Pricing: Was Versicherer von der Gastronomie lernen können

Erfolgsrezept Convenience: Die Ursprünge des Begriffs liegen in der Lebensmittelindustrie, in der der Begriff häufig im Zusammenhang mit "Convenience Food" fällt. Quelle: Freephotos/Pixabay

Der Grad der Bequemlichkeit beim Kauf eines Produkts sticht den Preis aus. Welche Lehren Versicherer beim Pricing aus der Gastronomie ziehen können, erläutert Sven Gerhardus in einem Gastbeitrag für die Versicherungswirtschaft.

Auf den Begriff Bequemlichkeit stößt man in der heutigen Wirtschaftssprache eher selten. Häufiger wird dieser unter dem englischen Begriff „Convenience“ subsumiert. Die Ursprünge liegen auch nicht in der Versicherungswirtschaft, sondern in der Lebensmittelindustrie, in der der Begriff häufig im Zusammenhang mit „Convenience Food“ fällt. Frei übersetzt steht dies für „bequemes Essen“, bei dem bestimmte Be- und
Verarbeitungsstufen bereits durch den Produzenten übernommen werden. Dieses Verfahren ermöglicht eine einfachere Zubereitung bzw. einen einfacheren Verzehr in Privathaushalten oder der Gastronomie.

Nach der sogenannten Grundstufe, mit der die unbearbeitete Ware beschrieben wird, gibt es fünf Stufen der Convenience. Von Convenience „Stufe 1 – küchenfertig“, bei der das Essen vor dem Garprozess noch zubereitet werden muss, über die Stufen „garfertig“, „aufguss-/anrührfertig“ und „zubereitungsfertig“ bis hin zu Convenience „Stufe 5 – verzehrfertig“. 80 bis 90 Prozent aller Lebensmittel gelangen heute bereits in einer vorbereiteten Form zum Verbraucher.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist vor allem hier der Faktor Zeit – ein Gut, das man bekanntlich nicht kaufen kann. Doch trifft dies auch im Bereich Convenience zu? Nicht so ganz, denn umso höher der Grad der Convenience, desto mehr Zeit wird bei der Zubereitung eingespart und desto eher sind die Konsumentinnen und Konsumenten bereit, einen höheren Geldbetrag zu zahlen. Wer hat nicht auch schon einmal die geschnittene 200-Gramm-Ananas für 3,99 Euro anstelle der gesamten Ein-Kilogramm-Ananas für 2,29 Euro gekauft? Verzehrfertiges Essen ist einfach bequem, doch wie bequem sind Versicherungsprodukte?

Der Schwerpunkt vieler Marketing- und Serviceaktivitäten liegt heutzutage darauf, dem Kunden eine spektakuläre Customer Experience zu bieten. Laut einer groß angelegten, im Harvard Business Review veröffentlichte Studie, kann es für eine erfolgreiche Kundenbeziehung jedoch bereits genügen, dem Kunden den Erwerb bzw. die Interaktion so einfach wie möglich zu gestalten. Der Customer Effort Score (CES), der mit „Kundenaufwandsindex“ ins Deutsche übersetzt werden könnte, ist nach diesem Ansatz der wichtigste KPI unserer Zeit. Umso leichter dem Kunden der Erwerb eines Produktes gemacht wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass er dies zum einen erwirbt und zum anderen zum Wiederholungskäufer wird.

Die Produkte im Versicherungsbereich werden seit Jahrzehnten durchoptimiert und echte Innovationen bzw. Differenzierungsmerkmale sind selten. Die Qualität der Produkte ist im deutschen Versicherungsmarkt insgesamt sehr hoch und Möglichkeiten, sich vom Markt abzuheben, kaum gegeben. Trotz alledem investieren Versicherer jedes Jahr erneut signifikante Beträge in die Produktentwicklung und vertreten weiterhin die Auffassung, dass der Entwicklung innovativer Produkte in Zukunft eine bedeutende Rolle für eine erfolgreiche Differenzierung im Wettbewerb beigemessen wird.

Bei der Erarbeitung der Prozesse lag das Augenmerk immer auf Geschwindigkeit, Personalisierung und Automatisierung, um Kundinnen und Kunden den Erwerb des Produktes so einfach wie möglich zu gestalten und die bestmögliche Customer Experience zu bieten. Die Ergebnisse haben unsere Erwartung bei Weitem übertroffen. Nicht nur sind alle Beteiligten begeistert von der Umsetzungsgeschwindigkeit, sondern auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolgs. Bei einer signifikanten Leadanzahl liegt die Conversion Rate im hohen zweistelligen Bereich. Dazu kommen ebenfalls beachtliche Cross-Selling-Effekte, die zeigen, dass Kundinnen und Kunden – bei hoher Convenience – gerne zum Wiederholungskäufer werden.

Autor: Sven Gerhardus ist Partner bei der Management- und Technologieberatung BearingPoint im Bereich Insurance / Customer & Growth

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

Ein Kommentar

  • Erich Hartmann

    Die Aussage, der Grad der Bequemlichkeit steche den Preis, mag auf „die Ananas“ zutreffen.
    Die vom Verfasser suggerierte Übertragbarkeit auf Versicherungsprodukte zeigt mir, dass ihm jegliche praxisnahe Erfahrung des Versicherungsgeschäfts fehlt.

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