Das bedeutet die Berufung Nagels zum Bundesbankchef für die Assekuranz

Bundesbank-Zentrale in Frankfurt. Bildquelle: Bundesbank

Der Volkswirt Joachim Nagel löst Jens Weidmann an der Spitze der Bundesbank ab. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe den 55-Jährigen laut Medienberichten für den Posten vorgeschlagen. Nagel, der künftige Präsident war 17 Jahre lang bei der Bundesbank tätig, davon sechs Jahre im Vorstand und er gilt als „stabilitätsorientierter Sozialdemokrat“. Ein wichtiges Zeichen auch für die Assekuranz. Die Bundesbank genießt in Deutschland den Ruf der Hüterin der Preisstabilität.

Nagel wechselte 2017 zur Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und dann im Jahr 2020 zur Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), wo er Deputy Head of Banking ist.

In einem Kommentar der DZ Bank heißt es: „Die Neubesetzung ist eine gute Wahl. Der promovierte Volkswirt bringt die notwendige geldpolitische Expertise mit und steht als Eigengewächs der Bundesbank für die ordnungspolitische Tradition dieser Institution.“

Mit Nagel hat sich die neue Ampelkoalition auf einen Kompromisskandidaten als Nachfolger geeinigt, der vor allem SPD und FDP entgegenkommt. Der Ökonom ist SPD-Mitglied und arbeitete zwischen seinem Volkswirtschaftsstudium in Karlsruhe und der Promotion als Referent für den SPD-Parteivorstand in Bonn. In seiner Zeit als Bundesbank-Vorstand hat er die Anleihekäufe der EZB kritisch kommentiert – was bei der FDP auf Zustimmung stoßen dürfte.

„Seine Berufung ist ein Zeichen an die Kollegen und den Markt, dass sich Deutschland nicht dem hemmungslosen Schuldenmachen ergibt“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Aber es bleibt natürlich ein symbolischer Akt, denn der Einfluss der Bundesbank ist begrenzt.“

Wie sich Nagel künftig im EZB-Rat als Gegenpol zur aus Sicht vieler Kritiker allzu expansiven Geldpolitik der EZB positioniert, bleibt abzuwarten. Der Rat hatte vergangene Woche zumindest bereits angekündigt, sich im Frühjahr von ihrem billionenschweren Pandemie-Krisenprogramm verabschieden zu wollen. Damit es nicht zu Marktturbulenzen kommt, will die EZB aber mit dem neu justierten kleineren Ankaufprogramm namens APP einen Übergang schaffen: Die Ankäufe in diesem Programm sollen vorübergehend stark erhöht werden.

Zu erwarten ist, dass auch von seiner Seite Widerspruch kommt gegen Exzesse bei der expansiven Geldpolitik, der Schuldenaufnahme und der Ignoranz gegenüber der zunehmenden Inflation, glaubt Experte Bente.

„Nagel war zuletzt bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich tätig. Dies spricht definitiv für ihn, denn diese Institution gehört zu denen, die schon seit langem die Nebenwirkungen der ultralockeren Notenbankpolitik beobachten und kritisieren.“ Eine gewisse Sensibilität gegenüber immer weiter steigender Staatsverschuldung und auch den durch die endlose Liquidität entstandenen Assetpreis-Blasen ist zu erwarten.  „Wäre hier ein Vertreter der lockeren Hand gewählt worden, wären wohl auch im EZB-Rat die letzten Dämme gebrochen.“ „Wir sehen Weichwährungsländer“, so Bente. „Die Berufung Nagels wird zumindest dafür sorgen, dass nicht noch die letzten Tabus gebrochen werden.“

Prof. Dr. Stefan Kooths, Konjunkturchef und Vizepräsident des IfW Kiel, kommentiert die Berufung von Joachim Nagel zum neuen Bundesbank-Präsidenten so: „Gerade jenen, die für eine lockerere Geldpolitik eintreten, sollte es entgegenkommen, wenn ein Bundesbankchef geldpolitisch als sogenannter Falke auftritt. Denn er dämpft damit Erwartungen, dass die Inflation mittelfristig über das Ziel hinausschießt. Und je länger die Erwartungen stabil bleiben, desto länger kann die EZB ihre derzeitige Politik durchhalten. Gleichzeitig ändert sich an den Mehrheitsverhältnissen im EZB-Rat mit der Berufung Nagels nichts. Die Befürworter der lockeren Geldpolitik können also der neuen Bundesbankspitze entspannt entgegensehen, erhalten sie doch kurzfristig eher noch mehr Spielraum für ihren Kurs. Das ist freilich kein Grund zur Sorglosigkeit. Ein Vertrauensvorschuss hält nicht ewig, sondern muss durch glaubwürdiges Handeln unterlegt werden.“

Autor: VW-Redaktion