Schweizer Finanzaufseher rüffeln Lebensversicherer

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Wie transparent sind die Lebensversicherer beim Abschluss eines Vertrages? In der Schweiz scheint die Branche jedenfalls erheblichen Nachholbedarf zu haben. Grund genug, sogar für die eidgenössische Finanzaufsicht, den Unternehmen die Leviten zu lesen.

Im Rahmen einer Untersuchung hat die Finma im Zeitraum von Januar 2020 bis März 2021 die Daten von rund 85.000 Abschlüssen analysiert. Das Ergebnis ist für die Branche ein ziemlicher Schlag ins Gesicht: „Die Finma stellte fest, dass die Transparenz beim Abschluss von Lebensversicherungen häufig ungenügend ist. So wiesen über neunzig Prozent der von der FINMA untersuchten Beispielrechnungen (teilweise weit) zu optimistische Renditeentwicklungen aus. Dies gilt insbesondere für das sogenannte ungünstige Szenario. Das ungünstige Szenario soll dem Kunden aufzeigen, was die Rendite des Lebensversicherungsproduktes bei Ablauf der Police im Falle von schlechten Anlageergebnissen sein könnte“, heißt es in einer Mitteilung.

Selbst beim ungünstigsten Szenario hätten die Lebensversicherer Werte ausgewiesen, die selbst bei der Annahme eines schlechten Anlageverlaufs weit über der risikofreien Rendite lagen. Zudem hätten die Untersuchungen auch gezeigt, dass rund acht Prozent der Kunden, die zwischen 2010 und 2011 anteilgebundene Versicherungen ohne Garantie mit einer Laufzeit von zehn bis elf Jahren abgeschlossen haben, mit ihren Sparanteilen der Prämien weniger als die risikofreie Rendite erwirtschaftet haben. Dies zeigt, dass die Versicherten auch bei einer positiven Entwicklung auf den Finanzmärkten mit Anlageergebnissen unter der risikofreien Rendite rechnen müssen.

„Der Gesetzgeber hat mit der Revision von VAG und AVO ein klares Zeichen im Sinne eines kundenschutzbasierten Regulierungs- und Aufsichtsansatzes gesetzt. Ein Beispiel sind die Transparenz- und Informationspflichten beim Abschluss einer Lebensversicherung. Künftige Versicherte treffen hier einen weitreichenden Entscheid, der ihre Vorsorge im Alter maßgebend beeinflussen kann. Daher ist es wichtig und richtig, dass sie diesen Entscheid informiert und basierend auf transparenten Grundlagen – auch über einen ungünstigen Verlauf der Anlage – treffen können. Dies gilt es für die Versicherer nun sicherzustellen.“

Birgit Rutishauser, Leiterin Geschäftsbereich Versicherungen der Finma

Für die Kunden scheint dennoch Hoffnung zu bestehen: So will der Schweizer Gesetzgeber mit der Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und der Aufsichtsverordnung (AVO) den Versicherungsplatz Schweiz und insbesondere den Verbraucherschutz stärken. Die revidierten Bestimmungen treten mit Übergangsfristen am 1. Januar 2024 in Kraft und enthalten laut Finma auch Vorgaben zu den Beispielrechnungen. Die Finanzaufseher fordern die Lebensversicherer daher auf, rasch Anpassungen vorzunehmen. Zudem würde die Finma künftig im Rahmen „ihrer Aufsicht den künftigen Umgang der Versicherer mit Beispielrechnungen überprüfen. Sie wird dabei insbesondere darauf achten, ob die Versicherer für ihre künftigen Kundinnen und Kunden das negative Szenario ausreichend transparent machen“, heißt es weiter.

Autor: VW-Redaktion

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