dass Beschäftigte und Unternehmen möglichst gut durch die Krise kommen. Der IWF hat die Politik der Bundesregierung ausdrücklich gelobt. In seinem Deutschland-Bericht schreibt der IWF, dass die Maßnahmen der Bundesregierung jedes neunte Unternehmen vor der Insolvenz gerettet haben, das sind etwa 400.000 Unternehmen.

VWheute: Wo sehen Sie Knackpunkte im Bereich von Betriebsschließungen und deren Versicherungsschutz?

Jörg Kukies: In der Betriebsschließungsversicherung gab es Fälle, bei denen klar war, dass auch Pandemien von den Versicherungsverträgen gedeckt sind, aber auch solche, bei denen dies nicht der Fall war. Dazwischen gab es einen Graubereich. Die neuen Musterbedingungen des GDV für die Betriebsschließungsversicherung schaffen künftig zwar mehr Klarheit, wie mit dem Thema aber grundsätzlich umgegangen werden soll, muss erst noch gründlich diskutiert und geklärt werden.

Die Fragen stellte VWheute-Chefredakteur Michael Stanczyk.

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen April-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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