Kommentar: „Provisionslimit ist richtig – und trifft die Falschen“

Der Provisionsanspruch basiert in der Regel auf dem Beitrag, je höher die Prämie, desto mehr Provision. Bildquelle: Mohamed Hassan/ Pixabay

Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund hat auf der Jahrespressekonferenz den Provisionsrichtwert bei der Altersvorsorge angekündigt. Vorausgegangen war der Bombe eine aktuelle Kostenuntersuchung der Aufsicht sowie eine jahrelange Diskussion. Bisher konnte die Branche Änderungen am Provisionsmodell stets verhindern. Das ist jetzt vorbei – und richtig. Kommentar von VW-Redakteur Maximilian Volz.

„Die höheren Effektivkosten in der Spitze lassen ernsthaft daran zweifeln, dass die Produktfreigabeverfahren den Interessen, Bedürfnissen und Merkmalen des Zielmarktes ausreichend Rechnung getragen haben“, ist das Ergebnis der Bafin-Untersuchung. Grund ist, der „Spreiz bei den Kosten“ ist zu groß. Verbraucherschützer, Aufsicht und Teile der Politik bemängeln darüber hinaus die Kostenintransparenz. Beide grundlegenden Probleme lassen sich am Beispiel der Kickback-Zahlungen aufzeigen. Die Untersuchung zeigt, dass nur etwa die Hälfte aller Lebensversicherer die Höhe der Kickback-Zahlungen der Fondsanbieter an die Vermittler kennen.

Diese stellen „de facto eine zusätzliche Vertriebsvergütung dar“ und können zu einem Interessenskonflikt führen. Die Auswirkungen unbekannter Zahlungen können von den Unternehmen weder selbst eingeschätzt, noch zwecks Bewertung an die Aufsicht weitergegeben werden. Auch die Kostenseite ist ein Problem. Die Rückvergütungen bei erfolgreicher Fondsvermittlung werden aus den Fondsmanagementgebühren finanziert und sind Teil der Effektivkosten, der Kunde muss laut Gesetz diesbezüglich informiert werden. Sie zählen aber nicht zu den einkalkulierten Abschlusskosten, die einheitlich und separat mitgeteilt werden müssen. In der Summe erhöhen die Kickbacks also die Kosten, sind nicht transparent und können zu Fehlanreizen führen.

Bei Verständnisproblemen seitens des Versicherungsnehmers verweisen die Versicherer auf den Vermittler. Er ist es, der Versicherungsnehmern die Begriffe und Auswirkungen von Zillmerverfahren, Abschlusskosten und Kickbacks erläutert. Der Berater sorgt für einen fließenden Informationsfluss gen Kunden und wird dafür honoriert. Der Provisionsanspruch basiert in der Regel auf dem Beitrag, je höher die Prämie, desto mehr Provision. Die Möglichkeit eines Interessenskonflikts ist an dieser Stelle gegeben, denn Vermittler und Unternehmen profitieren von höheren Prämienzahlungen, der Kunde nur bei guter Beratung.

Das Problem des Fehlanreizes ist das meistgenutzte Schwert der Provisionskritiker, die sich auch außerhalb der Bafin zahlreich finden. Tatsächlich sind die Abschlussaufwendungen im Bereich Lebensversicherung krisensicher, gerundet liegen sie seit zehn Jahren zwischen 6,7 und acht Mrd. Euro. In Zeiten von Niedrigzinsen und -renten ist das viel Geld. Das sieht auch die Bafin so. Sie hat sich das schwächste Glied der Kunde-Vermittler-Unternehmen-Kette gepickt und weiß die europäische Aufsicht bei ihren Bemühungen hinter sich.

Kürzlich erklärte Grund, dass er eine rechtliche Basis für den Provisionsrichtwert sieht – ganz im Gegensatz zu einigen Vermittlerverbänden. Die Öffentlichkeit wird sich ebenso wenig wie die Politik schützend vor die unbeliebten Versicherungsvermittler stellen, obgleich die Provisionszahlungen in anderen (Finanz-)Bereichen höher sind. Eine auskömmliche und als gerecht empfundene Gesamtrente ist für den sozialen Frieden unabdingbar. Abweichungen führen zu Dissens oder gar Unruhen, zeigt das Beispiel Frankreich.

Wenn die Branche die zahllosen und wiederholten Gesprächsangebote Grunds bezüglich einer Kostenreduzierung nicht zügig annimmt, wird der Provisionsrichtwert am Ende des Jahres unfairerweise zulasten der Vermittler beschlossen. Noch können die Unternehmen zeigen, dass ihr oft pathetisch vorgetragener Schwur von gerechter Bezahlung des Vermittlers nicht am eigenen Portmonee scheitert. Von einer Kostenreduktion profitiert nicht nur der Kunde. Am Ende der Richtwertdebatte wiegen die Kosten- und Transparenzargumente schwerer als die legitimen Wettbewerbs-, Rechts- und Fairnessbedenken. Der Provisionsrichtwert ist ein neuer Anlauf der Bafin – hoffentlich nicht gegen die Wand.

Autor: Maximilian Volz

Ein Kommentar

  • Ich habe mich seit den staatl. Eingriffen ins Vergütungswesen, Stornohaftungszeitenprocedere und die unverhältnismäßig umfangreichen Risikofragebögen (plötzlich hatte ich nur noch „Kranke“ als Interessenten und Nachbearbeitung) schon längst aus den Sparten Kranken und Leben zurückgezogen. Soll der Staat doch sehen, wie er seine Leute versorgt bekommt! Ich mache den staatlich verordneten „Hürdenlauf“ auf keinen Fall mit.

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