Sondersitzungen des Finanzausschusses: Politischer Showdown um die Insolvenz von Wirecard?

Bundestag. Quelle: Bild von FelixMittermeier auf Pixabay

Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestag kam am Montag und Dienstag zu Sondersitzungen zusammen, um die Rolle der Politik und der Aufsicht im Fall des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard AG aufzuklären. Nach der VWheute vorliegenden Tagesordnung waren für die zweitägigen Beratungen mehr als zehn Stunden angesetzt worden.

Ob es am Ende zu einem Untersuchungsausschuss kommt, war im Vorfeld der Sitzungen nicht abzusehen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist ganz offensichtlich bemüht, größtmögliche Transparenz herzustellen, wie ausführliche Antworten auf Kleine Anfragen der Opposition zeigen.

Die Sondersitzung beginnt am Montag zunächst mit einer Befragung des Bundeskanzleramtes. Danach soll Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zum Themenkreis Bilanz- und Wirtschaftsprüfung befragt werden. Am Nachmittag nimmt das Thema Geldwäsche breiten Raum in den Befragungen ein. Zunächst wird das bayerische Staatsministerium des Inneren im Fokus stehen.

Dann geht es um die Rolle der für die Geldwäsche zuständigen Financial Intelligence Unit (FIU). Schließlich soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Rede und Antwort stehen. Nach Informationen aus Kreisen des Finanzausschusses wird sich BaFin-Präsident Felix Hufeld den Fragen der Abgeordneten stellen.

BMF: 132 Verdachtsmeldungen und Informationen zu Wirecard bei der FIU

Wie das Bundesfinanzministerium in Beantwortung einer Kleinen Anfrage des linken Finanzpolitikers Fabio De Masi mitteilte, gab es seit Juni 2017 mehr als 1.000 Verdachtsmeldungen oder Informationen mit Bezug zu Wirecard AG und der Finanztochter Wirecard Bank AG. „Die Mehrzahl dieser Vorwürfe steht jedoch nicht im Zusammenhang mit den aktuellen Vorwürfen“, schreibt das Ministerium. Allerdings habe es bei der FIA zum Stichtag 10. August 2020 insgesamt 132 Verdachtsmeldungen/Informationen in einem möglichen Zusammen mit den aktuellen Vorwürfen gegen die Wirecard AG gegeben.

Davon seien bislang 54 Verdachtsmeldungen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden abgegeben worden. „Seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die Wirecard AG prüft die FIU nochmals alle ihr vorliegenden Informationen mit Bezug zu Wirecard intensiv und bewertet sie im Lichte der neuen Erkenntnisse“, erklärt das Ministerium. Diese Überprüfungen dauerte noch an. Im Hinblick auf die jeweiligen Zuständigkeiten nach dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) gebe es zwischen FIU und der BaFin einen regelmäßigen und anlassbezogenen Austausch.

Angesichts der Vorwürfe gegen die Wirecard AG und die Wirecard Bank AG hätten BaFin und FIU eine behördenübergreifende Task Force eingerichtet, erläutert das Ministerium. Aktuell tage die Task Force wöchentlich beziehungsweise anlassbezogen. Auch wenn sich das Finanzministerium um weitgehende Transparenz bemüht, wird in den Antworten auf Kleine Anfragen der Opposition auch immer wieder auf vertrauliche Verschlusssachen (VS – Vertraulich) verwiesen. Diese können vom Fragesteller zwar in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages eingesehen werden, es dürfen dabei aber weder Kopien noch Notizen gemacht werden.

Am Dienstag steht dann die Einstufung der Wirecard AG als Nichtfinanzunternehmen auf der Tagesordnung. Hier werden BaFin und Deutsche Bundesbank gemeinsam befragt. Die Deutsche Börse AG und das hessische Wirtschaftsministerium sollen sich dann gemeinsam zu den Themen Börse und Börsenaufsicht äußert. Die Wirecard AG hatte nach Bekanntwerden von Luftbuchungen über 1,9 Mrd. Euro und der anschließenden Insolvenz den Dax verlassen müssen.

Der Wirecard-Fall sorgt für politische Brisanz

Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz, gerade erst zum Kanzlerkandidaten der SPD gekürt, muss es darum gehen, möglichst unbeschadet aus der Wirecard-Affäre herauszukommen. Ein Untersuchungsausschuss würde sich aber weit in das Wahljahr 2021 hineinziehen. Die notwendigen Stimmen für einen solchen Untersuchungsausschuss bekämen die FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zusammen.

Macht aber eine Partei nicht mit, werden die beiden anderen wohl kaum mithilfe der AfD einen solchen Ausschuss installieren wollen. Erklärtes Ziel der SPD ist es derzeit, unter ihrer Führung ein Regierungsbündnis jenseits von CDU/CSU und AfD bilden zu wollen. Da wäre ein Untersuchungsausschuss eher hinderlich. Es bleibt abzuwarten, ob man unterhalb der politischen Ebene wegen des Wirecard-Vorfalls ein Bauernopfer sucht und/oder die Aufsicht neu strukturiert.

Autor: Manfred Brüss

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