Riester-Rente über Blockchain?

Martin Baier, Zurich Deutschland Quelle: usk

Die Versicherer suchen nach einer praktischen Anwendung für die sogenannte Blockchain-Technologie. Vorschläge gibt es viele. Wie weit sie tragen wurde auf einer Fachkonferenz in Köln diskutiert. Überraschend: Selbst die öffentlich als zu teuer und komplex in Verruf geratene staatlich geförderte Riester-Rente könnte vielleicht mit Blockchain reformiert werden.

„Das ist schon toll. Die Police wurde automatisch abgeschlossen und die Versicherungssumme automatisch ausgezahlt“, freut sich Martin Baier. Der Experte vom Mobility Innovation Lab der Zurich Gruppe Deutschland hatte vor einiger Zeit testweise eine Flugverspätungsversicherung abgeschlossen, wenn auch bei der Konkurrenz. Die Police Fizzy der Axa Versicherung hatte gut funktioniert und dem Zurichmanager ein positives Kundengefühl vermittelt. Fizzy funktioniert auf Blockchain und Smart Contracts vom Abschluss bis zur Auszahlung im Schadenfall vollständig automatisiert. Die Blockchain, ein über Netzwerkknoten verteiltes unveränderbares Register von Transaktionen, wurde mit der Kryptowährung Bitcoin entwickelt

Mikroversicherungen im Trend

Nun gibt es immer mehr neue Anwendungen. Selbst hat Baier für die Zurich mit dem Blue Marble Consortium den Prototyp einer Ernteversicherung für Kleinbauern in Entwicklungsländern entwickelt. „Parametrische Versicherungen sind die meist diskutierten Anwendungsfälle für die Blockchain in der Branche“, sagte Baier auf der MCC-Konferenz „Blockchain für die Assekuranz“ in Köln. Hier werden durch einen Dienstleister Wetterdaten in die Blockchain eingespeist. „Regnet es zu viel oder zu wenig, erhält der Kunde Geld“, erläuterte Baier. Doch noch sind auch die meisten sogenannten Mikroversicherung auf Blockchain-Basis nicht über das Entwicklungsstadium hinausgekommen. Der große Vorteil der Technik: Einmal eingegebene Daten können nicht verändert werden. Daher würden Anwendungen, die auf Blockchain basieren hohes Vertrauen erzeugen.

Versicherungslobby testet Riester-Blockchain

Da ist es kein Wunder, dass der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) derzeit testen lässt, ob man die Riester-Rente über Blockchain sinnvoll reformieren lassen kann. Verbraucherschützer fordern seit langem eine kostengünstige und einfache Basisversorgung. Welche Ideen sich konkret hinter dem Riester-Blockchain-Projekt verbergen, ist aber noch offen. Bisher hat der GDV dazu kein Statement abgegeben. Eine andere Anwendung für Blockchain wäre beispielsweise eine Automatisierung des Schadenfreiheitssystems (SFR) in der Kfz-Versicherung. Hier sei eine Kostenersparnis für Versicherer, vor allem in den Hotlines möglich sowie eine Zeitersparnis für Versicherungsmakler, die nicht mehr aufwändig mit dem jeweiligen Versicherer kommunizieren müssten.

Zudem könnte die Kundenzufriedenheit durch eine optimale Ausnutzung des SFR-Systems erhöht werden. Möglich wäre es auch, einen Maklermandat-Wechsel zu automatisieren. Auch für eine nahtlose und sichere Überwachung und Dokumentation von Lieferketten könnte Blockchain eingesetzt werden. Damit könnten Versicherer das Risiko von Warentransporten besser einschätzen. Möglich ist es laut Ralph Papendiek, Senior Manager Industry Sales bei IBM auch, dass alle Teile eines Fahrzeuges in einer Blockchain gespeichert werden. Nach einem Unfall würde dann das Auto selbständig die Beschädigung melden und ihren Umfang dokumentieren. „Die Versicherer brauchen dann im Schadenfall keinen Gutachter mehr“, so Papendiek.

Problemorientiertes Vorgehen notwendig

Die Vorteile von Blockchain für die Versicherer unterstrich auch Ken Marke, Member of Executive Management Team for Marketing der B3i-Intitative. So brauche man beispielsweise für Rückversicherungsverträge oft drei Monate. Mit Blockchain würden alle Beteiligten ein Journal füllen und das in „Realtime“. Bei B3i sind große Versicherer wie Allianz, Axa, Generali, Hannover Re, Munich Re, Swiss Re oder Zurich aktiv. Experte Marke geht davon aus, dass Blockchain in den nächsten fünf Jahren die digitale Welt entscheiden prägen wird.

Der Experte verwies aber darauf, dass man Blockchain nur sinnvoll einsetzen könne, wenn man problemorientiert nach einer Lösung sucht. Diese Ansicht vertritt auch Gerrit Böhm, Vorstand des Volkswohlbundes. Blockchain sei nur dann sinnvoll, wenn die Anwendung gegenüber heutigen Lösungen einen deutlichen Mehrwert verspreche. Immerhin habe die intensive Beschäftigung mit Blockchain schon heute einen positiven Nebeneffekt. „Sie bringt wieder unterschiedliche Akteure an einen Tisch, um alte Probleme gemeinsam zu diskutieren und vielleicht zu lösen“, so Böhm.