Strategie-Puzzle: Versicherer entdecken ihre Lust an M&A´s wieder

Quelle: Hebi B. auf Pixabay

Covid-19 hinterlässt im Bereich der M&A-Aktivitäten und entsprechenden Planungen im Versicherungssektor deutlich ihre Spuren. Alleine schon aufgrund der Tatsache, dass physische Verhandlungen aufgrund des „Lock-Down“ im Frühjahr 2020 sehr eingeschränkt möglich waren. Der Wettbewerbsdruck indes zwingt Versicherer dazu, ihre Augen nach möglichen Übernahmen, Joint Ventures, Partnerschaften oder Investments in Insurtechs offen zu halten.

Hinzu kommt die Unsicherheit bezüglich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die sicherlich das ein oder andere Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit davon abgehalten hat, dahingehende Projekte voranzutreiben.

Steht damit aber zugleich eine Verschiebung der grundsätzlichen Parameter im Raum? Dies scheint zweifelhaft, wenn man die wesentlichen ökonomischen Treiber berücksichtigt, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen: Themen, die vor diesem Hintergrund immer wieder genannt werden, sind der Rückzug aus strategisch weniger bedeutenden Unternehmensbereichen und eine damit einhergehende Optimierung des Portfolios, fehlende Möglichkeiten durch rein organisches Wachstum substanzielle Größenzuwächse zu generieren, stärkere Kundenorientierung, Digitalisierung und Innovation, Konsolidierungen innerhalb einer Unternehmensgruppe, um Synergieeffekte zu generieren, ein immer „reifer“ werdender Insurtech-Markt sowie makroökonomische Faktoren.

Insofern wird deutlich, dass die vorgenannten Treiber nach wie vor uneingeschränkt Geltung beanspruchen – einschließlich auf den Tagesordnungen der Strategieabteilungen aller Versicherungsunternehmen. Vielfach wird man sogar sagen können, dass sich das Bedürfnis für M&A-Transaktionen infolge der Covid-19-Situation vertieft hat, etwa wenn man exemplarisch die rasch fortschreitende Digitalisierung oder die makroökonomischen Rahmenbedingungen in den Vordergrund rückt.

Berücksichtigt man zugleich, dass Versicherungsunternehmen in Deutschland einem massiven Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, wird schnell nachvollziehbar, dass auch in Zukunft Unternehmensübernahmen, Joint Ventures, Partnerschaften und Kooperationen, Umstrukturierungen sowie Investments in Insurtech-Gesellschaften eine bedeutende Rolle beanspruchen werden. Und dies nicht nur auf rein nationaler Ebene, sondern auch und gerade im grenzüberschreitenden Bereich, etwa um Wachstumspotenzial außerhalb des hochkompetitiven Heimatmarktes zu generieren.

Im Bereich Digitalisierung/Insurtech ist nach wie vor reges Interesse an Beteiligungen in einem reifer werdenden Markt zu beobachten (einschließlich im B2B-Bereich) – sowohl aus Sicht reiner Finanzinvestoren, aber auch und gerade durch strategische Beteiligungen von Versicherungsunternehmen. Berücksichtigt man ferner den „Druck“ in Richtung Digitalisierung, liegt es nahe, dass aus Sicht von Insurance Corporate Venture Capital der Fokus zunehmend auf entsprechende strategische Investments gerichtet wird. Ob damit zugleich der Abbau von strategisch weniger relevanten Minderheitenbeteiligungen in Insurtech-Unternehmen einhergeht, bleibt abzuwarten.

Allein die Tatsache, dass es in den vergangenen zwölf Monaten in Bezug auf M&A-Transaktionen in diesem Bereich eher ruhig geblieben ist, lässt nicht den Schluss zu, dass dahin gehende Überlegungen „vom Tisch sind“. Insbesondere als Konsequenz des erfolgreichen Verkaufs des Generali-Lebensversicherungsbestands an die Viridium-Gruppe wird sich die Geschäftsführung eines Lebensversicherers oder einer Pensionskasse bereits im Rahmen ihrer Pflichtenbindung mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Abgabe eines Bestands nicht eine reale Alternative für das jeweilige Unternehmen bzw. die Unternehmensgruppe sein kann.

Mit dem makroökonomischen Druck (und ungeachtet – vorübergehender – Erleichterungen im Bereich der Lebensversicherungen durch den Gesetzgeber, etwa im Hinblick auf die Zinszusatzreserve), steigt auch das Bedürfnis danach, innovativere Ansätze, etwa strukturierte Rückversicherungslösungen zu durchdenken und in Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde zu implementieren, sodass auch dahingehend weitere Transaktionen zu erwarten stehen. Der Ablauf der Übergangsmaßnahmen nach Solvency II wird diesen Druck mittelfristig noch substanziell erhöhen.

Autor: Thomas N. Broichhausen, Partner, Global Co-Head Insurance Sector, Linklaters LLP

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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