Alte Leipziger-Vorstand Waldschmidt über Klagen gegen Ärzte: „Schmerzensgelder sind in der Spitze deutlich gestiegen“

Sven Waldschmidt. Quelle: Alte Leipziger-Hallesche

Die Klagen gegen Ärzte haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. „Neben Behandlungsfehlern haben in den letzten Jahren Vorwürfe wegen Aufklärungspflichtverletzungen erheblich zugenommen“, konstatiert Sven Waldschmidt. Im Exklusiv-Interview mit der Versicherungswirtschaft spricht der Vorstand der Alte Leipziger über Haftungsrisiken der Ärzte.

VWheute: Welchen Haftungsrisiken sind Ärzte ausgesetzt?

Sven Waldschmidt: Neben Behandlungsfehlern haben in den letzten Jahren Vorwürfe wegen Aufklärungspflichtverletzungen erheblich zugenommen. Zudem sind – nicht zuletzt aufgrund von Gerichtsentscheidungen in der jüngeren Vergangenheit – die Schmerzensgelder in der Spitze deutlich gestiegen. Auch neue Behandlungsformen bzw. -methoden sorgen für steigende Aufwendungen.

Dies wird am Beispiel der zahnärztlichen Versorgung deutlich, ist aber nicht darauf beschränkt: In den zurückliegenden Jahren setzte sich bei Verlust eines Zahnes sehr häufig das Implantat durch. Letztendlich nicht nur aus ästhetischen Gesichtspunkten, sondern weil viele Patienten über eine Zahnzusatzversicherung verfügen, die die hohen Eigenkosten abfedert. Implantate gehen verglichen etwa mit Brücken aber mit höheren Risiken wie Nervverletzung, Periimplantitis und unzureichendes Knochenangebot einher. Entsprechend hoch ist das Schadenpotenzial.

VWheute: Wie erhöht Corona das Risiko?

Sven Waldschmidt: Corona und die damit verbundenen Impfungen werden Einfluss auf das Haftungsrisiko und die Haftpflichtversicherung der Ärzte haben. Von Bedeutung wird sein, dass die Anzahl der Fälle, aufgrund derer Ansprüche gestellt werden, steigen wird. Weniger gravierend schätzen wir das Behandlungsrisiko ein, da es bisher nur eingeschränkt anerkannte fachliche Standards zur Behandlung von Corona gibt. Es handelt sich hier um eine Problemstellung gesamtgesellschaftlicher Tragweite, der die Ärzte und das Pflegepersonal in besonderer Weise ausgesetzt sind und deren Haftungsrisiko unser Haus durch die Anpassung des Versicherungsschutzes adäquat mitversichert.

VWheute: Warum ist der Markt für Arzthaftpflichtversicherungen so klein?

Sven Waldschmidt: Das Segment ist sehr personenschadengeneigt und die Risiken werden dem sogenannten Spätschadensegment zugeordnet. Es besteht also das deutlich erhöhte Risiko, dass ein großer Teil der Schäden und deren Folgen erst lange nach deren Entstehung erkannt werden. Entsprechend muss beim Versicherer die Expertise zur Einschätzung solcher Risiken und für deren Bearbeitung im Schadenfall vorhanden sein.

VWheute: Kann oder sollte sich jeder Vermittler an Arzthaftpflicht-Policen herantrauen?

Sven Waldschmidt: Haftpflichtversicherungen im Heilwesen-Umfeld – und das sind nicht nur Ärzte – sind ein komplexes Thema, bei dem Fehler nicht nur für die Versicherten und Anspruchsteller, sondern auch für den Versicherungsvermittler folgenschwer sein können. Wenn die dafür bestehenden Risikoanalyse-Unterlagen umfassend genutzt und die erforderlichen Daten erhoben werden, spricht aber nichts dagegen, dass interessierte Vermittler Ärzte Haftpflichtversichern.

Günstig ist es, wenn sich Vermittler mit den Besonderheiten der Branche und den Themen der Ärzte befassen. Diese Branchen-Spezialisierung hat zu besonders versierten Vermittlern und Vermittler-Gruppen geführt, die mit besonderer Expertise die Kunden beraten und Risiken ermitteln. So sind typische Beratungsfehler vermeidbar, die vor allem in der unzureichenden Beschreibung des versicherten Risikos bzw. der Tätigkeitsfelder des Versicherten bestehen und zum anderen in einer zu geringen Deckungssumme.

Und: Der Versicherungsschutz muss von Zeit zu Zeit auf Angemessenheit und Aktualität geprüft werden. Wie bei allen komplexen Themen kann empfohlen werden, dass der Vermittler besser einmal zu viel als einmal zu wenig seinen Betreuer bei der Versicherungsgesellschaft anspricht, offene Punkte klärt oder sich Hilfestellung besorgt.

Die Fragen stellte VWheute-Korrespondentin Elke Pohl.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen März-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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