Ungenaue Gewinnprognosen bergen Gefahr des Insiderverstoßes

Die Bafin nimmt Änderungen vor. Quelle: Bafin.

Ob ein Jahresgewinn um 15 Prozent oder gar um 50 Prozent steigt, macht nicht nur für die Aktionäre des betreffenden Unternehmens einen erheblichen Unterschied. Geschäftszahlen können ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial entfalten, wenn der Prognosekorridor sehr weit gefasst wurde und die Ergebnisse nahe am oberen bzw. unteren Korridorrand liegen, schreibt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) im Emittentenleitfaden Modul C.

Der weitere Teil der „Regelungen aufgrund der Marktmissbrauchsverordnung (MAR Market Abuse Regulation)“ steht seit dem 22. April auf der Homepage der Bafin. Wie in den vorangegangenen Modulen A und B erläutern die Aufseher komplexe Sachverhalte wieder mit bunt unterlegten Beispieltexten. So kann sich der Gewinnprognose der Emittent nach Auffassung der Bafin nicht darauf berufen, dass seine Prognose jeden möglichen Gewinnanstieg mit umfasst. Entscheidend sei, wie der Kapitalmarkt die ursprünglich abgegebene Prognose verstanden haben durfte und ob überhaupt eine Prognose vorgelegen habe, die vernünftigerweise als Benchmark herangezogen werden konnte.

Nur ein Mindestziel für den Gewinn zu nennen oder keine bzw. nur eine sehr vage Prognose abzugeben, bedeutet diesen Regeln zufolge aber auch nicht, auf der sicheren Seite bei der Entwicklung eines Jahres- oder auch Quartalsgewinnes zu stehen. In diesen Fällen sieht der Emittentenleitfaden nämlich vor, dass „auf die jeweilige quantitativ nachvollziehbare Markterwartung abzustellen“ ist. Als einen wichtigen Indikator für die Ermittlung der Markterwartung nennt die Aufsicht Analystenschätzungen.

Die Bafin ermittelt die Markterwartung, indem sie den Mittelwert der zum Zeitpunkt der Entstehung der Insiderinformation aktuellen Analystenschätzungen heranzieht. Gibt es für die sogenannte Consensus-Schätzung zu wenig Beurteilungen durch Analysten, bleibe die Ermittlung der Markterwartung auf anderem Wege zulässig. Dabei dürfen auch die Vorjahreszahlen herangezogen werden.

Erleichterte sachgerechte Kommunikation

„Die Aufrechterhaltung einer Prognose entgegen der Markterwartung ist nun keine Insiderinformation mehr, erläutert Rechtsanwalt Michael Brellochs von der Kanzlei Noerr in der FAZ vom 6. Mai. Dass nicht mehr allein die Consensusschätzung maßgeblich für die Ermittlung der Markterwartung sei, „erleichtert eine sachgerechte Kapitalmarktkommunikation, insbesondere in der derzeitigen Ausnahmesituation.“

Der Emittentenleitfaden verpflichtet die Emittenten von Finanzinstrumenten – beispielsweise börsennotierte Versicherungsgesellschaften oder solche, die Genussscheinkapital begeben, Insiderinformationen „unverzüglich veröffentlichen“.

Zum Handel dürfen derartige Informationen grundsätzlich nicht verwendet werden. Insiderinformationen sind „nicht öffentlich bekannte, präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die geeignet wären, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs dieser Finanzinstrumente oder damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen“.

Autorin: Monika Lier

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