Wellbeing trotz Pandemie: Wie Unternehmen jetzt ihre Mitarbeiter unterstützen

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Mehr als die Hälfte der Unternehmen in Deutschland erwartet, dass ihr Geschäftsergebnis in der Corona-Pandemie zurückgeht. Mehr als ein Drittel befürchtet, dass das Mitarbeiter-Wellbeing leidet, wie eine Studie von Willis Towers Watson zeigt. Über 40 Prozent wollen nun Wellbeing-Programme und Familienbetreuungsbenefits ausbauen. Was heißt das genau und wie gehen die Unternehmen vor?
Unter Wellbeing lassen sich landläufig viele Themen zusammenfassen: betriebliches Gesundheitsmanagement, Mitarbeiterunterstützungsprogramme (Employee Assistance Program), Gesundheitsprüfungen, Fitnessstudio-Angebote, kurz, alles, was dazu führt, dass Mitarbeiter sich wohlfühlen oder zufrieden oder glücklich sind.
In den USA gehört Wellbeing schon lange als Kern-Benefit zu den Arbeitgeberleistungen. Doch damit sind nicht nur Apps und Fitness-Tracker gemeint. Unter Wellbeing wird dort mehr als nur ein Benefit verstanden. Vielmehr wird eine Unternehmenskultur des Wellbeings angestrebt.
Denn je wohler sich Mitarbeiter insgesamt und am Arbeitsplatz fühlen, desto besser können sie auch ihrer Arbeit nachgehen. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern zudem Zweck und Ziel ihrer Arbeit nahebringen, steigen im Endeffekt in einen „positiven Erfolgszyklus“ ein, der dafür sorgt, dass Mitarbeiter auch bessere Ergebnisse erzielen können. Dies nützt beiden Seiten.
Somit ist es die Aufgabe des Senior-Managements und von HR, für die Mitarbeiter die Vorrausetzungen für ein gutes Arbeiten und ein umfassendes Wellbeing zu schaffen, auch im Sinne der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers. Der Unternehmer Richard Branson hat dies wie folgt auf den Punkt gebracht: „Take care of your employees and they will take care of your business“.
Die ersten Wellbeing-Programme waren vor allem darauf fokussiert, Incentives z.B. für die Erreichung von Fitness-Zielen zu setzen. Heute wird Wellbeing eher als strategisches Werkzeug eingesetzt und eng mit anderen Unternehmenswerten und wie Inklusion und Diversity, Corporate and Social Responsibility, Sicherheit am Arbeitsplatz verknüpft. Deswegen spricht man heute mehr von integrierten Wellbeing im Gegensatz zu den vormaligen isolierten Gesundheitsprogrammen, die primär auf Fitness und Ernährung fokussiert waren.
Integriertes Wellbeing umfasst jedoch mehr: Wir alle wollen finanziell unabhängig, emotional ausgeglichen, physisch fit und sozial verbunden sein. Das sind die vier Dimensionen, die ein modernes Wellbeing-Programm ausmachen. Die dazugehörigen Versicherungsleistungen, Benefits und Programme sollen es den Mitarbeitern ermöglichen, ein gutes Wohlbefinden zu erreichen. Unternehmen streben an, nicht zuletzt hierdurch als „Employer of Choice“ gesehen zu werden. Im Einzelnen adressieren folgende Leistungen und Versicherungen die vier Wellbeing-Dimensionen. Sie sollten daher bei einer Verbesserung oder Initiierung eines Wellbeing-Programms berücksichtigt werden:

Physisches Wellbeing
- Aktivitätsorientierte Benefits
- Fitnessstudio-Mitgliedschaft
- Gesundheitscoaching / Vorsorge-Programme
- Medizinischer Gesundheits-Check-up
- Management chronischer Erkrankungen
- Ernährungsmanagement
- Betriebliche Krankenversicherung
Emotionales Wellbeing
- Programme zu Stress und Resilienzmanagement
- Mitarbeiterunterstützungsprogramm (EAP)
- Kinderbetreuung/Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen
- Drogenberatung / Raucherentwöhnung
- Psychische Beratung (Mental Health)
- Facharzt-Terminservice
- Hotline 24/7 (Diagnose, Zweitmeinung)
Finanzielles Wellbeing
- Schuldnerberatung
- Steuerliche- und juristische Erstberatung
- Betriebliche Krankenversicherung
- Risikoversicherung (Tod/BU)
- Unfallversicherung
- bAV
Soziales Wellbeing
- Führungsstil
- Unternehmensphilosophie
- Kommunikation / Arbeitsklima
- Arbeitsplatzgestaltung
- Arbeitszeitgestaltung
- Community
In der Corona-Krise zeigt sich nun deutlich, welche Lücken bei Unternehmen bestehen und wie wichtig bestimmte Programme sein können. Insbesondere gewinnen die psychische Betreuung sowie die Unterstützung bei der Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen an Bedeutung.
Dabei sollte die physische Gesundheit nicht außer Acht gelassen werden, denn chronische Erkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Probleme führen immer noch häufig zu unnötigen Fehlzeiten, Erwerbsminderung und letztendlich Erwerbsunfähigkeit. Hingegen sind bei einem hohen Maß an Mitarbeiter-Wellbeing geringere Fehlzeiten zu erwarten.
In einem ersten Schritt prüfen daher viele Unternehmen, wie effektiv ihr aktuelles Wellbeing-Programm ist bzw. wie das Stresslevel ihrer Mitarbeiter aussieht. So zieht ein Viertel Mitarbeiterbefragungen in Betracht, um die Ansichten der Arbeitnehmer zu Sicherheit, Wohlbefinden und Bedürfnissen am Arbeitsplatz zu ermitteln, wie die Willis-Towers-Watson-Studie zeigt.
Ein Drittel der Unternehmen hat bereits ermittelt, welche Faktoren für das Wellbeing bestimmter Mitarbeitergruppen unerlässlich sind. Auf Basis dieser Informationen lassen sich weitere Maßnahmen einleiten. Mehr als ein Viertel der Unternehmen plant oder prüft beispielsweise die Einführung einer flexiblen Benefits-Plattform, über die Mitarbeiter bedarfsgerechte Benefits auswählen und buchen können. Zudem soll die Kommunikation der vorhandenen Benefits verstärkt werden – den Benefits, von denen die Mitarbeiter nichts wissen, nützen weder ihnen noch dem Unternehmen.
Autor: Raymond M. Catudal, Senior Consultant bei Willis Towers Watson