Kraftfahrtversicherer vor zweitem ertragreichen Ausnahmejahr

Keine Prämienerhöhungen bei den Kfz-Versicherern durch die Corona-Pandemie? Quelle: Bild von S. Hermann & F. Richter auf Pixabay

Mit einer Schaden- und Kostenquote von voraussichtlich um die 95 Prozent bleiben die deutschen Kraftfahrtversicherer 2021 erneut gut in der Gewinnzone. „Der für die Branche positive Corona-Effekt überlagert den Aufwand für K-Elementarschäden 2021 von aktuell geschätzten 1,5 Milliarden Euro“, erklärte Experte Marco Morawetz auf dem BusinessForum 21 „Kfz-Versicherung im Fokus“. Einen über den Preis geführten Kampf um Marktanteile beobachtet er gegenwärtig nicht. „Die niedrigen Zinsen disziplinieren“, sagte er. „Aber die Befürchtung besteht natürlich immer.“

Nach der Hochrechnung des Rückversicherers dürfte Covid-19 auch in 2021 zu einem zweiten ertragreichen (Ausnahme-)Jahr mit einem Überschuss von 1,3 bis 1,4 Mrd. Euro führen. 2020 erzielte die Branche dank der pandemiebedingt deutlich geringeren Schadenhäufigkeiten mit einer Combined Ratio von 87 Prozent und damit gut drei Mrd. Euro Gewinn das beste Ergebnis seit der Deregulierung 1995. Die Branche habe diesen Gewinn nicht für den Preiskampf eingesetzt, so Morawetz, der das Consulting des Rückversicherers General Reinsurance AG leitet. Einige Gesellschaften hätten Gewinne in Form von „sauber kalkulierten“ Beitragsrückerstattungen an die Kunden weitergegeben. „Das ist geeigneter, weil es nicht wie Preissenkungen über Jahre hinweg die Bestandsprämie belastet.“

Kein forcierter digitaler Durchbruch

Insofern habe auch 2021 die Pandemie die K-Produktion und die Beitragseinwicklung nicht oder allenfalls kaum beeinflusst. Bei den Jahresendtarifen habe es einen leichten Abrieb von 1,3 Prozent auf eine Durchschnittsprämie von 589,40 Euro gegeben, so Morawetz. Die Analyse basiert auf den Tarifen von 44 bzw. 43 Versicherern mit insgesamt 55 Prozent Marktanteil. Beim unterjährigen Neu- und Ersatzgeschäft waren die Tarife bis Ende Juni um 2,4 Prozent höher als zu Jahresbeginn. Für das Jahresende rechnet er mit einem Minus von 1,5 Prozent über alle Sparten. Zwei Drittel des Jahreswechselgeschäftes laufen laut Morawetz stabil über Agenturen. Einen forcierten digitalen Durchbruch sieht er so nicht.

Die Schadenhäufigkeit war in den ersten drei Monaten 2021 gegenüber dem noch von der Pandemie unbelasteten Vorjahresquartal deutlich geringer. „Sofern die Schadenhäufigkeit auch in kommenden Monaten etwa zehn Prozent über dem Vorjahr liegt, ergibt sich 2021 eine Schadenhäufigkeit in Höhe von 2020“, so Morawetz. Nachdem das Vorjahr auch arm an Elementarschäden war, übertreffen allein die beiden Unwetterereignisse von Juni und Juli 2021 den Gesamtjahres-Erwartungswert von 950 Millionen Euro deutlich. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht habe vor einigen Tagen die Worst-Case-Schätzungen abgefragt. Aktuell werde allein für das Unwetter „Bernd“ mit 45 bis 50.000 K-Schäden und einem Aufwand von 450 Millionen Euro gerechnet. Hätten die Elementarschäden nur dem Erwartungswert entsprochen, hätte die Schaden- und Kostenquote 2021 rund 92,5 Prozent erreichen können. Ohne Corona-Effekt, aber mit Elementarschäden würden die Kraftfahrtversicherer 2021 voraussichtlich mit einer negativen Quote von drei Prozent versicherungstechnisch in die Verlustzone geraten.

Dass viele Versicherer E-Fahrzeugen Rabatte einräumen, sieht Morawetz aus kalkulatorischer Sicht skeptisch. Der Bestand an E-Fahrzeugen verdopple sich zwar jährlich, sei statisch aber noch nicht signifikant. Auf dieser Basis beobachte man aber bereits, dass die Durchschnittsschäden in Kasko höher ausfielen. Insbesondere bei Tesla-Fahrzeugen sieht er ein Missverhältnis zwischen Prämien und durchschnittlichem Schadenbedarf. „Da ist es gut, dass Tesla einen eigenen Versicherer gründet.“

Autorin: Monika Lier

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

4 + 3 =