Asset Management der Versicherer: Mit der Komplexität der Anlagen wächst auch der Professionalisierungsdruck

Carl Philipp Eberlein. Quelle: Kanzlei Hengeler Mueller

Die Kapitalanlage gehörte schon immer zu den zentralen Tätigkeiten der Versicherer, aber eine Reihe von Faktoren führt aktuell zu einem starken Professionalisierungsdruck in der Versicherungsindustrie. VWheute sprach mit Carl-Philipp Eberlein, Partner und Experte für Finanzmarktregulierung bei der Kanzlei Hengeler Mueller.

VWheute: Was treibt die Assekuranz, sich mit dem Thema Asset Management stärker zu beschäftigen?

Carl-Philipp Eberlein: Um im anhaltenden Niedrigzinsumfeld aus der Kapitalanlagetätigkeit Erträge zu generieren, sind Versicherer gezwungen ihre Komfortzone verlassen. Dies lässt sich insbesondere im Bereich der Lebensversicherung beobachten, wo deutsche Versicherer historisch Versicherungsportfolios mit hohen Garantiesätzen gezeichnet haben.

Um die Kombination aus hohen Garantiesätzen und niedrigen Zinsen zu kompensieren, prüfen die Marktteilnehmer zunehmend ihren Asset-Mix und allokieren ihre Mittel mehr und mehr in riskantere Assetklassen. In diesen weniger traditionellen Anlagefeldern haben gerade kleinere Versicherer typischerweise weniger Erfahrung. Die Professionalisierung der Kapitalanlagetätigkeit ist insofern eine Reaktion auf die wachsende Komplexität der Asset Management-Aktivitäten.

VWheute: Wie sieht das Asset Portfolio eines typischen Versicherers heute aus?

Carl-Philipp Eberlein: Das Kapitalanlageportfolio deutscher Versicherer ist nach wie vor durch festverzinsliche Wertpapiere geprägt, aber der Anteil alternativer Investments ist gestiegen und wird weiter steigen. Dort spielen heute insbesondere Investments im Immobiliensektor eine Rolle.

Außerdem sind aufgrund des langen Anlagehorizonts Infrastrukturinvestments besonders gefragt. Im europäischen Ausland sehen wir heute auch wieder vermehrt strukturierte Finanzprodukte. Diese spielen aber in Deutschland, vielleicht auch wegen der Erfahrungen aus der Finanzkrise, noch keine signifikante Rolle.

VWheute: Wie stellen sich deutsche Versicherer organisatorisch im Asset Management auf?

Carl-Philipp Eberlein: Größere Versicherer verfügen in Deutschland seit langem über überwiegend selbstständig lizenzierte Vermögensverwalter in der Gruppe. In Zeiten, in denen das klassische Geschäft mit Lebensversicherungen weniger profitabel erscheint, generieren diese Einheiten relativ stabile Margen mit weniger kapitalintensivem Geschäft. Deswegen haben wir auch bei weniger großen Marktteilnehmern zuletzt eine Reihe von Ausgründungen der Asset Management-Bereiche gesehen (wie zum Beispiel TECTA, der Vermögensverwalter der Versicherungskammer Bayern), die auch für andere Versicherer Services anbieten und so die notwendige kritische Größe erreichen.

Bei kleinen und mittelgroßen Versicherungsunternehmen überwiegt aber nach wie vor das Outsourcing-Model. Dies hat in der Vergangenheit zu einer Reihe von hochspezialisierten Anbietern in der deutschen Asset Management-Industrie geführt. Die wachsende Komplexität der Versicherungsregulierung wurde dabei von den Asset Managern mit Services wie Solvency II-Reporting oder Expertise im Bereich Asset-Liability-Management zum großen Teil aufgefangen.

Gleichwohl muss der Versicherer aufsichtsrechtlich in der Lage sein, die Aktivitäten des Vermögensverwalters zu überwachen. Schon aus diesem Grund mussten auch kleine Versicherer in der Vergangenheit substantiell zusätzliche Inhouse-Expertise aufbauen.

VWheute: Welche steigenden regulatorischen Anforderungen gehen mit einer Ausgründung einher?

Carl-Philipp Eberlein: Neben den versicherungsaufsichtsrechtlichen Anforderungen sind in einem solchen Setup auch die regulatorischen Vorgaben für Wertpapierdienstleister zu beachten. Abhängig von gewissen Schwellenwerten kann dies auch zu einer Einbeziehung in die Finanzkonglomerateaufsicht führen.

Daneben wird die Rechtsbeziehung zwischen dem Versicherungsunternehmen als Risikoträger und dem Asset Manager durch zahlreiche aufsichtsrechtliche Anforderungen überlagert und ist Gegenstand der laufenden Aufsicht durch die BaFin. Dies schließt z. B. Themen des Outsourcing-Monitoring und Pricing ein, die von der BaFin typischerweise kritisch hinterfragt werden.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

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