Rückversicherer halten sich bei Schadenschätzung durch Hurrikan „Dorian“ noch zurück
Hurrikan „Dorian“hat in den vergangenen Tagen auf den Bahamas eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Bislang sind mindestens 44 Menschen ums Leben gekommen, Tausende werden jedoch noch vermisst. Die Rückversicherer scheinen dennoch recht glimpflich davonzukommen.
So rechnen die Analysten der Rückversicherer beim Branchentreffen in Monte Carlo derzeit mit einer Schadenbelastung von maximal zehn Mrd. Euro. Dabei müssten die Rückversicherer vor allem auf den Bahamas einen größeren Teil der Schäden übernehmen, in den USA wären vor allem die Erstversicherer betroffen, konstatiert Fitch-Analyst Brian Schneider. Der Versicherungsdienstleister AIR Worldwide beziffert die Schäden durch „Dorian“ derzeit auf etwa 1,5bis drei Mrd. US-Dollar.
Swiss Re beruft sich auf Modellrechnungen
„Es ist ein sehr schlimmer Schaden, aber es hat immerhin nicht die am stärksten besiedelte Region der Bahamas getroffen“, sagte Torsten Jeworrek, Vorstand der Munich Re, in Monte Carlo. Der Münchener Konzern rechnet demnach mit einer Schadenbelastung im mittleren einstelligen Milliarden-Dollar-Bereich.
Dabei setzt der Konzern nun auch auf neue Lösungen, um Schäden durch genauere Planbarkeit und genauere Voraussagen zu verringern. So unterstütze beispielsweise der Wildfire Risk Score die Kunden bei der Bewertung von Waldbrandrisiken in Nordamerika und der Einschätzung von Schäden nach einem Waldbrand. Dafür kombiniert Munich Re Schadendaten aus historischen Waldbränden mit Informationen aus öffentlich zugänglichen wissenschaftlichen Quellen.
Auch der Schweizer Rückversicherer Swiss Re hielt sich noch mit einer Schadenschätzung zurück. So gebe es zwar ein paar Modellrechnungen für die Schäden auf den Bahamas, aber nicht für die Gesamtschäden. Das dauere noch eine oder einige Wochen, konstatierte Underwriting-Chef Edouard Schmid am Wochenende in Monte Carlo.
Allerdings habe „Dorian“ die Branche in den letzten zehn Tagen recht nervös gemacht, so Schmid weiter. Zudem gebe es die Wahrnehmung, dass der Klimawandel die Frequenz und Stärke der großen Hurrikane antreibe, sagte Schmid: „Aber um ehrlich zu sein, ist es etwas zu früh, um diesen Schluss zu ziehen.“ Weitere Faktoren seien auch die Exposition von Menschen und Gütern in gefährdeten Gebieten oder die Klagebereitschaft vor Gericht.
PwC: Klimakatastrophen bald nicht mehr versicherbar
Dennoch dürften die Rückversicherer die Folgen des Klimawandels weiter zu spüren bekommen. Laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und des Centre for the Study of Financial Innovation (CSFI) nennt die Branche immer häufiger auftretende Wetterextreme und teurer werdende Katastrophenschäden erstmals als wesentliche Risiken für das operative Geschäft. Gleichzeitig äußerten die 320 befragten Branchenvertreter und –experten aus 42 Ländern die Sorge, dass bestimmte Naturkatastrophen langfristig kaum noch versicherbar sein werden.
„Nicht nur die Häufigkeit und Heftigkeit der Wetterextreme nimmt zu, auch die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Kampf gegen die Erderwärmung verändern sich. Dadurch entstehen neue Risiken, aber auch Chancen für die Rückversicherer“.
Julia Unkel, Leiterin des Bereichs Insurance bei PwC Deutschland
Als weitere Top-Risiken werten Rückversicherer neue Technologien, Gefahren aus dem Cyber-Raum, die eigene strukturelle Wandlungsfähigkeit mit Blick auf neue Technologien und Kundenwünsche sowie steigende regulatorische Anforderungen an die Branche wie die EU-Datenschutz-Grundverordnung und den Bilanzierungsstandard IFRS 17.
Auch der wachsende Kostendruck und Wettbewerb unter den Anbietern dürfte nach Einschätzung der Rückversicherer die Konsolidierungswelle der Branche weiter anschieben. InsurTechs machen den Rückversicherern laut Analyse dabei weniger zu schaffen als den Erstversicherern. Als weitere Herausforderungen für das operative Wachstum nennen die Befragten Überkapazitäten und Niedrigzinsen.
Autor: VW-Redaktion