Arbeiten nach Corona: Wie Axa, Huk-Coburg, Debeka, R+V und VKB ihre Bürowelt umkrempeln

Bildquelle: Free Photos / Pixabay)

Seit Anfang Juli sind die Unternehmen nicht mehr in der Pflicht, Homeoffice anzubieten. Doch ein
komplettes zurück ins Büro wird es wohl nicht geben, zumal zahlreiche Versicherer schon vor Corona das
Arbeiten zu Hause angeboten haben. Viele Mitarbeiter freuen sich auf ihre Kollegen, wollen dennoch die
Möglichkeit zur Heimarbeit weiter nutzen. Ein Blick in die Bürowelt der Axa, Huk-Coburg, Debeka, R+V und VKB.

Hinweis in eigener Sache: Die nächste Ausgabe des VWheute-Tagesreports erscheint wegen des Feiertages „Allerheiligen“ erst wieder am Dienstag, dem 2. November 2021 – wie gewohnt um 00.04 Uhr.

Axa: Aus für Einzelbüros

Axa Deutschland ist bereits 2016 mit seinem New Way of Working-Programm gestartet und hat damit die kulturellen, räumlichen und technischen Voraussetzungen für die eigene digitale Transformation geschaffen, berichtet Sirka Laudon, Vorständin für das Ressort People Experience. Hierbei werde auf offene Raumkonzepte, das Durchbrechen von Arbeitsroutinen und auf Kreativflächen gesetzt. „Einzelbüros als Statussymbol haben endgültig ausgedient. Niemand hat mehr einen festen Schreibtisch – weder Mitarbeitende noch Führungskräfte oder Vorstandsmitglieder“, macht sie deutlich. Das Desk Sharing ermögliche es, ausgestattet mit Notebooks und Headsets, auch während des Arbeitstages mobil zu sein und bei Bedarf in eine andere Arbeitszone zu wechseln. Gleichzeitig können Mitarbeitende schon seit geraumer Zeit an bis zu zwei Tagen die Woche zu Hause arbeiten und haben dafür die entsprechende technische Ausrüstung.

Die Abstimmung zu Büro- und Homeoffice-Tagen findet innerhalb der Teams statt. „Bereits vor Corona haben rund 80 Prozent unserer Mitarbeitenden diese Möglichkeit genutzt“, erklärt Laudon weiter. „Das alles hat es uns zu Beginn der Pandemie im letzten Jahr ermöglicht, unsere gesamte Mitarbeiterschaft sehr schnell ins Homeoffice zu schicken. Zeitweilig lag die Anwesenheitsquote an unseren Standorten im einstelligen Prozentbereich. Komplett virtuell zu arbeiten, sei jedoch trotzdem etwas anderes. „Menschen brauchen den persönlichen Austausch und es ist wichtig, sich auch als Team persönlich zu erleben“, bemerkt die Vorständin.

Sirka Laudon, Axa-Vorständin für das Ressort People Experience.

Darüber hinaus seien kreative Methoden eingeschränkt, was die Innovationskultur erschweren kann. Daher glaube man für die Zeit nach der Pandemie an einen ausgewogenen Mix von Arbeiten in Präsenz und im Homeoffice. Aktuell seien Mitarbeitende nach wie vor zum großen Teil im Homeoffice, größere Präsenz-Veranstaltungen finden – wenn überhaupt – nur mit einem Nachweis der 3-G-Regelung statt. „Aufgrund der nach wie vor dynamischen Entwicklung werden wir unsere Maßnahmen in Bezug auf das Coronavirus weiterhin kurzfristig planen und an die jeweilige Situation anpassen“, sagt Laudon.

Debeka: Vom Ausnahme- zum Normalzustand

Während des Lockdowns haben alle Mitarbeiter der Debeka, deren Arbeitsgebiet es zulässt, mobil von zu Hause gearbeitet. Das waren rund 90 Prozent, berichtet Vorstandsvorsitzender Thomas Brahm. Das mobile Arbeiten war vor der Pandemie eher eine Ausnahme, da nur rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Telearbeitsplatz hatten. Daher war es für die meisten eine Umstellung. „Manche Dinge konnten nicht ganz so zeitnah geklärt werden, wie es im Büro möglich ist“, so Brahms Resümee. „Insgesamt kamen wir aber mit der gesamten Debeka gut durch die Pandemie. Die Arbeitsleistung hat in manchen Bereichen sogar zugenommen.“ Das betraf vor allem Bereiche, in denen die Mitarbeiter klare und kontinuierliche Vorgänge, wie beispielsweise in der Vertragsprüfung, bearbeiten.

Dagegen gab es in Bereichen, in denen kreativeres Arbeiten erforderlich ist, Erschwernisse, weil diese Aufgaben in der rein digitalen Form schwerer lösbar sind, so seine Erfahrung. Auch der Führungsstil habe sich durch die räumliche Entfernung verändern müssen. Dazu habe man unter dem Schlagwort „Führen auf Distanz“ den Führungskräften geholfen, virtuelle Teams zu organisieren. Die Kommunikation untereinander habe sich durch die fehlende Präsenz vor Ort verändert. „Alle Meetings online abzuhalten, strengt nicht nur an, sondern ist auch sicherlich psychologisch gesehen nicht gesund“, schätzt Brahm ein.

Dem stehen natürlich viele Vorteile gegenüber. „Was wir konkret beibehalten, wird in einer Arbeitsgruppe derzeit definiert“, berichtet er daher. Derzeit gibt es vonseiten der Arbeitnehmer unterschiedliche Wünsche an das künftige Arbeiten, weiß der Vorstandsvorsitzende. „Viele Mitarbeiter wollen wieder zurück ins Büro, weil sie merken, dass ihnen eine feste Struktur im Arbeitsalltag sowie die sozialen Kontakte fehlen. Von anderen hört man aber auch, dass sie grundsätzlich lieber von zu Hause arbeiten.“ Das Zielbild sei, nach der Pandemie drei Tage im Büro und zwei Tage zu Hause zu arbeiten, wenn sowohl der Arbeitnehmer als auch die Führungskraft dies wünscht – Prinzip der doppelten Freiwilligkeit. Wer ins Büro zurückkehren darf, unterliegt momentan keinen Einschränkungen. Das in Arbeit befindliche Rückkehrkonzept wird sich zwar an 2-G orientieren, durch arbeitsrechtliche Einschränkungen hinsichtlich des Auskunftsrechtes könne es indes keine verpflichtende Maßgabe geben, betont Brahm.

Huk-Coburg: Künftig gute Balance erwünscht

Uwe Keller, Personalchef bei Huk-Coburg, berichtet, dass in seinem Unternehmen während des Lockdowns ebenfalls bis zu 90 Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice beschäftigt waren. Zwar gibt es seit 2008 Telearbeitsplätze sowie die Möglichkeit für Mitarbeiter aus Stabsabteilungen anlassbezogen einen Tag pro Woche im Homeoffice zu arbeiten. Für die große Masse war es dennoch eine große Umstellung. „Der fast flächendeckende Einsatz moderner Kommunikationstools hat – wie fast überall – einen Digitalisierungsschub gegeben. Das sehen wir als Vorteil“, berichtet er. „Nachteilig wirkt sich aber das fehlende soziale Miteinander durch eine geordnete Bürostruktur aus. Wir versuchen jetzt hier eine gute Balance zu finden.“ Führen auf Distanz gehörte und gehört zum neuen Alltag, jetzt auch in Kombination von Präsenz- und Homeoffice. Besonders wichtig dabei war, den Kollegen noch mehr Halt und Orientierung zu geben, Interesse und Wertschätzung zu zeigen und noch aktiver die Kommunikation zu suchen, ist Keller überzeugt. Derzeit werde an Konzepten gearbeitet, wie es mit dem mobilen Arbeiten weitergehen soll.

R+V: Telearbeit bis zu 40 Prozent normal

90 Prozent scheint die magische Zahl während des Lockdowns gewesen zu sein, denn auch die R+V-Mitarbeiter waren in dieser Größenordnung im Homeoffice. Schon einige Jahre zuvor wurde Telearbeit im Unternehmen eingeführt und vertraglich fest vereinbart. Bis zu 80 Prozent der Arbeitsleistung kann zu Hause erbracht werden, betont Personalvorständin Julia Merkel. Und mit Erfolg: An etlichen Innendienststandorten beträgt der Anteil der Telearbeit bereits um die 40 Prozent. „Darüber hinaus war Homeoffice schon früher sporadisch möglich, aber eher für den Ausnahmefall, wie Handwerker im Haus, Kind krank u.ä. Dank der flächendeckenden Ausstattung unserer Mitarbeiter mit Laptops war das technisch kein Problem“, erläutert sie.

In der Pandemie konnte so der Servicelevel gehalten und die Kunden auch ohne persönliche Kontakte digital beraten und gutes Geschäft geschrieben werden. „Es hat sich gezeigt: Die digitale Infrastruktur funktioniert, die Veränderungsgeschwindigkeit und die Bereitschaft und Fähigkeit der Kolleginnen und Kollegen mitzuziehen ist enorm“, ist sie erfreut. „Die Pandemie hat die Veränderungsfähigkeit verstärkt und uns in dem Transformationsprozess, den wir bereits 2017 begonnen haben, noch bestärkt.“ Die Mitarbeiter haben den Zugewinn an Flexibilität durch mobiles Arbeiten schätzen gelernt, die auch nicht mehr aufgegeben werden soll, betont sie. Dennoch freuen sich viele, endlich wieder im Büro arbeiten zu können. Es ist wieder möglich, die Kolleginnen und Kollegen zu treffen, die Kantine zu besuchen und sich persönlich auszutauschen.

Daher werde gerade ein neues Arbeitsmodell eingeführt, das eine Mischung aus Homeoffice und Präsenz vorsieht. Es wird davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter zwei- bis dreimal pro Woche im Unternehmen arbeiten werden. Generell sieht das neue Modell vor, in Abstimmung mit der Führungskraft zwischen drei Arbeitsmodellen zu wählen und zwischen einem und vier Tagen zu Hause arbeiten zu können. „Dabei gilt grundsätzlich: Mehr Büro geht immer – also auch 100 Prozent Anwesenheit an unseren Standorten“, erläutert Julia Merkel.

VKB: Zufriedenheit steigt mit Pendelzeit

Rund 20 Prozent der Mitarbeitenden der Versicherungskammer haben bereits vor Corona die Möglichkeit genutzt, zu Hause zu arbeiten, in der Pandemie waren es bis zu 85 Prozent. Bei einer Mitarbeiterbefragung vor einem Jahr gaben gut zwei Drittel (69 Prozent) der Befragten an, vollkommen oder sehr zufrieden mit dem Arbeiten im Homeoffice zu sein, nur neun Prozent waren weniger zufrieden oder unzufrieden. Interessant: Die Zufriedenheit steigt mit der Dauer der täglichen Pendelzeit, die im Homeoffice wegfällt. Führungskräfte und Mitarbeiter bestätigten zudem einen positiven Einfluss von Homeoffice auf die Leistung. Auch die Kontrolle über die eigene Leistungserbringung hat sich demnach durch das mobile Arbeiten nicht verändert. Aber: 64 Prozent vermissten den persönlichen Austausch mit Kollegen.

Dennoch wollen auch künftig 97 Prozent gern weiter – wenn auch nicht ausschließlich – mobil arbeiten. Geändert hat sich der Führungsstil. Führungskräfte haben zum Beispiel zusammen mit den Mitarbeitenden Priorisierungen vorgenommen und das bevorzugte „Ansprechmittel“ – E-Mail, Telefon, Chat usw. – geklärt und zur Interaktion zwischen den Kollegen ermuntert, etwa bei einem virtuellen Feierabendgetränk. Ein komplettes Zurück ins Büro wird es daher nicht geben, man rechnet mit mindestens 40 Prozent Homeoffice-Anteil. Im Moment dürfen vollständig Geimpfte oder Genesene teamübergreifend in Absprache mit der Führungskraft die Büros betreten und gemeinsam benutzen.

Für Nicht-Geimpfte und Nicht-Genesene gilt weiterhin die Einteilung in A-, B- und C-Teams. „Der Alltag lehrt uns, neue Arten des Zusammenarbeitens auszuprobieren und unter neuen Führungsmodellen zu agieren“, erklärt Frank Walthes, Vorsitzender des Konzernvorstands. „Wir dürfen alle durchaus stolz sein, wie wir in der Versicherungskammer diese Umstellung gemeistert haben. Entsprechend haben wir die Unternehmensleitsätze angepasst, mobiles Arbeiten ist darin nun ein zentraler Punkt, der lautet: ‚Wir bauen die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens und andere Formen der Zusammenarbeit gemeinsam weiter aus und verankern sie fest in unseren Häusern.'“

Autor: Elke Pohl

2 Kommentare

  • Liebe VW, was soll denn eine Vorständin bitte sein? Das Gesetz beschreibt den Vorstand als ein Gremium, das allerdings auch nur ein Mitglied haben kann. Einen Menschen als Vorstand zu betiteln, war schon immer eine Verballhornung, aber im Sinne der sprachlichen Schlankheit verzeihlich. Vorständin ist allerdings völliger Unsinn, selbst für Genderfanatiker*innen (m,w,div. usw.) Es heißt auch nicht Geschäftsführungin. Übrigens, auch nicht Mitgliedin! Ihre Meinung dazu würde mich interessieren. Gruß, Ihr B. Krebs

  • Hallo Herr Krebs,

    „Vorständin“ hat es in den Duden geschafft. Sprache ist letztlich eine Gewohnheit. Je mehr Frauen im Vorstand vertreten sind, desto öfter wird der Begriff im Alltag verwendet. Andere Zeitschriften wie der Spiegel oder das Handelsblatt verwenden diesen Begriff ebenfalls.

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