MLP-Vertriebsvorstand Liebermann: „Die Konsolidierungstendenzen und das Vermittlersterben in der Branche werden sich sicherlich fortsetzen“
Der Wieslocher Finanzdienstleister MLP begeht in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum. VWheute sprach exklusiv mit Vertriebsvorstand Oliver Liebermann über Konsolidierungstendenzen bei den Vermittlern und welchen Einfluss Corona auf den Immobilienmarkt hat.
VWheute: 50 Jahre MLP, Gratulation. Nehmen Sie uns mit, was waren die größten Highlights und die tiefsten Täler?
Oliver Liebermann: Für uns ist das 50-jährige Jubiläum natürlich ein besonderes. Den Kern von MLP bildet nach wie vor die einzigartige Gründungsidee von Manfred Lautenschläger und seinem Partner Eicke Marschollek, die sich in unserer heutigen Aufstellung als Gesprächspartner in allen Finanzfragen widerspiegelt. MLP steht im Jubiläumsjahr auf einem breiten und gesunden wirtschaftlichen Fundament – dank unserer Leidenschaft für Finanzberatung, unseres hohen Anspruchs an Beratungsqualität, aber auch durch die systematische Stärkung des Konzerns.
Der Weg dahin war gerade zu Anfang des Jahrtausends kein leichter, wenn man sich die Krise nach den massiven Vorwürfen gegen die Bilanzierungspraxis des damaligen Managements in Erinnerung ruft. Mit Blick in die jüngste Vergangenheit war es außergewöhnlich, wie wir es zu Beginn der Corona-Pandemie geschafft haben, innerhalb kürzester Zeit unseren gesamten Geschäftsbetrieb und vor allem die Betreuung unserer Kunden fast komplett auf digitale Formate umzustellen – es haben sogar mehr Kundengespräche als im Vergleichszeitraum stattgefunden. So konnten wir gerade in dieser für viele unserer Kunden schwierigen wirtschaftlichen Zeit für sie da sein und ihnen weiterhelfen.
VWheute: Was wird in den nächsten 50 Jahren passieren; ok, sagen wir fünf. Was sind Ihre Ziele, welche Probleme sehen Sie?
Oliver Liebermann: Die Konsolidierungstendenzen und das Vermittlersterben in der Branche werden sich sicherlich trotz des kurzen Strohfeuers im letzten Quartal 2020 fortsetzen – und ich bin sicher, dass MLP auch weiterhin als Gewinner daraus hervorgehen wird. Seit 2018 verzeichnen wir gegen diesen Trend wieder wachsende Beraterzahlen bei MLP. Berufseinsteiger aber auch Branchenexperten schätzen die finanzielle Stärke und die Möglichkeiten, die MLP ihnen bieten kann. Darauf wollen wir auch in Zukunft aufbauen. Zudem werden wir weiter konsequent auf die Digitalisierung setzen – auf Video-Beratung sowie die weitere Stärkung des gesamten Beraterarbeitsplatzes, ergänzt um den Ausbau von Services im Kundenportal. Für 2022 haben wir auf Konzernebene wie bekannt eine klare Planung: ein EBIT in der Breite zwischen 75 und 85 Mio. Euro.
VWheute: MLP ist vor kurzer Zeit ins Immobiliengeschäft eingestiegen, welchen Einfluss hat Corona auf den Immobilienmarkt. Was sehen Sie in der Zukunft in diesem Geschäftsbereich?
Oliver Liebermann: Corona konnte dem Immobilienmarkt bislang nicht viel anhaben, im Gegenteil: Das Interesse an qualitativ hochwertigen Anlageimmobilien in guten Lagen ist weiterhin hoch. Gerade in den Bereichen Senioren- und Pflegewohnen, wo wir sehr aktiv sind, gibt es mehr Nachfrage als Angebote. Dementsprechend sehen wir hier auch viel Potenzial für die Zukunft und erwarten, dass sich die dynamische Entwicklung weiter fortsetzt. Schon jetzt ist dieser Bereich bei MLP – natürlich aktuell noch ausgehend von einem relativ geringen Niveau – derjenige mit der größten Wachstumsrate.
VWheute: Was ist die „Aktion Ehrensache“ und warum haben die Sie diese gestartet?
Oliver Liebermann: Zum Selbstverständnis von MLP gehört es, erfolgreiches Unternehmertum mit sozialem und gesellschaftlichem Engagement zu verbinden. Deshalb haben wir das Jubiläum zum Anlass genommen, um konzernweit zu sozialem Engagement aufzurufen. Bei der „Aktion Ehrensache“ geht es darum, dass Kolleginnen und Kollegen von MLP sowie der Schwesterunternehmen sich in Teams zusammenfinden und gemeinsam für den guten Zweck engagieren, z. B. für Bildung oder die Umwelt. Es gibt sogar noch einen Bonus: Am Ende des Jahres werden unter den teilnehmenden Teams Spenden verlost, die diese einer gemeinnützigen Einrichtung ihrer Wahl zukommen lassen können.
VWheute: Sie haben die Zahl ihrer Berater in der jüngeren Vergangenheit steigern können, wie wollen Sie das beibehalten oder brauchen Sie wegen der Digitalisierung bald weniger Experten?
Oliver Liebermann: Wie gesagt sind wir auch weiterhin auf der Suche nach jungen Beratern und Branchenkennern, die zu uns passen und unsere Ansprüche an die Beratungsqualität erfüllen. Denn gerade in Zeiten mit zunehmender Digitalisierung wird immer deutlicher: Ein Chatbot oder ein Vergleichsportal mögen in gewissen Situationen hilfreich sein, sobald es jedoch um komplexe Finanzthemen und individuelle Beratung in wirtschaftlichen Fragestellungen geht, kann ein digitales Angebot niemals dem persönlichen Berater das Wasser reichen. Auch der Faktor Empathie ist bei einer Finanzberatung nicht zu unterschätzen.
VWheute: Ist ein Weg zu neuen Beratern der Aufkauf von kleineren Finanzdienstleistern und deren Beratern wie bei RVM Versicherungsmakler – wie steht es aktuell in den Verhandlungen? Sind weitere Zukäufe geplant?
Oliver Liebermann: Unsere Branche ist im Wandel und vielen kleinen Maklern im Privatkundengeschäft fällt es schwer, die zunehmenden Herausforderungen von Digitalisierung und Regulierung zu bewältigen. Entsprechend gibt es Branchenkenner, die auch angesichts unseres Gesamtpakets für Berater zu uns wechseln wollen. Vor allem aber gewinnen wir gegen den Trend im Markt erfolgreich neue junge Berater. Bei unseren Akquisitionsvorhaben hingegen legen wir wie bereits kommuniziert ein besonderes Augenmerk auf den Bereich Gewerbesach. Dabei geht es uns um eine weitere gezielte Verbreiterung unserer Erlösbasis. Der Fokus ist also, ein Geschäftsfeld strategisch auszubauen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir zu laufenden Verhandlungen keine Angaben machen können, die über unsere jüngste Pflicht-Veröffentlichung zu dem Thema hinausgehen.
VWheute: Ihr Hochschulprogramm und -engagement wird kritisch gesehen, wie geht es an der Stelle weiter?
Oliver Liebermann: Die Kritik daran ist substanzlos und gleichzeitig ideologisch geprägt. Im Grunde haben wir dazu auch bereits in den vergangenen Monaten alles gesagt und sehen keinen Anlass, unser nachgefragtes und von sehr vielen Studierenden gut bewertetes Workshop-Angebot anzupassen.
VWheute: Schauen wir zum Abschluss nochmal nach vorne. Gibt es in zehn Jahren noch den persönlichen Finanzdienstleister, welche Rolle wird Nachhaltigkeit spielen, zuletzt haben Sie ja dafür Ines Löffler als Nachhaltigkeitsbeauftragte ernannt.
Oliver Liebermann: Zum einen ist Nachhaltigkeit für Investoren in unsere Aktie sehr wichtig. Zum anderen gewinnt das Thema auch für unsere Kunden immer stärker an Bedeutung – und zwar nicht nur bei grünen Geldanlagen, sondern in so ziemlich allen Bereichen der Finanzberatung. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, getrieben von einem gestiegenen Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Bevölkerung sowie regulatorischen Vorgaben. Deshalb wird Nachhaltigkeit in zehn Jahren eine noch viel größere Rolle spielen, als wir das aktuell schon erleben – was wir sehr begrüßen und was wir als Unternehmen auch aus Überzeugung aktiv vorantreiben.
Und zum ersten Teil Ihrer Frage: Natürlich gibt es auch in zehn Jahren noch den persönlichen MLP Berater. Seine Rolle wird immer wichtiger, aber wandelt sich weiter. Der Berater kümmert sich um ein stimmiges Gesamtkonzept und um die komplexen Fragen. In diesem Rahmen setzt ein Kunde einfache Themen direkt online um. Diesen Weg haben wir in den vergangenen Jahren schon forciert und werden es weiter tun.
Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.