„Fass ist übergelaufen“ – Allianz Vermittler wollen Provisionsstreichung nicht akzeptieren

Kollision zwischen Führung und Vermittlerschaft droht Quelle: Rike/ www.pixelio.de / PIXELIO

Es ist ein schmerzender Leberhaken für die Vermittlerschaft. Die Münchener streichen ihren Verkäufern die seit rund zwei Jahrzehnten gezahlte Bestandssicherungsprovision (BSP) im Namen der Digitalisierung. Die Vermittler gehen auf die Barrikaden, in internen Foren wird zum Widerstand aufgerufen. Es droht eine Kollision zwischen Führung und Vermittlerschaft.

Der Bestandskunde ist nie so wertvoll wie der künftige, das gilt auch bei der Allianz. Deswegen soll das bei der Provision eingesparte Geld in die Digitalisierung fließen und beim werben neuer Kunden helfen. Jetzt ist es bei der Allianz allerdings nicht so, dass ein Mangel an Geld herrschen würden, das Geschäft mit der Lebensversicherung wächst, in der KFZ-Versicherung funktioniert der neue Tarif laut Insidern fantastisch und soll dabei helfen, den Branchenkönig Huk-Coburg zu entthronen.

Insgesamt steht die Allianz Deutschland also glänzend da. Zuletzt konnte der Umsatz auf knapp 35 Milliarden Euro gesteigert werden, der Gewinn lag über dem des Vorjahres.

Noch besser sieht es bei der Konzernmutter aus, das Operative Ergebnis betrug im Jahr 2017 stolze 11,1 Milliarden Euro. Mit dem Geld wurden auch die Aktionäre bedacht, die sich über Rückkaufprogramme und Dividendenausschüttungen in nie gekannter Höhe freuen durften.

Da darf die Frage erlaubt sein, warum für die Digitalisierung die Vermittlerschaft aufkommen soll.

Röhler will den Neukunden

Die Allianz will den jungen, zahlungskräftigen Neukunden. Der Altersdurchschnitt des durchschnittlichen Kunden ist eher fortgeschritten und der neue Allianz-Deutschland Chef Klaus-Peter Röhler setzt ganz auf Wachstum mittels Neukundengewinnung. Dafür soll die Effizienz gesteigert werden, gerade im Bereich IT. Künftig sollen alle Produkte “ vom Smartphone aus vernünftig abschließbar sein“, wie aus dem Unternehmen zu vernehmen ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Allianz ganz auf Vermittler verzichtet, wie zuletzt bei Fourmore.

Die IG – der Vertretervereinigungen der Allianz Vermittler war für eine Stellungnahme zur Streichung der BSP nicht zu erreichen, das ist aber für ein Stimmungsbild nicht nötig, denn die Laune der Vertreter ist mit „schlecht“ sehr wohlwollend umschrieben.

Die Vermittlerschaft will die Streichung nicht akzeptieren

In den nächsten Tagen werden die Vermittler ihre Abrechnung der BSP erhalten und können dann genau sehen, was ihnen in den nächsten Jahren entgehen wird.

Zwar habe die Allianz laut einer unternehmensnahen Quelle mit der IG vorab Gespräche geführt, das reicht aber nicht, um die Vertreter zu beruhigen. In internen Allianz-Foren ist ein Brandbrief erscheinen, der das Unternehmen heftig angeht und die Verkäufer zum Widerstand aufruft. Der Appell schlage intern „allerhöchste Wellen“.

Die Streichung kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, die Vermittlerschaft ist aktuell bereits nicht gut auf den Konzern zu sprechen. In diesem Jahr wurde bereits eine Sonderzahlung gestrichen, zudem sei die IT laut einem Vertreter „technisch eine Zumutung“ und hätte wiederholt zu Umsatzeinbußen geführt.

Bietet die Allianz Schweigegeld?

Laut Aussage eines Vermittlers bietet die Allianz den Vertretern, die den BSP-Verzicht bis zum 16. November unterschreiben, eine letztmalige Zahlung von 2.000 Euro im Jahr 2022. Ein Betroffener bezeichnet das als „Schweigegeld“.

Einige Vermittler versuchen ihre Kollegen davon zu überzeugen, den BSP-Verzicht nicht zu unterschreiben, wie VWheute erfuhr. Offenbar mit Erfolg, bei einem der führenden Köpfe dieser kleinen Bewegung wären bereits hunderte von Emails und Anrufen mit Glückwünschen, Zustimmung und Durchhalteparolen eingetroffen.

Es wird seitens der Aufrufenden mit mehr als tausend Unterstützern gerechnet, obwohl einige Vertreter „Angst hätten“, bei Nichtunterzeichnung auf eine schwarze Liste zu kommen. Das ist eine Zahl unzufriedener Verkäufer, die auch die Allianz nicht so einfach schlucken kann.

Bei der Vermittlerschaft sei derzeit richtig „Dampf unterm Kessel“, ein weiterer Betroffener spricht wegen der BSP von dem berühmten Tropfen, der „das Fass zum Überlaufen brachte“.

Die Allianz hat sich selbst einen stürmischen Herbst beschert. Es sieht nicht so aus, als würde der Konzern den BSP Verzicht schnell und einfach durchbekommen, nicht zuletzt deswegen, weil noch ein allgemeiner Provisionsdeckel droht.

Bei der Allianz-Vermittlerschaft brodelt es.