Übermacht Allianz Leben: Was die Konsolidierung der Branche für den Makler bedeutet

StockSnap auf Pixabay

Seit 1980 ist die Zahl der Versicherer von 809 auf 528 zurückgegangen. Insbesondere bei Einzel-Versicherern gab es einen verstärkten Rückgang, schwache Tochterunternehmen werden innerhalb von Konzernen zusammengelegt. Diese Konsolidierung hat auch Konsequenzen für Versicherungsmakler, positive wie auch negative. Das zeigen wir im ersten Teil der exklusiven Serie zur Konsolidierung in der Versicherungsbranche.

Die Beitragseinnahmen haben sich in den letzten 40 Jahren insgesamt mehr als verfünffacht, die Zahl der Versicherungsgesellschaften in der gleichen Zeit fast halbiert. Im Schnitt erwirtschaftet ein Versicherer damit pro Jahr mittlerweile zehnmal so viel, nämlich 383 Mio. während es 1980 noch 36 Mio. Euro waren. Und in der größten Sparte Leben, die mit rund 90 Mrd. Euro fast die Hälfte der gesamten Umsätze der Erstversicherer ausmacht, hat Marktführer Allianz Leben mittlerweile einen Marktanteil von 29 Prozent und diesen damit seit 2004 ziemlich genau verdoppelt.

Quelle: Policen Direkt / GDV

Eine Konsolidierung des Marktes wird spätestens auf Ebene der Einzelversicherer sichtbar, auch wenn der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) noch vor vier Jahren in einer umfangreichen Analyse vorgerechnet hat, dass die Marktanteile der Top-15 Versicherungsgruppen insgesamt weitgehend konstant geblieben ist – ohne aber direkt auf Verschiebungen innerhalb dieser Gruppe einzugehen.

Versicherungsgruppen legen ihre Gesellschaften vermehrt zusammen. Konzern-Umstrukturierungen bedeuten gravierende Veränderung, schließlich sollen durch Zusammenschlüsse Prozesse standardisiert und Kosten reduziert werden. Große Umstrukturierungen laufen beispielsweise bei den deutschen Tochterunternehmen der Generali-Gruppe. So wurde die AachenMünchner und Generali-Versicherung zur Generali-Deutschland-Versicherung und die Dialog bündelt das gesamte Maklergeschäft der Generali.

Seit kurzem gibt es auch wieder eine Generali Leben in Deutschland. Während die ursprüngliche Gesellschaft nach externem Run-off mittlerweile unter dem Namen Proxalto firmiert, wurde die AachenMünchener zur „neuen“ Generali Leben. Durch dieses Manöver findet sich der Versicherer so wieder unter den Top-Drei nach Beitragseinnahmen. Die jahrelang kolportierte Fusion der Provinzial Nordwest und Provinzial Rheinland wurde jüngst tatsächlich bekannt gegeben, womit es nur noch vier öffentliche Versicherungsgruppen mit Beitragseinnahmen im Milliardenbereich gibt. Synergien von bis zu 100 Mio. Euro pro Jahr sind laut Experten mit der Provinzial-Fusion das Ziel.

Für unabhängige Makler, die sich nicht allein auf Poolanbindungen verlassen, bedeuten derartige Entwicklungen zunächst einmal eine deutliche Reduzierung der unterschiedlichen Kontaktpunkte. Der Makler muss damit seine Kunden gegenüber deutlich weniger Gesellschaften vertreten, eine offensichtliche Erleichterung der Arbeit. Weniger unterschiedliche Antrags-, Änderungs- und Meldeprozesse lassen Makler und Back-Office wesentlich produktiver kommunizieren.

Je einheitlicher IT-Strukturen innerhalb eines Versicherungskonzerns sind, desto weniger Pools und Portale muss ein Makler zwischenschalten. Mit einem guten Schnittstellenmanagement lassen sich Routineaufgaben automatisieren. Mehrere Initiativen wie beispielsweise BiPro sind angetreten, den Datenaustausch zwischen den Maklern und Versicherern zu verbessern. Das lässt sich mit weniger Versicherungsgesellschaften tendenziell schneller umsetzen.

Für Makler spürbare Synergie-Effekte von Fusionen stellen sich in der Regel frühestens mittelfristig ein, auch wenn das Management verständlicherweise wie im Fall der Provinzial schnellstmöglich Ergebnisse sehen will. Aber „gewachsene“ IT-Landschaften müssen zunächst intern standardisiert werden, bevor mit Verbesserungen der digitalen Schnittstellen der ehemals unabhängigen Gesellschaften zu rechnen ist. Ein bereits laufender Prozess kann sich im schlimmsten Fall durch eine Fusion sogar verzögern.

Langfristig bedeutet Marktkonzentration auf Anbieterseite für Makler schlicht auch gesteigerte „Lieferantenmacht“. Gibt es weniger Versicherungsgesellschaften, so hat der Makler bzw. Kunde geringere Auswahlmöglichkeiten. Größere Gesellschaften könnten ihre Marktmacht nutzen, um Preis-/Leistungskonditionen zu diktieren. Dieser Effekt ist im Bereich der Sachversicherung vielleicht noch nicht absehbar. Ein Blick auf die Lebensversicherung offenbart aber, dass die Allianz mit mittlerweile 46 Prozent des Neugeschäfts mit ihrer Produktgestaltung wesentlichen Einfluss auf den privaten Vorsorgemarkt hat.

38 Prozent der Versicherer rechnen im Übrigen damit, dass die Marktkonzentration durch die Corona-Krise zunimmt, wie eine aktuelle Umfrage von Ernst & Young mit V.E.R.S. Leipzig zeigt. 93 Prozent sehen dabei aber auch Chancen für die Digitalisierung. Auch die Versicherungsmakler sehen diese Herausforderungen: 67 Prozent rechnen mit weniger Geschäft bei gleichzeitig erhöhtem Arbeitsaufwand bis Ende 2021 und darüber hinaus, ein Ergebnis des Policen Direkt Maklerbarometers 2020.

Besonders findige Vermittler – immerhin knapp 40 Prozent – haben erkannt, dass vor allem neue Technologien, neue Sparten und neue Produkte langfristig Geschäftsperspektive schaffen und damit die Resilienz erhöhen. Darum prüft jetzt, wer sich neu bindet und sucht sich Partner, die auch noch in zehn Jahren am Markt sind.

Autor: Ernesto Knein, Geschäftsführer der Policen Direkt Beteiligungs GmbH und dort verantwortlich für die Übernahme von Maklerunternehmen und die Digitalisierung von Maklerbüros

Mehr zum Thema Vertrieb lesen Sie jeden Monat im E-Magazin Der Vermittler.

Quelle: VVW GmbH

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

neunzehn + 5 =