Wie Verwahrstellen mit zunehmender Regulierung die Report-Prozesse optimieren

Verwahrstellen fungieren als wichtige Instanz im Investmentdreieck. (Quelle: Tumisu/PIXABAY)

Neben einem anhaltend anspruchsvollen Marktumfeld bleibt die Regulierung beherrschendes Thema bei der Kapitalanlage von Versicherungsgesellschaften. Als spezialisierte Dienstleister unterstützen Verwahrstellen bei der Erfüllung regulatorischer Anforderungen. Ein Gastbeitrag von Anja Schlick, Head of Relationship Management Financial Assets, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG.

Vor gut fünf Jahren begann für viele Versicherungsunternehmen eine neue Ära. Die Einführung des EU-weiten Aufsichtsrahmens Solvency II (Solvabilität II) zum 1. Januar 2016 zählt zu den umfangreichsten Neuordnungen des Rechtsrahmens, in dem ein Großteil der Versicherer operiert. Das gesamte Regelwerk mit seinen Richtlinien, Umsetzungsgesetzen, Durchführungs- und delegierten Verordnungen ist dabei nicht nur komplex; es ist zudem steter Revision und Weiterentwicklung unterworfen. Aktuell ist mit endgültigen Vorschlägen der EU-Kommission für Gesetzesänderungen zum Solvabilität-Regelwerk zu rechnen. Nach dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren unter Beteiligung des EU-Rats könnten die Änderungen 2024 oder 2025 in Kraft treten.

Neue Pflichtaufgaben sind mit Aufwand verbunden

Inhaltlich sind die Anpassungsvorschläge der Eiopa facettenreich und werden bei entsprechender Umsetzung neuerlich einen zusätzlichen Verwaltungs- sowie teilweise Kapitalaufwand bei den Versicherern nach sich ziehen. Neben den zentralen Vorschlägen zur Änderung der Berechnungsmethodik für langfristige Verbindlichkeiten und Risikoszenarien – Stichwörter: Zinsextrapolation, Volatilitätsanpassungen und Berücksichtigung negativer Zinsen – sowie einer weiteren Anpassung der Kapitalanforderungen für langfristige Aktieninvestments gibt es zahlreiche weitere Empfehlungen der Eiopa. Insgesamt geht es um nicht weniger als 30 Themenkomplexe.

Unter anderem schlägt die Aufsichtsbehörde vor, dass Versicherungsunternehmen in ihrem Solvabilitäts- und Finanzbericht (Solvency and Financial Conditions Report, kurz SFCR) genauer über die von ihnen genutzten Übergangsmaßnahmen informieren. Der SFCR soll dabei künftig aus einer zweiseitigen Zusammenfassung für die Versicherten und einem ausführlicheren Teil für die Fachöffentlichkeit bestehen. Darin soll es unter anderem neue Sensitivitätsrechnungen für zentrale Kennzahlen geben, welche die Finanzstabilität der Unternehmen anzeigen.

Während der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) diesen Vorschlag grundsätzlich unterstützt, warnt er gleichzeitig vor immer mehr Pflichtangaben. Schließlich gehen diese längst über Solvabilität II hinaus und sorgen für ein immer schwieriger zu handhabendes Berichtswesen. Zu nennen sind hier beispielhaft die vertriebsorientierten Vorgaben der Versicherungsvertriebsrichtlinie (Insurance Distribution Directive, IDD) aus dem Jahr 2018 und die am 10. Mai dieses Jahres in Kraft getretene Offenlegungsverordnung, die in Verbindung mit der Taxonomieverordnung vorschreibt, Angaben zur Nachhaltigkeit des Produktangebots zu machen. Vor dem Hintergrund dieser dynamischen Entwicklung regulatorischer Rahmenbedingungen und der verschiedenen Berichterstattungserfordernisse bleibt es für viele Versicherungsunternehmen eine Herausforderung, die mit ihnen verbundenen Handlungs- und Dokumentationspflichten effizient zu erfüllen. Ein besonderer Fokus sollte dabei sein, die Verfügbarkeit, Granularität und Richtigkeit der benötigten Daten zu überprüfen und sicherzustellen, dass diese innerhalb der vorgegebenen Zeiträume geliefert werden können.

Klumpenrisiken identifizieren

Insbesondere bei der weitverbreiteten indirekten Kapitalanlage sind Versicherungsunternehmen auf die Zulieferung von Daten durch ihre Partner angewiesen. Ein Grundprinzip von Solvabilität II in Bezug auf Investmentvehikel, wie (Spezial-)Fonds, Holdinggesellschaften oder Special Purpose Vehikel ist der sogenannte Look-through-Ansatz, der Auswirkungen auf alle drei Säulen entfaltet. Zunächst sind die Kapitalanlagen und die mit ihnen verbundenen Risiken eine wichtige Bestimmungsgröße für die Ermittlung der Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement, SCR), also des nötigen Risikopuffers des Versicherungsunternehmens. Vorgeschrieben ist mit wenigen Ausnahmen eine Durchschau auf die vom jeweiligen Vehikel gehaltenen einzelnen Vermögenswerte. Diese werden klassifiziert und Sub-Risikomodulen (beispielsweise Aktienrisiko, Spread-Risiko, Zinsrisiko, Immobilienrisiko) des Marktrisikomoduls zugeordnet. Diese Klassifizierung dient sodann als Basis, um die Kapitalanforderungen für jeden Vermögenswert zu berechnen und auf Fondsebene zu aggregieren.

Da neben dem SCR eines Fonds in der Einzelbetrachtung in der Regel auch dessen Beitrag zur Gesamt-SCR des Versicherungsunternehmens relevant ist, muss eine konsistente Weiteraggregation der Ergebnisse der Durchschau ermöglicht werden. So müssen beispielsweise mögliche Klumpenrisiken identifiziert und die Wertveränderungen eines Fonds mit denen anderer Fonds, der Direktanlage der Versicherung und der Passivseite ihrer Bilanz in konsistenter Weise kombiniert werden, um daraus die Gesamt-SCR des Versicherungsunternehmens zu bestimmen.

Auch für die zweite Solvabilität-II-Säule, namentlich die unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (Own Risk and Solvency Assessment, kurz: Orsa) und den Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Person Principle, PPP), ist die Fondsdurchschau geboten. Verbindlich ist sie darüber hinaus im regulatorischen Reporting. Das gilt für sämtliche quartalsweise zu erstellenden Quantitative Reporting Templates (QRT) sowie die in Deutschland zusätzlich erforderte Nachweisung 675. Um die Analyse des Fondsvermögens im Solvabilität-II-Sinn zu erleichtern, erwarten Versicherungen vielfach, dass der Asset-Manager beziehungsweise die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) regelmäßig ein Solvabilität-II-Reporting zur Verfügung stellt. Das ist oft eine Voraussetzung für die Anlage. Allerdings geben diese das Solvabilität-II-Reporting häufig an spezialisierte Dienstleister ab.

Verwahrstellen als wichtige Instanz im Investmentdreieck

Hier kommen versierte Verwahrstellen ins Spiel. Sie bieten sich als gleichermaßen kompetenter wie verlässlicher Dienstleister an. Schließlich haben sie schon aufgrund ihrer gesetzlich vorgegebenen Aufgaben den umfassendsten Überblick über die in unterschiedlichen Vehikeln gehaltenen Assets und Portfoliotransaktionen. So fungierten die früher als Depotbanken bezeichneten Verwahrstellen neben den Investoren und den KVGen schon immer als wichtige Instanz im sogenannten Investmentdreieck. Das darin beschriebene Beziehungsgeflecht der drei beteiligten Parteien soll einen höchstmöglichen Anlegerschutz sicherstellen. Dafür obliegen der Verwahrstelle neben der Verwahrung der Vermögensgegenstände und der operativen Abwicklung aller Transaktionen auch eine Reihe von Kontrollfunktionen.

Das macht Verwahrstellen zu einem kompetenten Partner für Regulierungsfragen und insbesondere Reportinganforderungen für Versicherungsunternehmen, wenn diese einige Voraussetzungen bei der Auswahl berücksichtigen. Zunächst sollte die Verwahrstelle die regulatorischen Rahmenbedingungen von Versicherungen genau kennen. Sie sollte souverän mit allen gängigen Fondsstrukturen und sämtlichen Assetklassen umgehen. Dazu zählt auch einschlägige Erfahrung im Bereich alternativer Anlageklassen, die auch für Versicherer zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann eine Verwahrstelle maßgeblich dazu beitragen, Risikomanagement- und Reporting-Prozesse zu optimieren. Da sie sich an einer zentralen Schnittstelle befindet, hat sie Zugriff auf die erforderlichen Daten und kann einen vollständigen Einblick in die jeweiligen Fonds und das Gesamtportfolio ermöglichen. Externe Portfolios lassen sich über das standardisierte Tripartite-Template (TPT) des Europäischen Fondsverbands EFAMA in das Fondsbuchhaltungssystem der Verwahrstelle einspielen. Dieses TPT kommt auch beim regulatorischen Reporting für die QRTs selbst zum Einsatz. Von entscheidendem Vorteil dabei ist, wenn Anbindung an eine Datenbank besteht, in die KVGs ihre Fondsdaten automatisiert einspielen und so den Aufwand der Datenbeschaffung minimieren – gerade, auch wenn es darum geht, im Versicherungsportfolio neue Fonds zu einzubeziehen. Des Weiteren lassen sich auch Direktbestände der Versicherungsgesellschaften in ein kumuliertes Reporting integrieren, sofern die Verwahr­stelle auch als Custodian für diese Direktbestände mandatiert ist.

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der aktuellen Dezember-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

fünfzehn − fünf =