Aktuare sehen in Solvency II-Einigung „nicht den großen Wurf“

Quelle: NakNakNak auf Pixabay

Im Zuge der Solvency II-Einigung hat sich der Trilog der EU-Gremien unter anderem auf eine Senkung der Kapitalkostenrate verständigt – doch Begeisterung ernten sie bei Aktuaren damit nicht. Erhebliche Entlastungen der deutschen Kompositversicherer seien mit den Beschlüssen „nicht zu erwarten“, zeigt sich die aktuarielle Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) enttäuscht.

Im Dezember kam es in den Trilog-Verhandlungen zum Durchbruch. Seitdem haben die Analysten von MSK einmal genauer nachgerechnet, welchen Nutzen die Einigung für die deutschen Sachversicherer eigentlich hat – und der ist offenbar höchst überschaubar. Den Effekt beziffern die Experten auf 1,5 Mrd. Euro. „Das ist nicht der große Wurf und latente Steuern sind auch noch mindernd zu berücksichtigen“, kommentiert die aktuarielle Beraterin Lena Porschen.

Zum Hintergrund: Der europäische Trilog aus Rat, Parlament und Kommission hatte sich unter anderem darauf verständigt, den Zinssatz für die Ermittlung der Risikomarge zum 1. Januar 2026 von 6 auf 4,75 Prozent zu senken. „Die Risikomarge ist ein Sicherheitszuschlag auf die besten Schätzwerte der Versicherungsverpflichtungen“, erklärt MSK-Geschäftsführer Dr. Andreas Meyerthole. Diesen Sicherheitszuschlag würde der Erwerber eines Portfolios verlangen, „um seine mit der Übernahme verbundenen Kapitalkosten decken zu können“, so Kohlruss.

In seiner Studie hat MSK Eigenmittel in Höhe von rund 125 Mrd. Euro bei einer Risikomarge von 6,5 Mrd. Euro ermittelt. Daraus folgt: bei einer Absenkung des Zinssatzes von 6 auf 4,75 Prozent sinkt die Risikomarge um rund 1,5 Mrd. Euro, die Eigenmittel steigen um gut 1 Prozent und damit die Bedeckung um circa 3 Prozentpunkte. Diese 1,5 Mrd. Euro seien aber zu wenig, um darin eine erhebliche Entlastung der deutschen Kompositversicherer erkennen zu können, kritisieren die Aktuare.

Zwar schwanke der Effekt von Unternehmen zu Unternehmen – je nach Anteil der Risikomarge an den Eigenmitteln –, aber selbst bei Unternehmen mit hohen Rückstellungen aus lang abwickelndem Geschäft sind MSK zufolge nicht mehr als 10 Prozentpunkte bei der Bedeckung drin.

Hingegen hätten die steigenden Zinsen einen deutlich höheren Einfluss auf die Solvabilität der Versicherer – weil Schadenrückstellungen „für die Berechnungen der Eigenmittel abzuzinsen sind“, wie Fachfrau Porschen erklärt. Allein in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung generiere bereits jeder gestiegene Prozentpunkt im Zinssatz insgesamt 1,5 Mrd. Euro an Eigenmitteln, rechnet Porschen vor.

Die große Unbekannte im Spiel der Schaden- und Unfallversicherer sei ohnehin nach wie vor die Inflation, wie Kollege Meyerthole ergänzt.

Autor: VW-Redaktion

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