Provinzial-Chef Breuer im Interview: „Wir bleiben weiter in der Offensive“

Wolfgang Breuer. Quelle: Provinzial

Nach langjährigen Verhandlungen haben die Provinzial NordWest und Provinzial Rheinland im Juli 2020 den Fusionsvertrag unterzeichnet. VWheute sprach exklusiv mit Provinzial-Vorstandschef Wolfgang Breuer über die künftigen Ziele des neuen Konzerns und die Auswirkungen der Corona-Pandemie.

VWheute: Die vergangenen Monate wurden vor allem durch die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Versicherungsbranche geprägt. Wie haben sich die Folgen bislang bei der Provinzial bemerkbar gemacht?

Wolfgang Breuer: Zunächst einmal galt es, unsere Arbeitsorganisation auf die neue Lage auszurichten. Wir haben sehr frühzeitig einen Krisenstab etabliert und dort regelmäßig über alle notwendigen Maßnahmen beraten. So konnten wir tagesaktuell wichtige Weichenstellungen vornehmen, um unseren Konzern jederzeit arbeitsfähig zu halten. Das hat hervorragend funktioniert. Unsere IT hat einen sehr guten Job gemacht – innerhalb kürzester Zeit sind unsere Mitarbeitenden für eine Arbeit im Homeoffice technisch ausgerüstet worden. In der Spitze haben etwa 80 Prozent von zu Hause gearbeitet. Auch in der aktuell leider wieder verschärften Corona-Situation bietet uns die Arbeit aus dem Homeoffice die erforderliche Flexibilität.

Für unsere Vertriebspartner galt es in Zeiten des Lockdown im Frühjahr ausschließlich per Telefon und über digitale Kanäle zu agieren. Es hat sich ausgezahlt, dass wir in den letzten Jahren sehr stark in die Digitalisierung investiert haben. Unser Credo „Immer da, immer nah“ speist sich aus persönlicher und nun eben auch immer stärker aus digitaler Nähe. Provinzialtypisch möchten wir unseren Kundinnen und Kunden dabei selbstverständlich auch über die digitalen Kanäle einen erstklassigen Service bieten. Unsere Corona-Hilfs-und Unterstützungsmaßnahmen, die wir für Privat- und Gewerbekunden aufgelegt haben, haben ein sehr positives Echo hervorgerufen und wir haben diese Maßnahmen erst einmal bis Ende des Jahres verlängert.

VWheute: Marktbeobachter sprechen von einem neuen Digitalisierungsschub für den Versicherungsvertrieb: Wie sind Ihre Einschätzungen dazu?

Wolfgang Breuer: Damit ist sicherlich zu rechnen. Auch wir bleiben weiter in der Offensive und nutzen beispielsweise die Synergien aus der Fusion von Provinzial NordWest und Provinzial Rheinland, um da, wo es sinnvoll ist, noch kräftiger zu investieren. In unserem neu gegründeten Provinzial Konzern ist der Bereich Digitalisierung und Innovation zudem auch organisatorisch noch umfassender verankert. Ein Fokus liegt dabei auch immer auf der umfangreichen Unterstützung unserer Vertriebspartner vor Ort als analoge und digitale Kundenschnittstelle.  

VWheute: Viele Versicherungsunternehmen haben ihren Geschäftsbetrieb kurzfristig ins Homeoffice verlegt: Welche mittel- und langfristigen Folgen sehen Sie für agile Arbeitsmodelle?

Wolfgang Breuer: Ich sehe hier viele Chancen. Bereits vor Corona hatten wir Möglichkeiten geschaffen, mobiles Arbeiten im Home-Office weiter auszuweiten und gleichzeitig betriebliche Erfordernisse und Belange der Arbeitnehmer in eine vernünftige Balance zu bringen. Ich bin davon überzeugt, dass wir nun noch schneller Weiterentwicklungen sehen werden, für die wir auch offen sind. Dabei geht es uns vorrangig darum, mit zukunftsfähigen Arbeitsmodellen für moderne Arbeitsbedingungen zu sorgen, die für alle Beteiligten attraktiv und effizient sind.

VWheute: Die Debatte um die Betriebsschließungsversicherungen hat in den vergangenen Monaten ebenfalls die Schlagzeilen dominiert: Verschiedene Versicherer haben bereits eine staatlich-private Versicherungslösung vorgeschlagen. Wie ist Ihre Einschätzung dazu?

Wolfgang Breuer: Vonseiten des GDV ist im Frühjahr ein Konzept für eine staatlich-privatwirtschaftliche Kooperation zur Deckung von Pandemierisiken in die Diskussion eingebracht worden. Dabei ist im Unterschied zu dem Modell zur Absicherung von Terrorrisiken mit Namen Extremus auch an eine implementierte Kapitalmarktkompente gedacht. Im Kern geht es um eine rechtlich eigenständige Einrichtung mit einem Kapitalstock in Milliardenhöhe. Dies könnte ein interessanter Ansatz sein, um die Risiken zukünftiger Pandemien, von denen wir hoffentlich als Gesellschaft verschont bleiben, für betroffene Betriebe besser abfedern zu können, ohne auf der einen Seite den Staat und andererseits die Versicherungswirtschaft zu stark zu belasten.

VWheute: Werfen wir einen kurzen Blick auf das zweite Halbjahr 2020: Wie sind Ihre Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr und wo liegen aktuell Ihre Unternehmens- und Vertriebsziele?

Wolfgang Breuer: Wie in der gesamten Versicherungsbranche zeigten sich auch bei uns durch den coronabedingten Lockdown für März und April Rückgänge beim Neugeschäft. Danach haben sich die Beiträge aber erfreulicherweise wieder normalisiert. Wie sich die aktuell in Kraft getretenen Maßnahmen auswirken, lässt sich natürlich noch in keiner Weise absehen, aber Dank unserer hervorragenden Vertriebspartner und einem tollen Einsatz der Mitarbeitenden an allen Konzernstandorten gehe ich momentan davon aus, dass wir stabil durch ein – für uns in vielerlei Hinsicht sehr ereignisreiches – Jahr 2020 kommen.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.

Ein Kommentar

  • Die neue Ausrichtung der Arbeitsorganisation ist ein positiver Nebeneffekt der Pandemie. In kürzester Zeit haben alle gelernt welche Vorteile das Homeoffice bietet: Motivierte Mitarbeiter die sich nicht morgens und abends genervt durch den Stau quälen müssen, enorme Ersparnisse langfristig weil die teuren Betriebsflächen reduziert werden können, aktiver Umweltschutz weil weniger Verkehr und die eingesparten Betriebsflächen weniger CO2 emitieren. Die eingesparte Fahrzeit wird gerne genutzt um alle Aufgaben vernünftig zu erledigen. Ich würde sagen eine klassische Win-Win Situation für die Zukunft. Weiter so!

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