Beratungsqualität als Erfolgsfaktor in der Kundenbetreuung von morgen

Bildquelle: Axa Deutschland

Der demografische Wandel und der Rückgang qualifizierter Vermittler*innen führen zu einem strukturellen Umbruch in der Kundenberatung. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Fachlichkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit – sowohl auf der Kundenseite als auch im Hinblick auf rechtliche Rahmenbedingungen. Eine zukunftsorientierte Kundenbetreuung erfordert daher mehr als nur Prozessoptimierung und Digitalisierung. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz. Wie dieser aussehen kann, lässt sich am Beispiel der Witwenversorgung zeigen.

Seit 2011 ist die Zahl der Vermittlerinnen und Vermittler um rund 30 Prozent gesunken – ein Trend, der sich mit dem bevorstehenden Ausscheiden der Babyboomer-Generation im Rahmen der sogenannten „Big Retirement“-Welle weiter verschärfen wird. (1) Dieses demografische Phänomen führt nicht nur zu einem spürbaren Rückgang personeller Ressourcen in der Kundenberatung, sondern birgt auch die Gefahr eines erheblichen Verlusts an Fachwissen und Erfahrung in den Vertriebsstrukturen. Viele Unternehmen stehen daher vor der Herausforderung, künftig mit weniger Vermittler*innen eine gleichbleibende oder sogar wachsende Kundenzahl kompetent betreuen zu müssen. Auch im Maklermarkt zeichnen sich zunehmend Probleme in der Nachfolgeregelung ab. Schätzungen zufolge werden bis zum Jahr 2030 etwa 40 Prozent der Maklerschaft altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden – eine Entwicklung, die ebenfalls erheblichen Handlungsbedarf erzeugt. (2)

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen haben viele Unternehmen umfangreiche Transformationsprogramme initiiert. Dazu zählen insbesondere Maßnahmen zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung, zur Digitalisierung von Vertriebsprozessen sowie der verstärkte Rückgriff auf zentrale Service- und Unterstützungseinheiten. Im Maklermarkt wird zudem – in Zeiten hohen Konsolidierungsdrucks durch Übernahmen und Fusionen – verstärkt auf Incentive-Programme für Makler*innen und Mitarbeiter*innen gesetzt.

Allerdings geht es bei dieser Transformation um weit mehr als nur Digitalisierung und Prozessoptimierung. Im Zuge der Konsolidierung von IT-Systemen, Prozessen und Back-Office-Strukturen besteht die Gefahr, dass die Kundenperspektive in den Hintergrund tritt. Einige Versicherungsunternehmen haben daher erkannt, dass der persönliche Kontakt zu Kundinnen und Kunden weiterhin von zentraler Bedeutung ist – denn Vertrauen und individuelle Betreuung sind und bleiben die entscheidenden Faktoren.

Vertrauen entsteht, wenn Kund*innen positive Erfahrungen mit der Kompetenz, Zuverlässigkeit und Integrität der Vermittlerinnen und Vermittler sowie ihrer Gesellschaften machen. Es schafft emotionale Sicherheit und ist der Schlüssel zu langfristiger Kundenbindung. Gerade in Zeiten sinkenden Vertrauens in die gesetzlichen Versorgungssysteme bietet sich der Branche die Chance, durch transparente Kommunikation und exzellente Beratung neues Vertrauen aufzubauen und dauerhaft zu sichern. Doch was sind die Rahmenbedingungen – und was ist auf diesem Weg noch zu tun?

Vertrauensbildung durch Steigerung der Beratungsqualität

1. Wachsende Bedeutung privater Vorsorge: Zunehmende Leistungsreduzierungen der gesetzlichen Rentenversicherung werden den Bedarf an ergänzenden privaten und betrieblichen Versicherungen deutlich erhöhen.

2. Informationsdefizite bei Kund*innen: Studien zeigen, dass vielen Menschen die Tragweite ihrer Versorgungslücken nicht ausreichend bewusst ist. (3)

3. Fokus auf individuelle Beratung: Umso wichtiger ist es, dass Vermittler*innen heute in der Lage sind, ihre Kund*innen fundiert über potenzielle Versorgungslücken – etwa im Bereich Altersrente, Erwerbsunfähigkeit und Hinterbliebenenabsicherung – aufzuklären und individuelle, lebensphasengerechte Lösungen zu entwickeln.

Stärkung der persönlichen Beratungskompetenz

Ein zentraler Hebel zur Verbesserung der Beratungsqualität liegt in der gezielten Qualifizierung der Vermittler*innen. Gesellschaften sollten verstärkt in die fachliche Weiterbildung investieren – insbesondere im Hinblick auf steuerliche und sozialrechtliche Aspekte der Altersvorsorge.

Die über 25-jährige Erfahrung des KuBI e.V. (4) im Rahmen der Awards für Altersvorsorgeberatung hat gezeigt, dass es bislang von vielen Gesellschaften versäumt wurde, diese relevanten fachlichen Schulungen in die Curricula aufzunehmen. Im Award für Altersvorsorgeberatung legt die Innovations-Werkstatt des KuBI e.V. seit seiner Gründung besonderen Wert auf die fachliche Vermittler*innen-Kompetenz.

Das Thema Altersvorsorgeberatung von Frauen ist seit 2022 fester Bestandteil der Prüfungsordnung. Das Jury-Team des renommierten Eisenhut-Awards prüft ebenso aktuelle Beratungssoftware und Vertriebstools auf rechnerische Korrektheit. Leider mussten die Expert*innen in der Vergangenheit immer wieder feststellen, dass ein Großteil der Beratungssoftware meist viel zu optimistische Ergebnisse im Bereich der Witwenversorgung aufzeigt. Das kann insbesondere für den Hinterbliebenenfall einerseits zu dramatischen bis zu existenzbedrohenden finanziellen Einschränkungen bei den Frauen führen, andererseits aber auch nicht unerhebliche Haftungsprobleme für Vermittler*innen nach sich ziehen.

Ziel muss es sein, dass Kund*innen Vermittler*innen nicht nur als Tarifexpert*innen, sondern als ganzheitliche Beratungspartnerinnen in allen Lebensphasen erleben. Immer bedeutender wird die fachlich kompetente Beratung von Kund*innen mit zunehmend nicht-linearen Erwerbsbiografien sowie das Aufzeigen langfristiger finanzieller Auswirkungen aufgrund von Erwerbspausen – heute unverändert zumeist bei Frauen.

Höhere Qualitätsanforderungen an die Beratungssoftware

Auch die eingesetzten Beratungs-Tools müssen den steigenden Qualitätsanforderungen gerecht werden. Es ist essenziell, dass Unternehmen die Rechenkerne ihrer Software regelmäßig auf Aktualität und Genauigkeit überprüfen. Nur so lassen sich realistische Versorgungslücken identifizieren und fundierte Handlungsempfehlungen entlang der gesamten Customer Journey ableiten – denn der Beratungsauftrag endet nicht mit dem Vertragsabschluss. Beratungstools sollten darüber hinaus in der Lage sein, die Auswirkungen von rechtlichen Änderungen sowie familiären oder finanziellen Veränderungen auf Kundenseite zu erkennen und transparent darzustellen. Im Rahmen der Neubewertung individueller Lebenssituationen der Kund*innen und der sich anschließenden Entscheidungsfindung muss moderne Technologie ein zuverlässiger Partner in der Beratung sein. Zudem sollte die finanzielle und persönliche Situation der Kundinnen spätestens alle zwei Jahre neu bewertet werden. Eine qualitativ hochwertige Beratungssoftware unterstützt nicht nur bei der Erfüllung bzw. Einhaltung gesetzlicher Dokumentationspflichten und reduziert Haftungsrisiken, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit in der Betreuung von Neu- und Bestandskund*innen – entlang des gesamten Customer Lifecycles.

Auf die richtige Beratungssoftware setzen und Informationslücken in der Witwenrente schließen

Die meisten Frauen stehen vor dem Problem, dass sie keine verlässlichen Informationen zur Witwenrente erhalten. Die Deutsche Rentenversicherung informiert über gesetzliche Alters- und Erwerbsminderungsrenten, bietet jedoch keinerlei Aussagen zu Witwenrenten. Auch die digitale Rentenübersicht schließt diese Informationen nicht ein. Dies führt dazu, dass Vorsorgesituationen auch von Vermittler*innen fehlinterpretiert werden – mit potenziell gravierenden finanziellen Folgen.
In der Witwenrente zeigen viele Beratungstools nur den sogenannten Best Case – also den Höchstsatz unter optimalen Bedingungen – auf. Dieser gilt oft nur für wenige Monate. Dennoch vermitteln manche Vermittler*innen ihren Kund*innen den Eindruck, dieser Betrag sei dauerhaft sicher – ein gefährlicher Irrtum mit langfristigen Konsequenzen.

Beratung auf Basis aktuellen Rechts: Die Gesetzeslage kennen und in die Software integrieren

Die fundierte Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen ist eine zentrale Voraussetzung für eine qualifizierte Beratung – insbesondere in sensiblen Themenfeldern wie der Witwenrente. Nach geltendem Recht endet die sogenannte „kleine Witwenrente“ nach 24 Monaten automatisch und wird in der Regel nicht durch eine andere gesetzliche Rente ersetzt. Insbesondere junge Witwen durchlaufen gesetzlich festgelegte Phasen im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung:

  • das Sterbevierteljahr,
  • große oder kleine Witwenrente,
  • keine Witwenrente,
  • große Witwenrente,
  • und große Witwenrente mit eigener Altersrente.

Um diese komplexen Abläufe verständlich und individuell abbilden zu können, hat Suretec Systems/Solutions GmbH den Frauen-Rentenrechner (siehe https://www.suretec.de/images/pdf/Suretec_Frauen-Rentenrechner_Flyer.pdf) entwickelt – ein modernes und praxisnahes Beratungstool, das Versorgungslücken präzise berechnet und visuell nachvollziehbar darstellt. Alle relevanten Phasen sowie Kinderzuschläge und Halbwaisenrenten sind in der Software hinterlegt und werden individuell berücksichtigt. Die Beratungssoftware ermöglicht Vermittler*innen, ihren Kundinnen eine realistische Einschätzung ihrer persönlichen Absicherungssituation zu geben – transparent, verständlich und sozial nachhaltig.

Die richtige Beratungssoftware reduziert Haftungsrisiken

Die richtige Beratungssoftware erfüllt jedoch nicht nur eine fachliche, sondern auch eine rechtliche Schutzfunktion – für Vermittlerinnen ebenso wie für Kundinnen. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Dresden (Az.: 3 U 79/23 vom 26. April 2024) verdeutlicht dies eindrucksvoll: Ein Makler wurde zu einer Schadenersatzzahlung in Höhe von 500.000 Euro verurteilt, da er eine Kundin unzureichend über ihre Witwenrentenansprüche informiert hatte. Der Fall unterstreicht die wachsende Bedeutung professioneller Beratung und haftungssicherer Tools – insbesondere bei Themen, die für die finanzielle Existenz von Hinterbliebenen essenziell sind. Die Branche steht vor tiefgreifenden Veränderungen: Der demografische Wandel und der Rückgang qualifizierter Vermittler*innen führen zu einem strukturellen Umbruch in der Kundenberatung. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Fachlichkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit – sowohl auf Kundenseite als auch im Hinblick auf rechtliche Rahmenbedingungen. Um diesem Wandel aktiv und verantwortungsbewusst zu begegnen, ist ein grundlegendes Umdenken erforderlich.

Eine zukunftsorientierte Kundenbetreuung erfordert daher mehr als nur Prozessoptimierung und Digitalisierung. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem hochwertige Beratungssoftware, aktuelle rechtliche und steuerliche Kenntnisse sowie eine ausgeprägte persönliche Beratungskompetenz Hand in Hand gehen. Nur so lassen sich reale Versorgungslücken verlässlich identifizieren, Informationsdefizite abbauen und nachhaltige Lösungen entwickeln – insbesondere in sensiblen Bereichen wie der Witwenversorgung.

Die gezielte Förderung fachlicher Qualifikationen sowie der Einsatz geprüfter, realistischer und haftungssicherer Beratungstools sind entscheidende Hebel für eine sozial nachhaltige und rechtssichere Beratung. Versicherer, die diesen Weg konsequent verfolgen, schaffen nicht nur Vertrauen, sondern auch echte Mehrwerte für Kund*innen – über alle Lebensphasen hinweg. Oder wie es Dr. Christian Schareck von Roland Berger treffend formuliert: „Unternehmen, denen es gelingt, zeitgemäße Beratungstechnologie und die menschliche Kompetenz im Vertrieb zu verbinden, werden die Gewinner der Zukunft sein.“ Gerade in einer Zeit des Wandels liegt darin der Schlüssel für langfristige Kundenbindung und nachhaltigen Vertriebserfolg.

Autorin: Ute Geishauser, Versicherungsbetriebswirtin und Beraterin

1 DIHK, 2025
2 BearingPoint „Studie Maklermarkt 2030“, 2023
3 Umfrage des Marktforschungsinstituts Q im Auftrag der Allianz Lebensversicherungs-AG, 2020
4 KuBI e.V. fungiert als Think Tank unter Beteiligung der gesamten Branche und verfolgt das Ziel, Transparenz und Qualität in der Kundenberatung zu fördern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

1 × 3 =