Change-Management: Führungskräfte müssen vorangehen und Empathie zeigen

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Die Versicherer befinden sich in einem Change – durch Digitalisierung, Automatisierung oder neue Kundenwünsche. Diese Anforderungen und Anpassungen erfordern in und für die Umsetzung eine strukturierte Vorgehensweise, die bisher üblicherweise in einem reinen Projektmanagement umgesetzt wurden. Dieses bisher in all seinen Facetten bekannte Projektmanagement muss um ein Change-Management erweitert bzw. ergänzt werden. Ein Gastbeitrag von Jürgen Wessalowski, Lead Business Consultant bei msg systems AG.

Man kann hier berechtigterweise die Frage stellen, was nun das Change-Management vom eigentlichen Projektmanagement unterscheidet. Kurz beschrieben ist das Projektmanagement ein Teil bzw. der operative Ausschnitt des Change-Managements, denn es geht insgesamt noch einen Schritt weiter. Es befasst sich auch und vor allem mit der emotionalen Betroffenheit der Mitarbeitenden und sorgt mit einer umfassenden, zielgerichteten und ehrlichen Kommunikation für das Verständnis über die Notwendigkeit einer angestrebten Veränderung. Es befasst sich somit mit der fachlichen Problemstellung und dem sozialen Veränderungsprozess.

Die Gründe für Veränderungen sehr vielfältig. Dabei können auch sehr erfolgreiche Unternehmen gezwungen sein, sich gerade wegen ihres Erfolges neu aufzustellen. In der Praxis ist zu beobachten, dass Veränderungen in einer nie da gewesenen Frequenz anfallen und auch weiterhin anfallen werden. Um der Häufigkeit der Veränderungen zu begegnen und zielorientiert zu lösen, hat das Change-Management bereits in einigen Unternehmen Einzug gehalten. Sehr oft wird in der Praxis der „Change“ bzw. das „Change-Management“ mit vielen unterschiedlichen Begrifflichkeiten und Bedeutungen belegt. Dies ist sicherlich dem Umstand geschuldet, dass Change und somit ein Wandel und die damit einhergehenden Veränderungen in vielen Bereichen des Lebens auftreten und viele Menschen und Gruppen betreffen können.

Negative Begleiterscheinungen verharren länger im Kopf als positive Effekte

Change-Management wird somit unterschiedlich interpretiert und wahrgenommen. Das Change-Management, das mit „Steuerung von Veränderungen“ übersetzt wird, löst im Kern notwendige Veränderungen aktiv aus und setzt sie gezielt um. Im Weiteren bedeutet Change-Management einen „Paradigmenwechsel“, d.h. die Sicht auf eine Sache wird radikal verändert. Zu berücksichtigen ist, dass auch die nachhaltige Absicherung zu einem erfolgreichen Change-Management gehört. Ein Wandel bzw. Veränderungen haben sowohl positive als auch negative Begleiterscheinungen. Während positive Veränderungen sehr schnell als Selbstverständnis angesehen und ohne Schwierigkeiten in den Alltag übernommen werden, bleiben nachteilige Veränderungen viel länger in den Köpfen und werden auch laut diskutiert. Da sich eine Organisation aber nur dann verändern kann, wenn die Betroffenen Bereiche und somit die Mitarbeitenden aktiv mitwirken, will das Change-Management die Betroffenen gezielt und erfolgreich auf diese Veränderungen vorbereiten und auf die anstehende Reise mitnehmen.

Als Betroffene in einem Change-Prozess gelten sowohl die Mitarbeitenden als auch die Führungskräfte, wenngleich die Betroffenheit in unterschiedlichen Dimensionen innerhalb der Hierarchien abläuft. Betroffen sind nämlich alle Mitarbeitenden, die den Change umsetzen müssen oder in irgendeiner Weise von diesem betroffen sind. Zu erwähnen ist, dass auch Führungskräfte nicht sofort und automatisch von Veränderungen begeistert sind, nur weil es zu ihren eigentlichen Aufgaben gehört, Abweichungen festzustellen und Veränderungen voranzutreiben. Auch sie sind letztlich Mitarbeitende des Unternehmens, die von den Initiatoren und Treibern und somit wiederum von ihren Führungskräften überzeugt und mitgenommen werden müssen.

Top-Manager müssen selbst von der Notwendigkeit der Veränderung überzeugt sein

Allein dies zeigt schon, dass ein erfolgreiches Change-Management bereits auf oberster Führungsebene und somit im Top-Management beginnt. Schon auf dieser Ebene ist ein Einbeziehen und das Überzeugen des Middle-Managements notwendig. Dies wird jedoch erst dann erfolgreich und gewinnbringend umgesetzt werden können, wenn das Top-Management seinerseits von der Notwendigkeit einer Veränderung überzeugt ist.

Das Top-Management trifft also nicht nur die strategische Entscheidung, ob es einen Change geben wird oder nicht, es hat auch die Rollen und Funktionen entsprechend zu besetzen. Ferner hat es sich Fragen zur Führungskultur im Unternehmen sowie die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Es ist zu kurz gedacht, eine Veränderung im Unternehmen herbeiführen und am Ende nur das Ergebnis abrufen zu wollen. Genau an diesen Stellen muss der Change im Top-Management einsetzen. Es liegt auf der Hand, dass das Top-Management bei den Mitarbeitenden im Fokus steht. Dort wird genau beobachtet, wie sich die erste Führungsebene dem Thema annimmt und wie präsent sie den Change begleitet. Die erste Führungsebene steht als Treiber und Motor für den Change und ist damit in erster Linie für einen erfolgreichen Verlauf verantwortlich.

In der Praxis ist es empfehlenswert ein Change-Team in der Organisation zu integrieren, welches für die operative Umsetzung der Veränderung sorgt und somit das Steuerungsgremium für die anstehende Veränderung ist. Dieses Team soll ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft und eine positive Einstellung zu den Chancen des Change mitbringen. Es hat zu Beginn die Aufgabe, die Betroffenen von der anstehenden Veränderung zu überzeugen und zu gewinnen. Es muss flexibel und innovativ sein, um auftretende Schwierigkeiten zügig und im Sinne aller Beteiligten zu begegnen. Im laufenden Prozess kann dieses Team durch das Middle-Management unterstützt werden, die als Multiplikator und Unterstützungsfunktion für das Steuerungsgremium tätig sind.

Ein Change-Management ist bereits dann erfolgversprechend, wenn die Mehrheit der Betroffenen die anstehenden Veränderungen als notwendig anerkannten und aktiv an der Umsetzung mitwirken. Dabei soll das Change-Management die Betroffenen dabei unterstützen, bisherige Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen und vor allem neue zu entwickeln. Dies wird und kann nicht bei allen Betroffenen gelingen. Es wird immer einen Bodensatz an Mitarbeitenden geben, die nur schwer oder im schlimmsten Fall gar nicht zu überzeugen sind. Allerdings ist in der Praxis zu beobachten, dass sich eine Mehrheit der überzeugten Betroffenen positiv in der Organisation auswirkt und so mancher Kritiker überstrahlt und auch zum Umdenken bewegt wird. Es ist von großer Bedeutung, dass die bereits überzeugten Mitarbeitenden während des gesamten Prozesses auf diesem Weg begleitet und deren positive Grundstimmung aufrechterhalten werden muss. Dies kann schon allein durch eine laufende Kommunikation von Ereignissen und auch Ergebnissen funktionieren. Ferner ist es wichtig, die Mitarbeitenden jederzeit wahrzunehmen, sie wertzuschätzen und ernst zu nehmen, da die menschliche Seite in einem Change-Prozess nicht unterschätzt werden darf. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der Gefühlswelt und dem Leistungsvermögen von Mitarbeitenden in einer Organisation, deswegen versucht das Change-Management die Gefühle der Betroffenen zu verstehen. Somit erkennt es die Gründe von Abwehrhaltungen seitens der Mitarbeitenden und kann gegen diese Widerstände arbeiten.

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Dezember-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.