Dazugelernt: Darum haben Versicherer keine Angst mehr vor den Insurtechs

Yorck Hillegaart. Quelle: epo

Der Hype um Insurtechs und Start-ups ist einer nüchternen, pragmatischen Normalität gewichten. Statt Schockstarre aufseiten klassischer Versicherer und Vertriebsformen stehen neue Formen der Kooperation auf der Tagesordnung, von denen alle Parteien profitieren und ohne die künftig kein Geschäft mehr zu machen ist.

Davon ist York Hillegaart, geschäftsführender Gesellschafter der Funk Gruppe Hamburg und Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Versicherungs-Makler (BDVM), überzeugt, wie er auf einer Fachtagung am Dienstag in Hamburg erklärte.

Der klassische Vertrieb von Versicherungen, dessen baldiger Untergang schon prophezeit wurde, hat sich im Jahr 2018 laut aktueller Vertriebswege-Statistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gut gegen alle Formen des Direktvertriebs behauptet und insgesamt Marktanteile – außer in Kfz – ausbauen können.

Im Vergleich zum Vorjahr gibt es – außer bei Krankenversicherungen – kaum Veränderungen. Daraus könne man schlussfolgern, so York Hillegaart, dass von Disruption, vor der klassische Unternehmen lange Angst hatten, keine Rede sein kann.

Gezielte Dienstleistungen für Versicherer und Vermittler

Zu dieser Erkenntnis kam auch die weltgrößte Versicherungskonferenz, die InsurTech Connect (ITC), die im September dieses Jahres in Las Vegas stattfand und an der Hillegaart teilnahm. „Viele Insurtech-Start-ups haben mittlerweile ihre Geschäftsmodelle deutlich modifiziert: Weg von der Idee des Disruptors oder Direktvertriebs hin zu einem Dienstleister für Dritte als Geschäftsunterstützer und Ermöglicher für Versicherer bzw. Makler“, berichtete er.

Dabei hätten sich verschiedene Angebote und Cluster herauskristallisiert, die gezielt ganz bestimmte Bedürfnisse abdecken. Dazu zählen Plattformen, Datenanreicherungs- und -erweiterungs-Systeme, Prozessunterstützung im Front- und Backoffice, Angebote wie Sensorik, Internet der Dinge, Industrie 4.0 und Vorhersage von Kundenverhalten (Predictive Analytics) aus vorhandenen Daten, mit denen Risiken minimiert und das Pricing beeinflusst werden können, die Schnittstellenbesetzung sowie die Vertriebsunterstützung.

Kunde wird größter Disrupter sein

Aus Sicht der Experten auf der ITC gehen künftig die größten Innovationen nicht mehr aus der Technik hervor, sondern aus neuen, modifizierten Formen der Kooperation. Dabei können Makler als Inhaber von Daten und Kundenbeziehungen – wenn sie die sich bietenden Chancen und Opportunitäten gezielt aufgreifen – zu den Gewinnern von morgen gehören.

„So banal es klingen mag, auch der Kunde von morgen wird froh sein einen menschlichen Ansprechpartner zu eher spröden Versicherungs- und Risk Management-Themen zu haben, der ihn als Scout durch das Dickicht der Möglichkeiten führt – natürlich unter Einbeziehung der digitalen Dimension“, ist der Chef der Funk Gruppe überzeugt. Insofern werde der Kunde der größte Disrupter der Zukunft sein. Daher müssten mit den richtigen Kooperationspartnern neue Geschäftsfelder und -möglichkeiten entwickelt werden. Dazu zählen

  • effizientere Prozesse intern, zum Kunden und zum Versicherer,
  • Zugang zu relevanten Daten und deren Auswertung, um neue Dienstleistungen zu kreieren,
  • gezielte Erweiterung des Spektrums an Dienstleistungen,
  • Kommunikation auf allen Kanälen,
  • Makler als „vertrauensvoller Berater“ des Kunden,
  • Technologie für mehr Zeit beim Kunden,
  • Schnittstelle zum Kunden und von Mensch zu Maschine,
  • Aufbau eines digitalen Bestands.

Insofern nähern sich die bisherigen Gegenpole – technikaffine digitale Makler und Dienstleister auf der einen und klassische Makler als Berater auf der anderen Seite – an und nutzen gegenseitig das Beste aus der jeweils anderen Welt. Daher sei der Hybrid-Makler das Zukunftsmodell. Wie genau das funktioniere und welchen Weg man als Makler gehen müsse, dafür gebe es keinen Masterplan. Das müsse man selbst ausprobieren.

Cyber-Abschlüsse wachsen mit den Schadenerfahrungen

Eng mit dem Thema Digitalisierung hängen die Themen Cyber-Kriminalität und Cyber-Versicherungen zusammen, wie Achim Fischer-Erdsiek, geschäftsführender Gesellschafter der NW Assekuranz ProRisk, erläuterte. Dabei sei zu beobachten, dass die Anzahl der Abschlüsse von Cyber-Versicherungsschutz analog zu den medial und informell kommunizierten Schadenerfahrungen der Unternehmen kontinuierlich anwachse.

Allerdings auf einem noch geringen Niveau. So liegt laut Munich Re das Cyber-Marktvolumen in Europa für das laufende Jahr bei 800 Mio. Euro. Auf Deutschland entfallen runde 150 Mio. Euro. Im Vergleich dazu lag laut einem Bericht von Aon das Cyberversicherungs-Volumen in den USA im Jahr 2018 bei ca. zwei Mrd. US-Dollar, führte Fischer-Erdsiek weiter aus.

Noch erheblicher Klärungsbedarf bei Bedingungen

Die deutschen Erstversicherer erhöhen unter dem Druck steigender Schadenquoten gerade die Prämiensätze zum Teil auf das Doppelte und reduzieren die Limits auf eine Größenordnung um die 15 Millionen Euro. Schäden steigen sowohl in der Frequenz als auch im Großschadenbereich. Bei den Bedingungen gebe es weiter Klärungsbedarf. Ein Problem betreffe den Begriff der Betriebsunterbrechung.

„Viele Bedingungen sehen die Betriebsunterbrechung als beendet an, wenn die IT-Systeme wieder funktionieren“, machte er deutlich. „Dabei sind damit längst nicht alle Probleme beseitigt und die eigentliche betriebswirtschaftliche Unterbrechung dauert in der Regel viel länger.“ Auch die Themen Cyber-Angriffe als Teil kriegerischer Handlungen, Silent Cyber, also inwieweit Cyber-Schäden in klassischen Policen mitabgedeckt sind, sowie das rechtlich richtige Verhalten bei Lösegeldforderungen werden im Moment noch diskutiert. Insgesamt aber sei das Niveau der Versicherungsbedingungen weitgehend ausreichend für Unternehmen.

Verbindliche Bewertungsstandards erforderlich

Bei der Bewertung der Komplexität und Dynamik der Risiken der Digitalisierung könne man sich an die Feuerversicherung anlehnen. Nicht umsonst gilt die IT-Sicherheit als der Brandschutz des 21. Jahrhunderts. Durch Richtlinien und Standards in der Feuerversicherung konnte in der Vergangenheit Klarheit und Struktur in die Bewertung von Risiken gebracht werden.

„Die Versicherungswirtschaft hat es spätestens mit Konzeption und Einführung des GDV-Cyber-Musterwordings versäumt, an dieser Stelle verbindlich zu werden“, kritisiert Fischer-Erdsiek. Trotz deutlicher Unterschiede in der Komplexität – so sind Cyber-Risiken nicht räumlich begrenzt – leiste der Bewertungs-Standard wertvolle Grundlagenarbeit in der Risikobewertung. Wichtig sei es, dass die Versicherungswirtschaft jetzt qualifiziertes Personal aufbaue und Standards einfordere, bevor das Geschäfts- und Wachstumsmodell Cyber-Versicherung zum Bumerang wird. „Die derzeitigen Prämienerhöhungen werden die aktuelle Schadenentwicklung nicht auffangen“, ist er sicher. Auch in der Schadenregulierung sieht er fehlende Erfahrungen und Kapazitäten.

Oft stehe die Schadenregulierung vor dem Problem, dass der Versicherungsnehmer die Fragebögen zur Risikoinformation richtig ausgefüllt hat, dabei aber das eigentliche Problem nicht erfasst wurde. „Werden zum Beispiel die Fragen nach Datensicherungs-Zyklus und Spiegelung der Daten richtig beantwortet, stellt sich im Schadenfall nicht selten die nicht physisch getrennte Speicherung des Back-ups als eigentliches Problem dar, womit wir wieder beim Thema Standards wären“, erklärt der ProRisk-Geschäftsführer. Beim Aufbau hausinterner Risikobewertungs- und Schadenregulierungskompetenz sollten Makler auf junge Mitarbeiter zurückgreifen, die als „Digital Natives“ schnell die nötige Kompetenz entwickeln.

Autorin: Elke Pohl

Ein Kommentar

  • Jahrelanges Bashing des Verbraucherschutzes, des Bundes der Versicherten und damit der Medien und der Politik haben Früchte getragen. Allerdings faule, da nicht nur Vermittler, sondern auch die Produkte-Aktien, Fonds- ETF als zu riskant, Kostenträchtig und vor allem ausschließlich zum Wohle der kriminellen Anbieter am Markt sind. Diese ändern sich aber auch nicht, wenn sie von Insurtechs, FinTechs und über Honorarberater angeboten werden. Fazit;: Jahrelanges Bashing führte dazu das Deutsche den Renditeträchtigen Anlagen nicht trauen, anders aber für die Mehrheit der Bevölkerung eine ausreichende Versorgung im Alter nicht erreicht werden kann. Wenn es noch so bequem ist, wer erst mal lernt besser nichts zu tun, hat es verinnerlicht. Den Maden im Speck,- Beamte,. Politiker, Richter- die sich bei 1,7 Billionen Rückstellungsdefizit Ihrer eigenen Versorgung ungerührt zurücklehnen, ist das aber sowas von schnuppe….
    Nur Makler haften für das Beste Angebot des gesamten Marktes, bieten bis 66% Förderung, Insolvenzschutz und lebenslange Renten. Selbständige, die jetzt nicht sofort handeln, werden voraussichtlich im Jahre 2020 in der GRV Rentenversicherung mit einem Beitrag von 18,6% Pflichtversichert. Nur mit der Basisrente möglich,. Empfehlung: Auf keinen Fall mit Garantie, da diese die Rendite wieder zunichtemacht-das ist Fakt.

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