Was müssen die Versicherer vom neuen SPD-Vorstandsduo befürchten?

Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken jubeln nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abstimmung zum SPD-Vorsitz. Quelle: dpa / Picture-Alliance

Heute kommt die SPD in Berlin um alljährlichen Bundesparteitag zusammen. Aller Voraussicht nach dürfte dieser am Ende zur Krönungsmesse für das designierte Vorstandsduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans werden. Dabei geht es nicht nur um die Fortsetzung der Großen Koalition mit der CDU/CSU. Auch die Versicherer dürften über manch politische Position nicht sonderlich erfreut sein.

Dabei gilt vor allem die 58-jährige Saskia Esken noch als völlig unbeschriebenes Papier. Die gebürtige Stuttgarterin arbeitete unter anderem als Informatikerin, gab die Karriere jedoch auf, um sich um ihre drei Kinder zu kümmern. Zudem hatte sie Pakete ausgefahren und anderthalb Jahre als Chauffeurin gearbeitet. Dann wurde sie Schreibkraft für Textverarbeitungssysteme. Erst 2013 kandidierte Esken im Wahlkreis Calw für den Bundestag und zog über die Landesliste ins Parlament ein. Dabei kümmerte sie sich zunächst um Bildungs-, später um Innenpolitik. Dem Themenfeld Digitalisierung blieb sie indes treu.

Ihr Co-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans wurde der breiteren Öffentlichkeit vor allem als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen bekannt. Sein größter Coup war dabei der Ankauf mehrerer Steuer-CDs aus der Schweiz. „Das hat 19 Millionen gekostet und 7,2 Milliarden eingebracht. Insofern war das schon eine ganz erfolgreiche Angelegenheit“, so Borjans selbstzufrieden im Rückblick. Bei den sozialdemokratischen Genossen brachte es dem Rheinländer – mittlerweile (noch) im Ruhestand – den Namen „roter Rebell“ ein.

Quelle: Statista

Dabei dürften auch die politischen Positionen des designierten Führungsduos eigentlich das sozialdemokratische Herz besonders zu erwärmen. Neben der Einführung einer Bürgerversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung vertreten Esken und Walter-Borjans vor allem klassische SPD-Positionen wie eine Stärkung der Tarifmacht der Gewerkschaften, der letzten verbliebenen Stammwählerschaft der Sozialdemokraten. Zudem unterstützen sie auch die bedingungslose Grundrente und die Abschaffung von Hartz IV. Zudem soll der Mindestlohn von derzeit 9,12 auf zwölf Euro angehoben werden.

Auch die schwarze Null und Schuldenbremse sind für das designierte Vorstandsduo keine heilige Kuh. Vielmehr wollen Esken und Walter-Borjans Geld in die Hand nehmen. So wollen die beiden rund 500 Mrd. Euro in den nächsten zehn Jahren zusätzlich investieren, vor allem in Klimaschutz, Digitales und Infrastruktur. Eine Neuverschuldung von 50 Milliarden Euro pro Jahr würde die Schuldenbremse explodieren lassen. Deren Hauptargument: Wenn Deutschland jetzt nicht investieren würde, komme das mittelfristig betrachtet teurer als jene 500 Mrd. Euro. Zudem seien die Bedingungen für Deutschland bei der Schuldenaufnahme derzeit so günstig, dass es fahrlässig wäre, diesen Hebel nicht zu nutzen.

Gelassenheit beim PKV-Verband

Noch herrscht bei den Versicherern augenscheinlich noch eine gewisse Gelassenheit mit Blick auf das neue Führungsduo. „Aktuell rechne ich nicht damit, dass die Gesundheitspolitik in den Diskussionen über eine evtl. Ergänzung des Koalitionsvertrags eine relevante Rolle spielen wird – jedenfalls tauchte das Thema auf der vorrangigen Agenda des neuen SPD-Führungsduos bisher nicht auf. Ob es im nächsten Wahlkampf – wann immer der beginnt – für die SPD eine Rolle spielen wird, scheint aus heutiger Sicht ebenfalls unsicher. Das Thema ‚Bürgerversicherung‘ hat der SPD in den letzten drei Wahlkämpfen jedenfalls erkennbar nicht genützt, weshalb es auch von Mal zu Mal auf der Agenda weiter nach hinten gerutscht ist“, betonte PKV-Sprecher Stefan Reker gegenüber VWheute.

Ob und wie es mit der großen Koalition weitergeht, hängt ganz vom weiteren Parteitag ab. Bislang deutet jedenfalls nichts auf einen schnellen Ausstieg aus der Bundesregierung mit der CDU/CSU an. Allerdings wird derzeit auch darüber spekuliert, dass es selbst innerhalb des Führungszirkels der Union Pläne für einen Ausstieg der „GroKo“ geben würde. Selbst die nationale wie internationale Presse sehen die Kür des neuen Führungsduos mit einer gewissen Skepsis.

Quelle: Statista

Für die SPD geht es jedenfalls um nichts weniger als um das eigene Überleben. Denn weitere Verluste kann sich die SPD mit zuletzt gut 14 Prozent in den Umfragen nicht leisten, will sie nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken. Immerhin geben sich Esken und Walter-Borjans durchaus selbstbewusst: Bis Ende 2020 wollen sie wieder „Zustimmungswerte von 30 Prozent und vielleicht mehr“ erreichen.

Autor: VW-Redaktion

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