Nach Corona wird die Arbeitsorganisation hybrid

Quelle: Bild von Firmbee auf Pixabay

Im zweiten Lockdown sind die Büros im Moment so leer wie nie zuvor. Die Perspektiven, wann und wie eine Rückkehr der Mitarbeiter in die Büros erfolgen wird, sind unklar. Auch wenn sich viele Mitarbeiter aktuell nach sozialen Kontakten sehnen, wird sie die Erfahrung, wie gut das Arbeiten aus dem Homeoffice funktioniert, nachhaltig prägen. Ein Gastbeitrag von Marcel Hecht und Burkhard Böbel.

So weisen alle Umfragen aus, dass bis zu 80 Prozent der Mitarbeiter nicht zum alten Arbeitsalltag zurückkehren möchten. Auch für die Unternehmen ist eine hybride Arbeitsorganisation, d.h. ein Mix aus mobilem Arbeiten und Präsenzarbeit reizvoll. Schließlich ergeben sich dort vielfach Einsparpotenziale durch einen geringeren Bedarf an Büroflächen.

Produktivität bleibt hoch

Die Befürchtung, dass die Produktivität sinken könnte, wurde in den meisten Häusern im ersten wie im zweiten Lockdown widerlegt. In zwei Umfragen von AAA Auctor Actor Advisor im Sommer 2020 und im Januar 2021, an denen sich zuletzt 27 Teilnehmer aus der DACH-Region beteiligten, die eine Mitarbeiterzahl von 65.000 und ein Prämienvolumen von ca. 53 Mrd. Euro repräsentieren, gaben 63 Prozent an, dass die Produktivität generell oder überwiegend höher ist als im Vorjahreszeitraum. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass 22 Prozent die Produktivität als nicht beurteilbar bezeichnen.

Arbeitsorganisation im New Normal

Neue Konzepte der Arbeitsorganisation, die eine Win-Win-Situation für Mitarbeiter und Unternehmen zum Ziel haben, werden derzeit in vielen Versicherungsunternehmen erarbeitet.

Die erste Frage lautet häufig, wer mobil arbeiten darf: Alle Mitarbeiter oder nur Mitarbeiter in den Stabsfunktionen. Die zweite Frage gilt dann den zukünftigen Anwesenheitsquoten. Entscheidet der Mitarbeiter allein, wann er im Büro arbeitet, oder setzt das Unternehmen dazu einen bestimmten Rahmen, um zum Beispiel Teambesprechungen und kreative Arbeitsteile sicherzustellen.

In Summe streben viele Versicherer bereits im Herbst 2020 eine Präsenzquote von 40 bis 50 Prozent an, einzelne gehen auch von einer geringeren Quote aus. Dabei wird die Quote stark vom Standort bzw. der Region beeinflusst. In Ballungsräumen wie München und Stuttgart ist die Neigung aus dem Homeoffice zu arbeiten naturgemäß höher als in mittleren Zentren, in denen manche Mitarbeiter beispielsweise zum Mittagessen nach Hause fahren oder gehen.

Desk-Sharing im Trend

Ist die Anzahl der zukünftig im Büro anwesenden Mitarbeiter prognostiziert, stellt sich die Frage nach der möglichen Flächeneinsparung. Dies setzt in aller Regel die Einführung von Desk-Sharing-Konzepten voraus. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Frage zu klären, ob dies auch für Mitarbeiter gilt, die weiterhin ständig in Präsenz arbeiten werden. Auch deren Schreibtische sind durch Urlaub und Krankheit an durchschnittlich 15 Prozent aller Arbeitstage unbesetzt.

Dennoch möchten 89 Prozent aller Befragungsteilnehmer für diesen Mitarbeiterkreis persönlich zugeordnete Schreibtische beibehalten. Ähnlich das Ergebnis bezüglich der Führungskräfte, wie z. B. Gruppenleiter: Auch hier planen aktuell 37 Prozent den persönlichen Arbeitsplatz beizubehalten. Ob solche Überlegungen auf die Dauer Bestand haben, bleibt abzuwarten, da sie doch die Flexibilität der Raumnutzung einschränken und das Potenzial zur Flächenreduzierung verringern können.

In die gleiche Richtung wirken die zusätzlichen Funktionsflächen für Videokonferenzen, für kreatives oder auch für konzentriertes Arbeiten. Auch die Ausstattung mit höhenverstellbaren Schreibtischen, Laptops und Software zur Verteilung der benötigten Anwendungen beeinflusst die Business Cases. Arbeitswissenschaftler und Berater empfehlen, bei der Gestaltung von Desk-Sharing stets den Dreiklang Mensch, Technik und Raumgestaltung im Blick zu behalten. Im anderen Fall können die negativen Effekte, die sich aus einem Gefühl der „Heimatlosigkeit“ ergeben, zu einem signifikanten Verlust an Mitarbeiterbindung führen.

Mitarbeiterbindung als Erfolgsfaktor

Der Erhalt dieser Bindung an das Unternehmen stellt ohnehin eine der zentralen Herausforderungen für die Arbeit im zukünftigen New Normal dar. Mitarbeiter, die selten ins Büro kommen, müssen in einer anderen Weise geführt werden. Daher sind Unterstützungsangebote für die Führungskräfte zum Führen auf Distanz, wie sie aktuell bereits in vielen Häusern etabliert wurden, auch in Zukunft ein essenzieller Bestandteil der Unternehmenskultur.

Anreiz für Präsenztage

In der Zukunft wird es anfassbarer Mehrwerte bedürfen, damit die Mitarbeiter ins Büro kommen. Wegezeiten für Hin- und Rückweg von zwei bis drei Stunden täglich werden für Routinearbeiten nicht mehr als sinnvoll empfunden werden. Das Arbeiten in der Krise hat bewiesen, dass dies nicht notwendig ist. Daher ist bei Konzepten zur hybriden Arbeitsorganisation dieser Aspekt ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das nachhaltige Gelingen.

Mehrdimensionalität als Herausforderung

Als Fazit kann man feststellen, dass die Berücksichtigung aller Gestaltungsdimensionen die wesentliche Herausforderung bei Projekten zur Gestaltung der hybriden Arbeitsorganisation darstellt. Das beginnt beim Arbeitsschutz – unter Umständen fällt zum Beispiel das Homeoffice unter die Arbeitsstättenverordnung – und Datenschutz und reicht von der Produktivitätssteuerung und Führungskultur bis hin zur IT-Infrastruktur und Büroflächenorganisation. Auch wenn diese Betrachtung aller Dimensionen manchmal mehr Zeit erfordert, wird sich diese Investition spätestens dann gelohnt haben, wenn das Unternehmen nach der Pandemie als attraktiver Arbeitgeber erfolgreich ist.

Autoren: Marcel Hecht und Burkhard Böbel

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